4822/J XXV. GP

Eingelangt am 29.04.2015
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Anfrage

 

der Abgeordneten Peter Pilz, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport

betreffend Transit fremder Truppen durch Österreich

BEGRÜNDUNG

 

Ende März ist einer Reihe von BürgerInnen eine Häufung des Transports von Panzern und anderem Kriegsmaterial fremder Staaten durch Österreich aufgefallen.

In der Sitzung des Landesverteidigungsausschusses am 14. April 2015 hat der Anfragesteller die Thematik angesprochen. Sie haben zu einigen Fällen erläutert, dass es sich dabei um genehmigte Transporte zur Teilnahme an internationalen Übungen gem. § 2 Abs 1 Z 5 Truppenaufenthaltsgesetz handelte. Diese Bestimmung lautet:

§ 2. (1) Soweit nicht völkerrechtliche Verpflichtungen oder überwiegende außenpolitische Interessen der Republik Österreich entgegenstehen, ist der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten ermächtigt, den Aufenthalt von Truppen zu gestatten, insbesondere

1.    zur Durchführung eines Beschlusses des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen,

2.    zur Durchführung eines Beschlusses auf Grund des Titels V des Vertrages über die Europäische Union,

3.    zur Durchführung eines Beschlusses im Rahmen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE),

4.    zur Teilnahme an sonstigen Friedensoperationen im Rahmen einer internationalen Organisation entsprechend den Grundsätzen der Satzung der Vereinten Nationen, wie etwa an Maßnahmen zur Abwendung einer humanitären Katastrophe oder zur Unterbindung schwerer und systematischer Menschenrechtsverletzungen,

5.    zur Teilnahme an Übungen und Ausbildungsmaßnahmen,


6.    zur Durchführung von Such-, Rettungs- und Katastrophenhilfsmaßnahmen,

7.    zur Teilnahme an wissenschaftlichen oder sportlichen Veranstaltungen,

8.    zur Durchführung notwendiger Maßnahmen im Vor- und Umfeld von Maßnahmen gemäß Z 1 bis 7, wie insbesondere Rettungs-, Kranken- und Organtransporte oder Versorgungsfahrten für zivile und militärische Einrichtungen einschließlich der Instandsetzung oder des Transports von Ersatzteilen.

 

Während die übrigen Anwendungsfälle des § 2 Abs 1 TruppenaufenthaltsG im Regelfall nicht weiter problematisch sein werden, lässt sich dies bei Z 5 nicht so pauschal sagen.

In der jüngeren Vergangenheit ist die Veranstaltung von Manövern und militärischen Übungen immer wieder als politische Drohmaßnahme gesetzt werden.  Das zeigt sich etwa am Beispiel jener „Operation Atlantic Resolve“, die Sie am 14. April als Begründung für die Gestattung des Transports von 26 Schützenpanzern „Bradley“ der US-Armee durch Österreich nach Rumänien genannt haben. So berichtet etwa das vom US Verteidigungsministerium authorisierte „Stars and Stripes“ Magazin auf seiner Webseite (http://www.stripes.com/news/europe/atlantic-resolve-mission-pushes-beyond-baltics-into-romania-1.336325):

„For almost a year now, U.S. troops have maintained a constant presence in the Baltic states and Poland in response to Russia’ seizure of Ukrainian territory. Now, Operation Atlantic Resolve is moving south, with a series of exercises slated to take place in Romania, Bulgaria — another NATO ally — and the Republic of Georgia, an aspiring NATO member.“

Die Übung wird somit ausdrücklich als Teil der Antwort der NATO auf die russische Intervention in der Ukraine bezeichnet.

Anders stellt sich dagegen die Situation bei Übungen dar, die der Kooperation multinationaler Verbände bei Friedensmissionen der UNO dienen. Dazu wäre etwa die am Truppenübungsplatz Allentsteig veranstaltete „Dynamic Response 2015“ zu zählen, zu deren Teilnahme ebenfalls Verbänden aus den NATO Staaten Deutschland und Tschechien die Gestattung nach § 2 Truppenaufenthaltsgesetz erteilt wurde.

In der Erteilung von Aufenthalts- bzw. Transitgestattungen gem. § 2 Abs 1 Z 5 Truppenaufenthaltsgesetz wäre daher wie gesetzlich vorgesehen besonderes Augenmerk auf die außenpolitischen Interessen Österreichs, und zwar speziell im Hinblick auf die Neutralitätspolitik zu richten.

In der genannten Sitzung des Landesverteidigungsausschusses am 14. April 2015 haben Sie trotz mehrmaliger Nachfragen keine detaillierten Auskünfte zu den US-Militärtransporten gegeben. Insbesondere die Fragen nach den konkreten Zahlen und Gründen von US-Militärtransporten durch Österreich sind von Ihnen unbeantwortet geblieben.


Stattdessen haben Sie in auffälliger Art und Weise die Abgeordneten des Ausschusses brüskiert und ihnen unmissverständlich Ihren fehlenden Respekt vor dem Nationalrat demonstriert.

Ihr auffälliges Verhalten war bereits Gegenstand in der Präsidialkonferenz des Nationalrates. Alle Fraktionen haben sich dort auf eine Vorgangsweise, die geeignet ist, Ihr Verhalten zu verbessern, geeinigt.

Da aber die Fragen nach wie vor unbeantwortet sind, stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgende

ANFRAGE

 

1)    Wie  viele Gestattungen gem. § 2 Abs 1 Z 5 Truppenaufenthaltsgesetz für Truppentransporte per Bahn wurden in den Jahren 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 und 2015 bis Stichtag 31.3.2015 jeweils erteilt und wie viele wurden jeweils abgelehnt?

2)    Wie  viele Gestattungen gem. § 2 Abs 1 Z 5 Truppenaufenthaltsgesetz für Truppentransporte auf der Straße wurden in den Jahren 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 und 2015 bis Stichtag 31.3.2015 jeweils erteilt und wie viele wurden jeweils abgelehnt?

3)    Wie  viele Gestattungen gem. § 2 Abs 1 Z 5 Truppenaufenthaltsgesetz für Truppentransporte im Luftverkehr wurden in den Jahren 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 und 2015 bis Stichtag 31.3.2015 jeweils erteilt und wie viele wurden jeweils abgelehnt?

4)    Wie  viele Gestattungen gem. § 2 Abs 1 Z 5 Truppenaufenthaltsgesetz wurden in den Jahren 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 und 2015 bis Stichtag 31.3.2015 jeweils für Truppen der USA erteilt und wie viele wurden jeweils abgelehnt?

5)    Wie  viele Gestattungen gem. § 2 Abs 1 Z 5 Truppenaufenthaltsgesetz wurden in den Jahren 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 und 2015 bis Stichtag 31.3.2015 jeweils für Truppen aus Deutschland erteilt und wie viele wurden jeweils abgelehnt?

6)    Wie  viele Gestattungen gem. § 2 Abs 1 Z 5 Truppenaufenthaltsgesetz wurden in den Jahren 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 und 2015 bis Stichtag 31.3.2015 jeweils für Truppen aus Italien erteilt und wie viele wurden jeweils abgelehnt?

7)    Wie  viele Gestattungen gem. § 2 Abs 1 Z 5 Truppenaufenthaltsgesetz wurden in den Jahren 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 und 2015 bis Stichtag 31.3.2015 jeweils für Truppen aus Frankreich erteilt und wie viele wurden jeweils abgelehnt?

8)    Wie  viele Gestattungen gem. § 2 Abs 1 Z 5 Truppenaufenthaltsgesetz wurden in den Jahren 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 und 2015 bis Stichtag 31.3.2015 jeweils für Truppen aus Großbritannien erteilt und wie viele wurden jeweils abgelehnt?


9)    Wie  viele Gestattungen gem. § 2 Abs 1 Z 5 Truppenaufenthaltsgesetz wurden in den Jahren 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 und 2015 bis Stichtag 31.3.2015 jeweils für Truppen der Tschechien erteilt und wie viele wurden jeweils abgelehnt?

10) Wie  viele Gestattungen gem. § 2 Abs 1 Z 5 Truppenaufenthaltsgesetz wurden in den Jahren 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 und 2015 bis Stichtag 31.3.2015 jeweils für Truppen aus der Slowakei erteilt und wie viele wurden jeweils abgelehnt?

11) Wie  viele Gestattungen gem. § 2 Abs 1 Z 5 Truppenaufenthaltsgesetz wurden in den Jahren 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 und 2015 bis Stichtag 31.3.2015 jeweils für Truppen aus Ungarn erteilt und wie viele wurden jeweils abgelehnt?

12) Wie  viele Gestattungen gem. § 2 Abs 1 Z 5 Truppenaufenthaltsgesetz wurden in den Jahren 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 und 2015 bis Stichtag 31.3.2015 jeweils für Truppen Slowenien erteilt und wie viele wurden jeweils abgelehnt?

13) Wie  viele Gestattungen gem. § 2 Abs 1 Z 5 Truppenaufenthaltsgesetz wurden in den Jahren 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 und 2015 bis Stichtag 31.3.2015 jeweils für Truppen der Schweiz erteilt und wie viele wurden jeweils abgelehnt?

14) Wie  viele Gestattungen gem. § 2 Abs 1 Z 5 Truppenaufenthaltsgesetz wurden in den Jahren 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 und 2015 bis Stichtag 31.3.2015 jeweils für Truppen aus Russland erteilt und wie viele wurden jeweils abgelehnt?

15) Für die Teilnahme an welchen Übungen wurden in den Jahren 2013, 2014 und 2015 bis Stichtag 31.3.2015 Gestattungen gem. § 2 Abs 1 Z 5 Truppenaufenthaltsgesetz erteilt?

16) Für die Teilnahme an welchen Übungen wurden in den Jahren 2013, 2014 und 2015 bis Stichtag 31.3.2015 Erstattungen gem. § 2 Abs 1 Z 5 Truppenaufenthaltsgesetz aus „überwiegenden außenpolitischen Interessen“ Österreichs verweigert?

17) In welcher Art und Weise werden die „überwiegenden außenpolitischen Interessen“ Österreichs bei der Erteilung der Gestattungen nach § 2 Abs 1 Z 5 Truppenaufenthaltsgesetz berücksichtigt?

18) Beschränkt sich die Erteilung von Gestattungen nach § 2 Abs 1 Z 5 Truppenaufenthaltsgesetz auf Übungen bzw. Ausbildungen, welche die Teilnahme an Einsätzen nach § 2 Abs 1 Z 1 – 4 Truppenaufenthaltsgesetz vorbereiten sollen?

19) Falls nein: wieso nicht?

20)  Gem. § 2 Abs 4 Truppenaufenthaltsgesetz kann die Gestattung mit der Aufforderung zu bestimmtem Verhalten in Österreich verbunden werden. Wie wird die Einhaltung dieser Aufforderungen kontrolliert?

21) Gem. § 3 Abs 2 Truppenaufenthaltsgesetz sind kraftfahrrechtliche Vorschriften über die Zulassung von Kraftfahrzeugen und straßenverkehrsrechtliche Bestimmungen über das Fahrverbot von Lastkraftfahrzeugen nur insoweit anwendbar, als sie auch für Fahrzeuge des Bundesheeres gelten. Wie durch Fotos eindeutig belegt ist, erfolgte am 21.3.2015 ein Transport der US-Streitkräfte mit Kraftfahrzeugen auf der Westautobahn ohne behördliche Kennzeichen. Das Fehlen solcher Kennzeichen erscheint nicht durch § 3 Abs 2 Truppenaufenthaltsgesetz gedeckt. Warum wurden diese Fahrzeuge nicht an der Weiterfahrt gehindert?

22) Was werden Sie unternehmen, um derartige Gesetzesverstöße durch fremde Truppen in Hinkunft zu unterbinden?

23)  Wann werden Sie von NSA bis Truppentransporte erstmals die Interessen der Republik Österreich und nicht die der USA vertreten?