4858/J XXV. GP
Eingelangt am 04.05.2015
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Anfrage
der Abgeordneten Daniela Musiol, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Familie und Jugend
betreffend Kinderbetreuungsgeld im Falle einer Klage
Bis 2014 sah das Kinderbetreuungsgeldgesetz vor, dass die Wahl der Kinderbetreuungsgeld-Variante in jeden Fall bindend war und nicht mehr geändert werden konnte. Dies führte zur Situation, dass auch ein kleiner Fehler bei der Auswahl der Variante (durch Ankreuzen am Antragsformular) selbst kurz nach der AntragsteIlung nicht mehr korrigiert werden konnte.
Seit 1.1.2014 haben Eltern gemäß §26a KBGG die Möglichkeit, eine einmalige Variantenänderung binnen 14 Kalendertagen ab dem Tag des tatsächlichen Einlangens des ersten Antragsformulars beim Krankenversicherungsträger (persönlich, postalisch oder online per elektronischer Signatur/FinanzOnline) zu beantragen. Die einmal mögliche Änderung der Wahl der Variante muss vom antragstellenden Elternteil schriftlich dem Krankenversicherungsträger bekannt gegeben werden.
Laut 2272/AB nützten im Zeitraum 1.1.2014 – 11.9.2014 bereits 184 Menschen die neue Möglichkeiten und nahmen einen Varianten-Wechsel vor.
Die Schaffung einer Änderungsmöglichkeit wurde grundsätzlich sehr begrüßt. Es wurde jedoch bereits im Rahmen der Begutachtung der Novellierung des Kinderbetreuungsgeldgesetzes von diversen Interessensvertretungen der Einwand vorgebracht, dass die 14-tägige Frist unmittelbar nach der AntragsteIlung in der Praxis nicht wirklich zielführend ist. Irrtümer würden beim erstmaligen Ausfüllen des Antrags in der Regel erst mit dem Erhalt der Mitteilung über den Bezug des Kinderbetreuungsgeldes bemerkt werden. Mit der Novelle werden also nur jene Fälle berücksichtigt, die die Variante binnen 14 Tagen bewusst noch einmal ändern. Irrtümer beim Ausfüllen des Antragsformulars können aber aufgrund der engen Frist kaum entdeckt und korrigiert werden. Der Alternativvorschlag der genannten Interessensvertretungen sah demnach vor, Eltern eine Frist ab Erhalt der Bestätigung über das Einlangen des Antrags einzuräumen.
Die Einwände gegenüber der eng gesetzten Frist werden nun durch die Praxis bestätigt. So werden Familien oft erst durch den Erhalt der Mitteilung der Krankenversicherungen auf die falsch gewählte Variante aufmerksam. Wie ein Bericht vom 8.1. 2015 in der Tageszeitung Standard[1] zeigte, verschickt die WGKK Mitteilungen über Zuerkennung des Kinderbetreuungsgeldes prinzipiell erst nach Ablauf der Einspruchsfrist. Man wartet seitens der WGKK zuerst ab, ob die Eltern von ihrem Recht Gebrauch machen, die Kinderbetreuungsgeldvariante zu ändern.
Den eigenen Irrtum bei der Wahl des Kinderbetreuungsgeldes zu erkennen, wird auch im Falle einer elektronischen Beantragung via FinanzOnline nicht unterstützt. Familien erhalten bei der Beantragung ein automatisch generiertes Email. Dieses Mail enthält lediglich die Information, dass der Antrag übernommen wurde und gibt an, ob evtl. noch Unterlagen nachgereicht werden müssen. Es beinhaltet jedoch nicht die gewählte Variante, wobei dies eine äußerst einfache und effektive Möglichkeit wäre, um Eltern bei der richtigen Wahl zu unterstützen. Klarheit über die falsch gewählte Variante bekommt die Familie erst durch die postalische Mitteilung der Krankenversicherung, die jedoch oft erst nach der 14-tägigen Wechselfrist eintrifft.
Dass die derzeitige gesetzliche Lösung zum Wechsel des KBG in §26a des KBGG nicht bürgerfreundlich ist, soll wie folgt am Fall der Familie H. dargestellt werden:
· 29.8.2014: Online-Antrag auf KBG; fälschliche Wahl der Variante 20+4 (gewünscht wäre EA-KBGG 12+2)
· 12.9.2014: Schreiben der WGKK; es fehlen noch genaue Angaben zum Beschäftigungsverhältnis des Vaters (Schreiben kommt bereits nach der 14-tägigen Frist, und enthält keine Angaben der gewählten Variante, sowie Hinweis auf 14-tägige Frist)
· 2.10.2014: Mitteilung der WGKK über den Leistungsanspruch nach dem KBGG; beinhaltet Angabe der gewählten Variante 20+4 (sowie Hinweis auf 14-tägige Frist, die schon längst verstrichen ist)
· 7.11.2014: Leistungsbeginn des KBG
· Familie stellt Neuantrag auf EA-KBG in Verbindung mit Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß §71 AVG mit 30.1.2015
· bescheidmäßige Ablehnung des Antrags auf EA-KBG vom 30.1.2015 durch die WGKK mit Schreiben vom 10.2.2015
· Klage beim ASG Wien auf EA-KBG mit 10.3.2015 (=> Bescheid vom 10.2. wurde bekämpft, also Ablehnung des Antrags vom 30.1.)
· Ende März entdeckt die Familie, dass keine KBG-Zahlung für März am Konto eingelangt ist. Der durch das KBG bedingte Versicherungsschutz endete bereits rückwirkend mit 31.1.2015 (=Einstellung des KBG)
Die Familie konfrontiert die WGKK mit der Einstellung der KBGG und erhält folgende Information:
„Wie gerade besprochen, ist aufgrund der Systemunterschiede zwischen dem Pauschalsystem und dem einkommensabhängigen System (unterschiedliche Zuverdienstgrenzen, Pfändbarkeit, Einkommensersatz, usw.) die gleichzeitige Auszahlung bei einander widersprechenden Anträgen naturgemäß nicht möglich. Es muss daher der rechtskräftige Abschluss des von Ihnen angestrebten Gerichtsverfahren bezüglich des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes abgewartet werden, da aufgrund des zweiten Antrags davon ausgegangen werden muss, dass Ihrerseits die von Ihnen zunächst beantragte Pauschalvariante 20 + 4 nicht erwünscht war (sonst hätten Sie den zweiten Antrag, mit dem sie das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld begehren, nicht gestellt). Auch eine vorläufige Leistungsgewährung iSd § 24d Abs 2 KBGG kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht, da diese Regelung nur auf Fälle der Nichterfüllung des Erfordernisses der sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit anzuwenden ist.“
· Der Fall dieser Familie wird am 2.4.2015 in der Tageszeitung Standard[2] aufgegriffen. Darin erklärt die WGKK die Einstellung der Auszahlung des KBG und begründet weiter, dass es eine entsprechende Weisung aus dem Familienministerium gibt, während einer Klage, kein KBG auszuzahlen. Eine Auszahlung werde erst dann stattfinden, wenn die Familie die Klage zurückzieht oder das Verfahren vor Gericht abgeschlossen ist.
· Ende April entschließt sich die Familie, die Klage zurückzuziehen. Da die Familie bis zum Entscheid des Gerichts nicht einmal die Pauschalvariante des KBG ausbezahlt bekommt, können die Fixkosten nicht mehr bestritten werden. Existenzielle Überlegungen zwingen die Familie also zur Aufgabe.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
1. Wie viele Personen machten im Jahr 2014 von der Möglichkeit des Wechsels der Kinderbetreuungsgeld-Variante gebrauch?
2. Wie viele Personen machten seit 1.1.2015 von der Möglichkeit des Wechsels der Kinderbetreuungsgeld-Variante gebrauch?
3. Auf welche Weisung des Familienministeriums nimmt die WGKK im geschilderten Fall Bezug, wenn diese im Klagsfall den KBG-Bezug einstellt?
4. Wie lautet die Weisung im Wortlaut?
5. Wie lautet die juristische Begründung, den KBG-Bezug im Klagsfall einzustellen?
6. Hat die derzeitige Regelung (Auszahlung erst nach Ende des Verfahrens oder Klagsrückziehung) die Aufgabe, Familien aus existenziellen Überlegungen von einer Klage abzuhalten?
7. Warum wird im vorliegenden Fall die pauschale KBG-Variante nicht so lange ausbezahlt, bis das Verfahren rechtmäßig abgeschlossen ist?
8. In wie vielen Fällen wurde im Jahr 2014 aufgrund einer laufenden Klage das Kinderbetreuungsgeld eingestellt?
9. Wie viele Personen konnten seit 1.1.2014 von der in §24d(2) neu geschaffenen einstweiligen KBG-Leistung in der Höhe des pauschalen KBG profitieren?
10. Was würde die Auszahlung einer vorläufigen Kinderbetreuungsgeldleistung in allen strittigen Verfahren (z.B. gemeinsamer Wohnsitz, grenzüberschreitende Sachverhalte, Umstieg KBG) kosten?
11. Wie viele Familien wären nach ihren Schätzungen davon jährlich betroffen?
12. Ist es richtig, dass mit dem „Einfrieren“ des KBG während einer Klage, auch der Versicherungsschutz für den bis dahin KBG-beziehenden Elternteil endet?
13. Was tun alleinstehende Elternteile, die keine Möglichkeit der Mitversicherung haben?
14. Können sie bestätigen, dass Krankenversicherungen im Falle einer Einstellung des KBG wegen Klage, die betroffenen Familien nicht darüber in Kenntnis setzen?
15. Wenn ja, finden Sie diese Vorgehensweise in Ordnung?
16. Wenn nein, was werden sie dagegen unternehmen?
17. Können sie bestätigen, dass die Krankenversicherungen die 14-tägige Frist abwarten, bis sie die Mitteilung über einen Leistungsanspruch nach dem KBGG verschicken?
18. Wenn ja, finden Sie das in Ordnung?
19. Wenn nein, was werden Sie dagegen unternehmen?
20. Welche Schritte werden Sie unternehmen, dass Eltern im Falle einer online-Beantragung des KBG, sofort mittels email über die gewählte Variante informiert werden?