4563/J XXV. GP

Eingelangt am 21.04.2015
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Anfrage

der Abgeordneten Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Justiz

betreffend strafrechtlichen Umgang mit Sexting

BEGRÜNDUNG

 

§ 207a StGB verbietet das Herstellen, Anbieten, Verschaffen, Überlassen, Vorführen oder sonstige Zugänglichmachen von pornographischen Darstellungen minderjähriger Personen. Laut einem Beschluss des OLG-Innsbruck (6 Bs 309/14p) kommt es dabei nicht darauf an, wer die Darstellung hergestellt und zugänglichgemacht hat. Selbst ein Jugendlicher der mit seinem Handy Fotos von sich macht und diese versendet („Sexting“) handelt tatbestandsmäßig und kann sich demnach strafbar machen.

Das OLG-Innsbruck begründet seine Entscheidung zusammengefasst damit, dass der Wortlaut der Strafbestimmung einerseits nicht zwischen Darsteller und Hersteller/Anbieter/etc… unterscheide und andererseits sich der Schutzzweck der Norm nicht auf den unmittelbaren Darstellerschutz beschränke, sondern generell die Einschränkung und Verbreitung kinderpornographischer Materialien bezwecke. Die Verfügbarkeit entsprechender Materialien stimuliere nämlich eine entsprechende Nachfrage.

Zwar sieht Absatz 5 Ziffer 1 der Bestimmung einen entsprechenden Strafausschließungsgrund vor. Dieser finden aber in Bezug auf Sexting keine Anwendung, weil das Versenden von Fotos per Handy üblicherweise eine Verbreitungshandlung im strafrechtlichen Sinn darstellt und somit neben dem Grundtatbestand auch noch eine Qualifikation erfüllt ist, für die der Strafausschließungsgrund nicht mehr greift. Außerdem wird in Absatz 5 sehr wohl zwischen Darsteller und Hersteller unterschieden, was wenn man der Rechtsansicht des OLG-Innsbruck folgt, zusätzlich zum fragwürdigen Ergebnis führt, dass zwar eine Person straflos bleibt, die eine pornographische Darstellung einer mündigen minderjährigen Person mit deren Einwilligung und zu deren eigenen Gebrauch herstellt, dass aber die dargestellte Person selbst dann strafbar bleibt, wenn sie die Darstellung ausschließlich für sich selbst behält, was eindeutig nicht der Intention des Gesetzgebers entsprechen dürfte. Die Formulierung des Abs 5 Z 1 würde auch zu einer Strafbarkeit beider Minderjähriger innerhalb einer Paarbeziehung („zu deren eigenem Gebrauch“) führen – sowohl wenn ein/e PartnerIn ein Foto von sich selbst für den anderen Partner anfertigt, als auch wenn beide gegenseitig Sexting betreiben.

Die Rechtsansicht des OLG-Innsbruck wirft somit eine Reihe von Fragen auf und sorgt insbesondere bei den Jugendlichen für Unsicherheit. Zurecht merkt etwa die Bundesjugendvertretung an, dass Jugendliche abgeschreckt werden, Cybermobbing in Form von Sexting und der Verbreitung intimer Fotos anzuzeigen, wenn sie Gefahr laufen, sich durch das Herstellen bzw. Besitzen des Fotos (auch eines Selfies) bereits selbst strafbar zu machen. Das stünde auch im Widerspruch mit dem Anliegen des §207a StGB, die Verfügbarkeit kinderpornographischer Materialien zurückzudrängen und deren Herstellung zu verhindern.

Sexting gehört mittlerweile zur Lebensrealität vieler Jugendliche. Laut einer im Februar 2015 veröffentlichten Studie des Österreichischen Instituts für angewandte Telekommunikation (saferinternet.at) haben ein Drittel der befragten Jugendlichen bereits persönliche Erfahrungen mit Sexting gemacht. Sexting birgt eine Reihe von Gefahren. Eine zusätzliche Kriminalisierung der unmittelbar betroffenen Jugendlichen kann aber nicht die richtige Antwort sein.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.    In welchem Stadium befindet sich das oben erwähnte Verfahren derzeit?

2.    Wie viele Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Begehung einer strafbaren Handlung nach § 207a StGB wurden von den österreichischen Staatsanwaltschaften in den Jahren 2010 bis 2014 jeweils geführt?

3.    Wie viele dieser Ermittlungsverfahren wurden in den Jahren 2010 bis 2014 jeweils gegen minderjährige Beschuldigte geführt?

4.    Wie viele dieser Beschuldigten waren in den Jahren 2010 bis 2014 jeweils selbst Teil der gegenständlichen pornographischen Darstellung?

5.    Wie oft kam es in den Jahren 2010 bis 2014 jeweils aufgrund des Strafausschließungsgrundes gemäß § 207a Abs 5 Z1 StGB zur Einstellung des Verfahrens?

6.    Wie oft betraf diese Einstellung jeweils minderjährige Beschuldigte?

7.    Wie oft betraf diese Einstellung jeweils minderjährige Beschuldigte, die selbst Teil der gegenständlichen pornographischen Darstellung waren?

8.    Wie oft kam es in den Jahren 2010 bis 2014 jeweils zu einer Anklage/einem Strafantrag (unter anderem) wegen § 207a StGB?

9.    Wie viele dieser Anklagen/Strafanträge betrafen minderjährige Angeklagte/Beschuldigte?

10. Wie viele dieser Angeklagten/Beschuldigten waren in den Jahren 2010 bis 2014 jeweils selbst Teil der gegenständlichen pornographischen Darstellung?

11. Wie oft wurde in den Jahren 2010 bis 2014 in der Hauptverhandlung jeweils der Strafausschließungsgrund gemäß § 207a Abs 5 Z1 StGB angewendet?

12. Wie oft betraf diese Einstellung jeweils minderjährige Beschuldigte?

13. Wie oft betraf diese Einstellung jeweils minderjährige Beschuldigte, die selbst Teil der gegenständlichen pornographischen Darstellung waren?

14. Sehen Sie bezogen auf das gesellschaftliche Phänomen des Sextings und der aktuellen damit verbundenen Reaktion der Gerichtsbarkeit einen Bedarf nach konkretisierenden legistischen Maßnahmen?

15. Wenn nein, warum nicht?

16. Wenn ja, welche?

17. Gibt es in diesem Zusammenhang spezifische Informationen und Schulungen für die Strafverfolgungsbehörden und Gerichte?

18. Sind von Seiten Ihres Ministerium/der Bundesregierung Maßnahmen im Bereich der Medienbildung geplant, um Jugendlichen im Umgang mit ihrer Sexualität im Internet Unterstützung zukommen zu lassen?