4467/J XXV. GP

Eingelangt am 07.04.2015
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Alev Korun, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Inneres

betreffend Sonderprüfung durch Verfassungsschutz bei Visa- und Staatsbürgerschaftsanträgen von Personen aus bestimmten Ländern

BEGRÜNDUNG

 

Ein marokkanischer Familienvater, der bereits seit vielen Jahren in Österreich lebt und arbeitet erhielt in seinem Verfahren bezüglich Verlängerung seiner Niederlassungsbewilligung mehrmals von der Behörde die Antwort, dass sein Antrag nicht entschieden werden könne, da seine Sicherheitsüberprüfung beim Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung („LVT“) noch ausständig sei. Obwohl er den Antrag rechtzeitig eingebracht hatte und der Antrag grundsätzlich von MA 35 und Fremdenpolizei genehmigt worden war dauerte das Verfahren weitere drei Monate. Wo der Akt die letzten eineinhalb Monate lag (MA 35 oder LVT) war, anscheinend auch für die beiden Behörden, nicht eruierbar. Dies, obwohl er mehrmals betont hatte, dass er dringend in sein Herkunftsland reisen musste, um dort seinen schwerkranken Vater zu besuchen, der vor einer lebenswichtigen Operation stand. Obwohl das Verfahren Monate dauerte, war eine Ausreise ohne gültige Verlängerung nicht möglich. Als Begründung für die Überprüfung des LVT wurde eine Liste von Staaten genannt, die stets zu einer automatischen Sicherheitsüberprüfung bei Niederlassungsanträgen durch den LVT führen.

  Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE 

1)    Auf welcher konkreten Rechtsgrundlage basiert die zusätzliche Sicherheitsüberprüfung von Niederlassungs- und StaatsbürgerschaftswerberInnen durch den Verfassungsschutz, wenn diese aus bestimmten Herkunftsländern kommen? Bitte um Angabe des Gesetzes/der Gesetze und der konkreten Paragraphen.


2)    Seit wann existiert eine Liste, nach der Personen aus bestimmten Ländern pauschal und ohne konkreten Verdachtsfall durch den Verfassungsschutz bei Niederlassungsanträgen oder Staatsbürgerschaftsanträgen zusätzlich zu überprüfen sind? 

 

3)    Welche Länder konkret beinhaltet die besagte Liste derzeit?

 

4)    Wie kommt ein Land auf die Liste? Wer bestimmt das?

 

5)    Wie kommt ein Land von der Liste wieder herunter? Wer bestimmt das? 

 

6)    Ist die Streichung eines Landes auf der Liste seit Bestehen der Liste jemals vorgekommen? Wenn ja, um welche Länder handelte es sich?

 

7)    Woher bezieht der Verfassungsschutz bzw. das Innenministerium (oder der sonstige Entscheider) die Informationen für die Entscheidung, ob ein Land auf die Liste gesetzt bzw. auch von der Liste heruntergenommen wird?

 

8)    Werden Informationen von ausländischen Nachrichtendiensten bei solchen Entscheidungen berücksichtigt?

 

9)    Wie viele Personen wurden mit der genannten Vorgehensweise im Rahmen eines Verfahrens zur Erteilung eines Aufenthaltstitels bzw. der österreichischen Staatsbürgerschaft in den Jahren 2010, 2011, 2012, 2013 und 2014 vom Verfassungsschutz überprüft? Bitte um Auflistung nach den Jahren. 

10) Wie vielen dieser Personen wurde aufgrund der Einschätzung des Verfassungsschutzes der Aufenthaltstitel bzw. die Verleihung der Staatsbürgerschaft verwehrt? Bitte um Auflistung nach Jahren von 2010 bis 2014.

 

11) Werden bei der Einschätzung des Verfassungsschutzes zu einer Person auch nachrichtendienstliche Informationen von ausländischen Nachrichtendiensten verwertet? Wenn ja, wie wird sichergestellt, dass diese verlässliche Informationen sind (Stichwort nachrichtendienstliche "Erkenntnisse" über konkrete Personen und Folgen in Guantanamo)?

 

12) Da wir von konkreten Fällen wissen, in denen die fremdenpolizeiliche Überprüfung samt jene durch den Verfassungsdienst mehrere Wochen bis Monate in Anspruch nahm: Wie lange dauert eine solche Überprüfung durchschnittlich? Was waren die bisher längsten Bearbeitungszeiten?

 

13) Was unternimmt Ihr Ressort, damit unbescholtene Niederlassungs- und StaatsbürgerschaftsanwerberInnen durch eine unverhältnismäßig lange Bearbeitungsdauer der Fremdenpolizei bzw. der zusätzlichen Überprüfung durch den Verfassungsschutz nicht unverhältnismäßig nachteilige Folgen zu tragen haben - wie beispielsweise ein de facto Ausreiseverbot über ein halbes Jahr, da die Verlängerung des letztgültigen Titels durch das lange Verfahren abgelaufen ist, eine Wiedereinreise bei Ausreise unmöglich wäre, man aber im Ausland einen schwerkranken Verwandten besuchen muss?  

 

14) Nach welchen Kriterien erfolgt die Sicherheitsüberprüfung des LVT einzelner Personen bei Niederlassungs- und Staatsbürgerschaftsanträgen?


15) In welcher Rechtsform erfolgt diese Sicherheitsüberprüfung (Bescheid, Gutachten,…)?

 

16) Wird das Ergebnis dieser Sicherheitsüberprüfung den Betroffenen zur Kenntnis gebracht? Steht ihnen dagegen ein Rechtsbehelf zu?

 

17) Auf welche Datenbanken und welche darin gespeicherten Datenarten wird bei der Sicherheitsüberprüfung der einzelnen betroffenen Personen durch den LVT zurückgegriffen?

 

18) Auf welcher Rechtsgrundlage basieren diese Datenbanken jeweils?

 

19) Werden im Zuge der Sicherheitsüberprüfung auch über bestehende Datenbanken hinaus Daten zu den betroffenen Personen erhoben?

 

20) Falls ja: Mit welchen Methoden und auf welcher Rechtsgrundlage werden diese zusätzlichen Daten eingeholt ?

 

21) Werden solche zusätzlich erhobene Daten im LVT bzw. dem BVT veraktet bzw. sonst in Datenbanken gespeichert, und wenn ja in welchen Datenbanken und auf welcher Rechtsgrundlage?

 

22) Werden auch anonyme Anzeigen bezüglich konkreter Personen bei dieser Überprüfung durch den Verfassungsschutz berücksichtigt? Wenn ja, wie wird sichergestellt, dass haltlose Beschuldigungen und/oder Diffamierungen von anonymer Seite nicht zu Schaden (zB: Verzögerungen in den Verfahren) führen?