4559/J XXV. GP

Eingelangt am 20.04.2015
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Judith Schwentner, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

betreffend Vermittlungsagenturen in der 24h-Betreuung

BEGRÜNDUNG

 

Seit der Legalisierung der 24-h-Betreuung im Jahr 2007 entwickelte sich ein boomender Pflege- und Betreuungsmarkt mit einer unüberschaubaren Anzahl an in- und ausländischen Vermittlungsagenturen. Unterschiedlichste Preis- und Leistungsangaben der Vermittler erschweren pflege- und betreuungsbedürftigen Menschen und deren Familien die Auswahl einer seriösen Agentur.

Nach Schätzung agieren in Österreich derzeit rund 600 Agenturen, die PersonenbetreuerInnen aus den angrenzenden Staaten wie Slowakei, Rumänien, Bulgarien, Polen und Ungarn vermitteln. Rund 60.000 PersonenbetreuerInnen sind derzeit in Österreich selbständig tätig.

Gemäß §3a Abs.8 USTG sind Vermittlungsagenturen, in dem Land steuerpflichtig, in dem der vermittelte Umsatz ausgeführt wird. Das bedeutet, dass selbst eine Agentur, deren Sitz im Nachbarland ist, dazu verpflichtet ist, die Umsatzsteuer aller Vermittlungsgebühren von Betreuungsbedürftigen in Österreich zu bezahlen. Es gilt zu hinterfragen, ob dies derzeit der Fall ist bzw. überprüft wird.

Besonders sind es Qualitätsaspekte sowie die finanzielle Ausbeutung von BetreuerInnen, die die Vermittlungstätigkeit einiger Agenturen in ein fragwürdiges Licht stellen.

Die Ausbeutung ist nicht zuletzt deshalb möglich, weil unseriöse Agenturen mit KlientInnen vereinbaren, dass das BetreuerInnen-Honorar nicht direkt an die/den BetreuerIn, sondern über die Agentur abgewickelt wird. Das bedeutet für KlientInnen, dass sie keine Transparenz haben, wieviel Geld tatsächlich bei der/dem BetreuerIn ankommt bzw. wieviel die Agentur für Vermittlungstätigkeiten einbehält. Für BetreuerInnen hat dies zur Konsequenz, dass sie den Anforderungen der Agentur ausgeliefert sind, um an ihr Honorar zu kommen.

Unseriöse Agenturen nutzen dieses Machtgefälle zudem weiter aus und versprechen BetreuerInnen, dass die abzuführenden SVA-Beiträge, direkt von der Agentur abgeführt werden. Tun sie dies nicht, schädigen sie nicht nur die/den BetreuerIn, sondern auch die pflege- und betreuungsbedürftigen KlientInnen.

Die BetreuerInnen, die nicht wussten, dass ihre SVA-Beiträge nicht übermittelt wurden, werden von der SVA gemahnt und zur Nachzahlung aufgefordert. Liefert die Agentur in Folge der Mahnung die SVA Gebühren nicht ab, so muss der/die BetreuerIn die angehäuften Schulden trotzdem selber tragen. Für unseriöse Agenturen ein lukratives Geschäft.

Doch auch pflege- und betreuungsbedürftige KlientInnen und deren Familien werden durch ein derart unseriöses Verhalten geschädigt. KlientInnen haben im guten Glauben monatlich an die Agentur Geld gezahlt und bekommen, wenn der SVA Beitrag nicht abgeführt wird, keine Unterstützung für die 24h-Betreuung gemäß § 21b des Bundespflegegeldgesetzes, denn diese ist ja genau für die SVA-Beiträge gedacht.

Wenn Familien die Bundesförderung nicht bekommen, geht es oft um mehrere Monate, wo Familien auf 550 Euro pro Monat (für 2 selbständige PersonenbetreuerInnen) verzichten.

Selbst wenn SVA-Beiträge von Agenturen und/oder BetreuerInnen nachträglich abgeliefert werden erhalten die betroffenen Familien den Bundeszuschuss zur 24h Betreuung nicht rückwirkend. Ein Datenabgleich zwischen SVA und BMASK wäre dafür notwendig, findet jedoch nicht statt.

Geschädigte PersonenbetreuerInnen können sich, zumindest theoretisch, als Pflichtmitglieder der Wirtschaftskammer, an diese wenden. In der Praxis gibt es dort weder eine Beratungsstelle für PersonenbetreuerInnen, noch eine Telefonhotline. Die Wirtschaftskammer kassiert die Kammerumlage (seit der Legalisierung der 24h-Betreuung rund 16 Mio Euro) aber lässt bei der Gegenleistung seit Jahren auf sich warten. Auch für geschädigte KlientInnen und deren Familien gibt es keine offizielle österreichweite Anlaufstelle, die unseriöse Agenturen verfolgt bzw. aus dem Verkehr zieht. Als Ansprechpartner hat sich jedoch der Verein ChronischKrank Österreich etabliert, der sich mit der beschriebenen Thematik beschäftigt und betroffenen Familien Hilfe und Unterstützung leistet.


Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.    Werden die Förderwerber zur 24-h-Betreuung darüber aufgeklärt, dass sie im Falle der Nichtabgabe der SV-Beiträge durch die Betreuerin die Unterstützung für die 24h-Betreuung gemäß § 21b des Bundespflegegeldgesetzes verlieren?

2.    Warum kann die Unterstützung für die 24-h-Betreuung, im Falle einer verspäteten Abführung der SVA-Beiträge derzeit nicht rückwirkend ausbezahlt werden?

3.    Warum findet aktuell kein Datenabgleich zwischen SVA und BMASK statt, sodass eine rückwirkende Auszahlung der Unterstützung für die 24-h-Betreuung möglich wird?

4.    Ab wann wird dies möglich sein?

5.    Sehen sie als Minister für Soziales und KonsumentInnenschutz den Bedarf einer zentralen Anlaufstelle für Menschen, die im Zusammenhang mit der 24-h-Betreuung geschädigt wurden?

6.    An wen sollen sich ihrer Meinung nach KlientInnen bzw. deren Familien wenden, wenn sie Probleme mit unseriösen Agenturen bzw. PersonenbetreuerInnen haben?

7.    Wer haftet aus ihrer Sicht, wenn es in Folge der 24-h-Betreuung zu medizinisch bzw. gesundheitlichen Problemen kommt, die auf ein Fehlverhalten der selbständigen Personenbetreuerin zurückzuführen sind?

8.    Wie viele Personen bezogen in den Jahren 2012-2014 eine Unterstützungsleistung zur 24-h-Betreuung (bitte um Darstellung nach Einzeljahren und jeweiliger Pflegestufe in Prozent)?

9.    Wie viel Prozent der PflegegeldbezieherInnen bezogen in den Jahren 2011- 2014 eine Unterstützungsleistung zur 24-h-Betreuung (Prozentzahl gemessen an der Summe der Anspruchsberechtigten auf ein Pflegegeld der Stufen 1-7)?

10. Wie viele Hausbesuche wurden 2014 zur Qualitätssicherung in der 24-h-Betreuung von diplomierten Krankenpflegepersonen durchgeführt und welche Kriterien und Kompetenzen wurden dabei überprüft?

11. Werden bei Hausbesuchen zur Qualitätssicherung auch die Ausbildungsstandards und die Gewerbeberechtigung der PersonenbetreuerInnen überprüft?