4538/J XXV. GP

Eingelangt am 20.04.2015
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Anfrage

 

 

des Abgeordneten MMMag. Dr. Kassegger

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft

betreffend die Dringlichkeit der Beseitigung von in der Gewerbeordnung normierten Entlassungstatbeständen aus dem Jahr 1859

 

 

 

Die Reformbedürftigkeit der Gewerbeordnung ist hinlänglich bekannt. Ein gutes Beispiel für Absurditäten in der Gewerbeordnung stellen Entlassungstatbestände für Arbeiter dar. Diese in § 82 GewO 1859 normierten Entlassungstatbestände sind nunmehr nahezu unverändert seit 1859 in Geltung. Entsprechend dieser Bestimmung kann ein Arbeiter unter anderem entlassen werden, wenn er z.B.:

1.) Hilfsarbeiter oder die Hausgenossen zum Ungehorsam, zur Auflehnung gegen den Gewerbsinhaber, zu unordentlichem Lebenswandel oder zu unsittlichen oder gesetzwidrigen Handlungen zu verleiten sucht;

2.) ... ungeachtet vorausgehender Verwarnung mit Feuer und Licht unvorsichtig umgeht,

3.) ... mit einer abschreckenden Krankheit behaftet ist…

Das Bestehen derartiger Entlassungstatbestände kritisierte unter anderem am 11.11.2009 die damalige ÖAAB-Generalsekretärin Beatrix Karl im Ö1-Morgenjournal, wo sie insbesondere auf die unterschiedlichen Entlassungsgründe von Arbeitern und Angestellten hinwies: „Für Arbeiter gelte die Gewerbeordnung aus 1859. Da finden sich Entlassungstatbestände wie die Behaftung mit einer abschreckenden Krankheit, obwohl Krankheit per se überhaupt kein Kündigungsgrund sein darf.“ (Wiener Zeitung, 11.11.2009)

Wie man unschwer erkennen kann, besteht auch hier dringend die Notwendigkeit die Gewerbeordnung zu überarbeiten. Dass die Regierung dies allem Anschein nach nicht will, zeigt sich u.a. dadurch, dass ein entsprechender Entschließungsantrag der FPÖ im Wirtschaftsausschuss am 09. Oktober 2014 vertagt wurde.

 

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft nachstehende

ANFRAGE

1)     Warum sträubt sich das BMWFW gegen derartige Änderungen?

2)     Ist mit einer Abschaffung dieser Entlassungstatbestände zu rechnen?

3)     Wenn ja, bis zu welchem Zeitpunkt?

4)    Wie oft in den letzten zwanzig Jahren wurden Arbeiter aufgrund der in § 82 GewO 1859 genannten Tatbestände entlassen?

5)    Teilen Sie die Rechtsmeinung der nunmehrigen Abg. Beatrix Karl, dass die Behaftung mit einer abschreckenden Krankheit per se überhaupt gar kein Kündigungsgrund sein darf?