4669/J XXV. GP

Eingelangt am 23.04.2015
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Dr.in Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend Verantwortung für steigende Mobilfunktarife – Teil 1

 

In den letzten Monaten war medial wiederholt von „immer mehr Beschwerden wegen teurer Handytarife“ die Rede. Wenn zugleich von einerseits 60% bis 78% Preissteigerung für Mobilfunk-KundInnen und von andererseits 60% mehr Gewinn für Mobilfunk-Anbieter zu lesen bzw. zu hören ist, liegt das Problem einer strukturell versagenden Marktregulierung offen und klar auf dem Tisch.

Seit Sommer 2014 läuft in diesem Zusammenhang bereits eine umfangreiche und aufwändige Branchenuntersuchung der Bundeswettbewerbsbehörde/BWB, die laut derzeitigem Stand etwa Mitte 2015 abgeschlossen werden soll.

Diese aufwändige Untersuchung ist jedoch im Sinne einer „Ersatzvornahme“ überhaupt nur nötig, weil die Telekom-Regulierungsbehörden ihren klaren gesetzlichen Aufgaben nicht bzw. bestenfalls grob verspätet nachkommen, zum unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil der Anbieter!

 

Die Vorgeschichte:

 

In den letzten drei Jahrzehnten wurden vormals staatliche Monopole bei Telekommunikation, Energie (Strom, Gas), Post oder Bahn unter dem Einfluss des Europarechts - in der Regel mit Zustimmung Österreichs im EU-Rat - zunehmend geöffnet.

Dies ging mit Liberalisierung, Privatisierung und Re-Regulierung einher: Staatliches Eigentum wurde nicht selten (teil)privatisiert, rechtliche Einschränkungen für weitere Marktteilnehmer durch staatlich gewährte Privilegien wurden im Sinne einer Liberalisierung abgebaut, und schließlich wurden über zahlreiche neue Vorschriften wirtschaftspolitisch motivierte, wirtschaftslenkende, re-regulierende europäische "Harmonisierungsmaßnahmen" umgesetzt, wozu auch die Einrichtung neuer Sonderbehörden für die Marktordnung/Regulierung im jeweiligen Sektor zählte.

 

Der Telekommunikationssektor galt lange Zeit als Vorbild für vorteilhafte Wirkungen dieses Ansatzes – rasche Verbesserung von Technik und oft auch Servicequalität, während die Preise für EndkundInnen deutlich sanken.

Seit einigen Jahren zeigen sich jedoch Gegentrends in Form oligopolistischer bzw. kartellartiger Entwicklungen.

Insbesondere seit es nur mehr drei Mobilnetzbetreiber in Österreich gibt (mangels Frequenznutzungslizenz sind keine weiteren echten Wettbewerber möglich, mit Netz-Untermietern alleine lässt sich dies nicht kompensieren, wie unter anderem am Beispiel der Niederlande erwiesen ist) steigen die Preise für EndkundInnen regelmäßig und signifikant, trotz gleichzeitig deutlich sinkenden Kosten auf Großhandelsebene. Nachdem 2011-2013 Neukunden deutliche Preissteigerungen hinzunehmen hatten, wurden 2014 die Preise insbesondere für Bestandskunden stark und weitgehend konzertiert erhöht.

 

Die eigens für die Marktregulierung eingerichteten und zuständigen Regulierungsbehörden (Telekom Control Kommission/TCK bzw. TKK, und Rundfunk- und Telekom-Regulierungs-GmbH/RTR) sprechen zwar selbst wörtlich von „verstörender Regelmäßigkeit“ dieser Preiserhöhungen, verhielten sich zu diesen fragwürdigen Entwicklungen aber trotz klarer Handlungsvorgaben im österreichischen Telekommunikationsgesetz (TKG 2003) über einen sehr langen Zeitraum erstaunlich passiv. Das geht so weit, dass die Regulierungsbehörde die Prüfung des Mobilfunksektors lange erklärtermaßen den Kartellbehörden überlassen hat (vgl. zB ORF „help“, 6.9.2014), obwohl sie doch

·         im Gegensatz zur Bundeswettbewerbsbehörde/BWB selbst über intensive Marktkenntnis verfügt

·         und vor allem – siehe TKG – weit umfangreichere direkte Eingriffskompetenzen hat!

 

Diese lange „Abwarte-und-Zuschau-Haltung“ des Regulierers bei den Preisen war offen gesetzwidrig und kommt den Mobilfunkanbietern direkt betriebswirtschaftlich zugute. Zugleich wird den Kundinnen und Kunden, die über ihre Telekom-Anbieter und als Steuerzahler die Tätigkeit der Behörde finanzieren, damit finanziell geschadet.

 

Im Zentrum der Auseinandersetzung steht § 25 des TKG 2003, der Geschäftsbedingungen und Entgelte bei elektronischen Kommunikationsdiensten behandelt und nach herrschender Meinung eindeutig als Kundenschutznorm konzipiert ist. Schlüssel der insbesondere von der RTR – nicht der zuständigen TCK/TKK – vertretenen Position ist jedoch eine isolierte entgegengesetzte Rechtsansicht (vgl. zB https://www.rtr.at/de/tk/FAQ169), wonach aus § 25 TKG 2003 gesetzesunmittelbar ein Privileg von Telefonanbietern ableitbar sei, die Verträge ihrer KundInnen einseitig zu ändern, sich also nicht an diese mit ihren KundInnen abgeschlossenen Verträge halten zu müssen. Den KundInnen stehe bei derartigen Änderungen als einzige Kompensation ein sogenanntes Sonderkündigungsrecht (§ 25 Abs 3 TKG) zu.

Diese Ansicht stützt sich auf zweifelhafte Rechtsprechung des OGH, die sich aus einer fragwürdigen Entscheidung zur im Detail unterschiedlichen Vorgängerregelung im TKG 1997 und deren unreflektierter Übertragung auf das geänderte neue Gesetz ableitet. Zu dieser Übertragung haben beispielsweise Feiel/Lehofer in ihrem Praxiskommentar zum TKG 2003 wörtlich festhalten, dass „eine sachliche Rechtfertigung dafür nicht zu erkennen ist“ – was auch insofern von Bedeutung ist, als es sich beim Erstautor um den jetzigen Rechtsabteilungsleiter der RTR handelt, der mittlerweile in der öffentlichen Kontroverse dazu eine gegenteilige, prononciert konsumentInnenfeindliche Position einnimmt.

Ein weiterer Verfechter dieser unternehmensfreundlichen Linie zieht zu deren Rechtfertigung in der Literatur überhaupt eine beiläufige und in den Materialien undokumentiert gebliebene Änderung im Rahmen der TKG-Novelle BGBl I Nr. 102/2011 heran und unterstellt damit dem Gesetzgeber das geradezu hinterlistige Verhalten, in einer klar dem Verbraucherschutz (!) verschriebenen Novelle versteckt das genaue Gegenteil dessen beschlossen zu haben.

 

Unabhängig davon, dass diese einigermaßen herbeikonstruierte RTR-Lesart zu § 25 TKG 2003 zuletzt auch vom Wettbewerbssenat des OGH nicht mehr unterstützt wird, lassen

·         sowohl Gesetzestext, Gesetzeszweck und Gesetzessystematik (Unterlaufen der Versorgungspflicht nach § 69 Abs. 1 TKG)

·         als auch der europarechtliche Hintergrund

nur die Ansicht zu, dass auch Verträge im Telekommunikationsbereich wechselseitig bindend sind und eben kein unbeschränktes Änderungsprivileg der Anbieter gegenüber ihren KundInnen angenommen werden kann.

So geht schon aus der Formulierung „nicht ausschließlich begünstigende Änderungen“ in § 25 TKG hervor, dass eventuell daraus abgeleitete Privilegien oder einseitige Rechte bei „ausschließlich benachteiligenden“ Änderungen, wie sie zuletzt seitens der Mobilfunkbetreiber zur Regel wurden, fehl am Platz und nicht gesetzlich gedeckt sind.

Überdies steht das angebliche „Sonderkündigungsrecht“ gegen einseitige Vertragsänderungen der Telekom-Anbieter laut europarechtlicher Vorgabe (Art 20 Abs 2 der Universaldienstrichtlinie 2002/22/EG idF 2009/136/EG) ohnedies bei jedem (auch ausschließlich begünstigenden) kundgemachten Änderungsvorschlag zu! Es kann daher keinesfalls europarechtskonform zu einem „Ausgleich“ für zweifelhafte, aus § 25 Abs 2 (oder 3) TKG hergeleitete Anbieterprivilegien umgedeutet werden.

Konsequenz all dessen ist, dass die auf der zweifelhaften Rechtsansicht der RTR-GmbH aufbauende Mitteilungsverordnung, BGBl II Nr. 239/2012, wonach Anbieter Verträge mit ihren Kunden quasi beliebig einseitig ändern können, zumindest bei einem verfassungsrechtlich gebotenen Verständnis von § 25 TKG rechtswidrig erscheint. Vertragsanpassungen sollten demgegenüber nur gemäß der zivilrechtlichen „Lehre von der Änderung der Geschäftsgrundlage“ möglich sein.

 

Damit nicht genug, wird von der Regulierungsbehörde auch die gesetzlich gebotene (!) Vorabprüfung von Geschäftsbedingungen – präventive Klauselkontrolle, ebenfalls auf Basis von § 25 TKG 2003 - äußerst moderat gehandhabt.

Und es wird auch extreme Zurückhaltung bei der Verfügung der wettbewerbsregulierenden Maßnahmen zur Neutralisierung von Marktmacht geübt. Hierbei sticht § 43 TKG hervor, der bei fehlendem Wettbewerb am Endnutzermarkt die Auferlegung von Maßnahmen gebietet (!), die auch Tarifobergrenzen beinhalten können, was in der Regulierungspraxis aber gänzlich vernachlässigt bzw. – vgl. ORF-Hörfunksendung „Help“ vom 6.9.2014 – offen gesetzwidrig zur ultima ratio nach Kartellverfahren, Kartellgericht etc umdefiniert wird.

 

Auch weitere erstaunliche behördliche Einseitigkeiten zugunsten der Betreiber sind zu vermerken: So vertritt die TCK/TKK die – strittige bzw eigentlich denkunmögliche – Rechtsmeinung, dass die Prüfung von „den Teilnehmer nicht ausschließlich begünstigende(n) Änderungen“ (zB auf Konformität mit ABGB oder Konsumentenschutzgesetz) bei Bestandsverträgen nicht (!) die Veränderungen zwischen den bisher vereinbarten Bedingungen und den geplanten künftigen Bedingungen umfasst, sondern nur die künftigen Bedingungen allein in sozusagen abstrakter Form. Wie aber eine „Änderung“ überprüft werden könnte, ohne Ausgangs- und Endzustand zu vergleichen, also den realen Unterschied für die Betroffenen zu betrachten, ist nicht nachvollziehbar.

Kein Wunder aber, dass auf derlei verschlungen konstruierten Wegen beispielsweise Pauschalen für (Zitat OGH) „wirtschaftlich nicht werthaltige Leistungen“ oder Verschlechterungen bei der Abrechnungstaktung regulierungsbehördlich - dem Gesetzesauftrag zum Trotz - im Vorhinein stets unbeeinsprucht blieben, sodass sie von Betroffenen oder vom VKI im Nachhinein über den gerichtlichen Weg bekämpft werden mussten. Dies ist ein glasklares Vollzugsversagen der Telekom-Regulierungsbehörden, das den Anbietern auf Kosten ihrer Kundinnen und Kunden ansehnliche Körberlgelder verschaffte und teilweise weiterhin verschafft.

Auch einige Entscheidungen des OGH aus jüngerer Zeit (zB 4 Ob 141/11f, 4 Ob 117/14 f, 10 Ob 27/14i, 10 Ob 54/13h, 4 Ob 115/13k – alle aus 2014!) legen nahe, dass bereits die telekommunikationsrechtliche Vorab-Kontrolle weit intensiver durchzuführen wäre und regulierungsbehördlich Kundenschutz endlich vor Anbieterschutz zu stellen wäre.

 

Es überrascht, dass diese Passivität bzw. Einseitigkeit des Regulators von Aufsicht und (Regierungs-)Politik nicht längst aufgegriffen und korrigiert wurde:

·         Einerseits liegen zum gesetzwidrigen „Beobachterstatus“ und „Vertrauen“ (darauf, dass sich die Probleme von selbst lösen mögen), klare „Selbstbezichtigungen“ aus Regulierungskreisen vor. So führte der Leiter der RTR-Rechtsabteilung in der ORF-Hörfunksendung „Help“ vom 6.9.2014 (vgl. http://help.orf.at/stories/1745595/) wörtlich aus:

Wir sehen natürlich auch, dass die Preiserhöhungen mit verstörender Regelmäßigkeit immer öfter stattfinden. Das heißt, die Regulierungsbehörde wird von ihrem bisherigen Beobachterstatus abrücken müssen. Das Vertrauen, dass die Wettbewerbsdynamik zunimmt, ist bis jetzt (…) enttäuscht worden (…)".

·         Zudem sind die entsprechenden Rechtsfragen keineswegs ungeklärt, sondern dank engagierten, nicht „systemintegrierten“ Rechtsexperten im Detail fachlich aufgearbeitet. Sie wurden – verstärkt seit Juni 2014 – in mehreren Fachartikeln u.a. von Dr. Philipp Lust in renommierten Fachzeitschriften (zB Medien und Recht, Journal für Rechtspolitik, Recht der Wirtschaft) sowie im Zuge einer medienöffentlichen Kontroverse im Rechtspanorama der Tageszeitung „Die Presse“ im September 2014 publiziert und zudem auch in der erwähnten ORF-Hörfunksendung „Help“ vom 6.9.2014 präsentiert, sind also seit längerem weithin öffentlich bekannt!

·         Auffällig ist auch, dass die Regulierungsbehörde Kritikern gegenüber in der Regel sehr selbstbewusst, unter Negieren von Fachliteratur betont unbeirrbar auf einseitig anbieterfreundlichen (Rechts-)Positionen beharrt (vgl. zB „Die Presse“/8.9.2014), diese Linie dann, wenn die Kritik den Marketingbudgets und Inseratenvolumina der Mobilfunkunternehmen zum Trotz doch einmal medienöffentlich unüberhörbar wird, allerdings sehr plötzlich verlässt, weil sie eben offenbar doch unhaltbar ist. So musste nach einem Auftritt eines rechtskundigen Kritikers in der erwähnten ORF-Hörfunksendung „Help“ am 6.9.2014 und entsprechend kritischer ORF-Berichterstattung auch noch am 7.9. die RTR noch an diesem Sonntagvormittag (!) plötzlich doch eine Prüfung der auffälligen Tariferhöhungen der Mobilfunkanbieter medienöffentlich ankündigen. Entgegen dieser Ankündigung und entgegen ihrem Gesetzesauftrag ist die RTR jedoch über ein halbes Jahr lang weiter (bis 23.3.2015) untätig geblieben; tätig wurde nur die bekanntlich mit unzureichenden Personalressourcen und mit in Bezug auf den Telekommarkt wesentlich schlechteren rechtlichen Karten ausgestattete Bundeswettbewerbsbehörde!

 

Dass derlei die zuständigen Aufsichtsgremien bzw Oberbehörden nicht längst hellhörig und aktiv werden ließ, überrascht außerordentlich und wirft Fragen nach den Beweggründen auf.

Die Passivität bzw. Anbieterfreundlichkeit der Regulierungsbehörden wurde und wird von der Regierungspolitik ebenso wie vom von BKA und BMVIT bestellten RTR-Aufsichtsrat offensichtlich über lange Zeiträume übersehen oder geduldet. Wenn dann letztlich doch das gesetzlich überfällige Verfahren zwecks Überprüfung von Marktmacht und Wettbewerb eingeleitet wird - wie mit M 1/15 der Telekom-Control Kommission am 23.3.2015 endlich erfolgt – so beantwortet dies nicht, warum die Regulierungsbehörden davor langfristig untätig geblieben sind.

Auch im jährlichen Kommunikationsbericht, der immerhin im gesetzlichen Auftrag erfolgt, werden diese Probleme Jahr um Jahr totgeschwiegen.

Infolgedessen leidet die österreichische Bevölkerung unterm Strich weiterhin an überhöhten Telefontarifen, wie mittlerweile zB Anfang Jänner 2015 auch die Arbeiterkammer kritisiert.

 

Diese Regulierer-Schieflage muss sich dringend nachhaltig ändern, nicht zuletzt auch im Hinblick auf die bereits aktenkundigen und gerichtsanhängigen Korruptionsfälle in der Telekombranche.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Welche Schritte im Einzelnen haben a) Sie, b) Ihre Amtsvorgängerin seit 2010 wann konkret gesetzt, um die offenkundige und teilweise gesetzes- und EU-rechtswidrige Privilegierung von Anbieter- gegenüber KundInnen-Interessen bei Telefontarifen durch die Telekom-Regulierungsbehörden abzustellen?

2)    Falls a) Sie, b) Ihre Amtsvorgängerin vor dem 23.3.2015 keine Schritte gesetzt haben: Warum nicht?

3)    Welche Schritte im Einzelnen hat der von BKA und BMVIT bestellte und teilweise mit RessortvertreterInnen besetzte RTR-Aufsichtsrat seit 2010 wann konkret gesetzt, um die offenkundige und teilweise gesetzes- und EU-rechtswidrige Privilegierung von Anbieter- gegenüber KundInnen-Interessen bei Telekomtarifen durch die Telekom-Regulierungsbehörden abzustellen?

4)    Falls der Aufsichtsrat a) keine Schritte, b) keine Schritte außer solchen, die zum Edikt vom 23.3.2015 beigetragen haben, gesetzt hat: Warum nicht?

5)    In der ORF-Hörfunksendung „Help“ vom 6.9.2014 wurde seitens der RTR folgendermaßen argumentiert (vgl. http://help.orf.at/stories/1745595/): „Die Wettbewerbsdynamik habe sich verlangsamt, räumt RTR-Chefjurist Feiel ein. Eingreifen müsse die RTR, wenn sich herausstellt, dass der Wettbewerb tatsächlich verzerrt wird. "Wir sehen natürlich auch, dass die Preiserhöhungen mit verstörender Regelmäßigkeit immer öfter stattfinden. Das heißt, die Regulierungsbehörde wird von ihrem bisherigen Beobachterstatus abrücken müssen. Das Vertrauen, dass die Wettbewerbsdynamik zunimmt, ist bis jetzt insofern enttäuscht worden, als noch keine neuen Betreiber in den Markt eingetreten sind", erläutert Feiel. Derzeit unterstütze man die Bundeswettbewerbsbehörde bei ihrer Überprüfung des Mobilfunksektors. Falls das alles nicht wirken sollte, müsse man an schwerere Geschütze denken. "Es kann bis zum Kartellgericht gehen, dass man dann dort überprüfen lässt, inwiefern hier tatsächlich marktmissbräuchliches Verhalten durch Kartellbildung vorliegt", so Feiel. In letzter Konsequenz könnte die RTR preisregulierend eingreifen.“

Diese Darlegungen sind in mehrerlei Hinsicht auffällig und hinterfragenswert – wir ersuchen um jeweils gesonderte und konkrete Beantwortung der in a) bis g) angefragten Aspekte:

a)    Wie erklären Sie, dass die Telekom-Regulierungsbehörde durch Jahre auch eigenen Aussagen zufolge einen „Beobachterstatus“ zu wesentlichen Fehlentwicklungen im Telekom-Markt einnimmt, der zu Zusatzprofiten der Anbieter und Zusatzkosten für die KonsumentInnen führt?

b)    Wie erklären Sie insbesondere, dass in diesem Beobachterstatus verharrt wurde (und entgegen der zitierten Ankündigung von Anfang September 2014 sechseinhalb weitere Monate bis 23.3.2015 verharrt wurde!), obwohl die RTR „natürlich auch (sieht), dass die Preiserhöhungen mit verstörender Regelmäßigkeit immer öfter stattfinden“?

c)    Wie ist dieser rein passive „Beobachterstatus“ insbesondere mit dem konkreten gesetzlichen Auftrag für RTR (und TKC/TKK) vereinbar, und zwar a) grundsätzlich und b) im Hinblick auf „mit verstörender Regelmäßigkeit immer öfter stattfindende Preiserhöhungen“?

d)    Wer trägt dafür die Verantwortung, dass der unter anderem vom BMVIT bestellte Aufsichtsrat der RTR diesem „Beobachterstatus“ tatenlos zugesehen hat?

e)    Wer trägt dafür die Verantwortung, dass die Regulierungsbehörde von Aufsichtsrat etc. unbeeinsprucht auf „Vertrauen, dass die Wettbewerbsdynamik zunimmt“ setzen konnte?

f)     Auf Basis welcher gesetzlichen Grundlage zB des TKG ist gesetzlich gedeckt, dass die RTR erst dann „in letzter Konsequenz“ preisregulierend eingreifen „könnte“ (!), nachdem das Kartellgericht (und zuvor die Bundeswettbewerbsbehörde/BWB) tätig war - also wenn überhaupt dann mit jahrelanger Verzögerung, von der ausschließlich die Telekomunternehmen finanziell profitieren? (Anm.: § 43 TKG spricht unmissverständlich von einem „Verfahren der Regulierungsbehörde“ ohne derartige Vorbedingungen!)

g)    Auf Basis welcher gesetzlichen Grundlage zB des TKG ist gesetzlich gedeckt, dass die RTR bei „verstörend regelmäßigen Preiserhöhungen“ und mutmaßlich “verzerrtem Wettbewerb“ nicht selbst tätig wird, um dies konkret festzustellen, sondern lieber die BWB dies feststellen lässt und sie nur dabei „unterstützt“? (Anm.: Nach §§ 36 und 37 TKG ist von der RTR ein Verfahren zu führen und dabei der BWB „Gelegenheit zu einer Stellungnahme“ zu geben, nicht umgekehrt der BWB die gesamte Arbeit weiterzureichen und seitens der RTR nur „zu unterstützen“!)

6)    Das TKG gibt in § 1 unmissverständlich vor, dass durch Maßnahmen (!) der Regulierung unter anderem ein „chancengleicher und funktionsfähiger Wettbewerb“ und „größtmöglicher Vorteil für alle Nutzer“ unter anderem in Bezug auf den Preis „sicherzustellen“ ist, der Wettbewerb zu schützen ist, und Wettbewerbsverzerrungen verhindert werden sollen.

Stimmen Sie zu, dass „Beobachterstatus“ und „Vertrauen“ auf von allein steigende Wettbewerbsdynamik, wie von der RTR eigenen Aussagen von 2014 zufolge praktiziert, keine „Maßnahmen“ im Sinne von § 1 TKG sind? Wenn ja, werden Sie dies auch der RTR wirksam klarmachen und eine umgehende „Kulturänderung“ durchsetzen? Wenn nein, warum nicht?

7)    Wie groß ist der finanzielle Vorteil, der durch das dokumentierte Verhalten der Regulierungsbehörden den Mobilfunkanbietern auf Kosten der KonsumentInnen pro Jahr zuletzt seit der TKG-Novelle 2011 jeweils verschafft wurde? Falls keine jahresweise Angabe möglich ist, bitte um Begründung warum nicht.

8)    Wie groß ist insbesondere der finanzielle Vorteil, der den Mobilfunkanbietern mit den unter Berufung auf die BWB-Branchenuntersuchung ein Jahr lang trotz gesetzlichen Auftrags unterbliebenen Schritten der Regulierungsbehörde den Mobilfunkanbietern verschafft wurde (Hinweis: 60% oder 65 Mio Euro mehr operativer Gewinn 2014 allein bei einem der Anbieter im Österreichischen Mobilfunkmarkt!)? Falls keine Angabe möglich ist, bitte um Begründung warum nicht.

9)    Wie groß ist insbesondere der finanzielle Vorteil, der den Mobilfunkanbietern auf Kosten der KonsumentInnen durch das gesetzwidrige weitere Zuwarten der Regulierungsbehörde im Zeitraum zwischen 6.9.2014 und 23.3.2015 verschafft wurde? Falls keine Angabe möglich ist, bitte um Begründung warum nicht.

10) Wie groß wird geschätzt der finanzielle Vorteil sein, der den Mobilfunkanbietern auf Kosten der KonsumentInnen durch das Abwarten des Ergebnisses des von der Regulierungsbehörde gesetzwidrig viel zu spät am 23.3.2015 eingeleiteten Verfahren ab diesem Datum verschafft wird? Falls keine Angabe möglich ist, bitte um Begründung warum nicht.

11) Wie können die KonsumentInnen diese gesetzwidrig den Mobilfunkanbietern zugeschanzten Mehreinnahmen zurückerhalten?