4938/J XXV. GP

Eingelangt am 06.05.2015
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Anfrage

der Abgeordneten Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend Fortbestand der Misswirtschaft im Patentamt

 

 

 

Der Rechnungshof stellte 2012 (Bericht 2012/7) folgendes fest:

 

Das Österreichische Patentamt überzog im Zeitraum 2005 bis 2010 seine Ausgaben um rd. 5,6 Mill. EUR gegenüber den budgetären Vorgaben. Außerdem wurden die vorgegebenen Personaleinsparungen durch Personalzukauf im Ausmaß von rd. 5,2 Mill. EUR überzogen. Also wurden 10,8 Mio zu viel ausgegeben.

Gleichzeitig entstand durch aufwendige Patentierverfahren im Jahr 2010 ein Verlust von insgesamt rd. 4,4 Mill. EUR. Durch unwirtschaftliche Förderungen nach dem Gießkannenprinzip verschlechterte sich die Bilanz des Patentamtes zusätzlich.

Auch in der ausgegliederten Service-Einrichtung des Patentamtes, der serv.ip, wurde das Ziel einer besseren Service- und Informationsleistung für die österreichische Wirtschaft nicht erreicht und durch organisatorische Doppelgleisigkeiten allein im Jahr 2010 eine Summe von 700.000 Euro verschwendet.

So erhielt der Präsident des Patentamtes für seine Tätigkeit laut BMVIT in den Jahren 2011 rd. 125.500 EUR, im Jahr 2012 rd. 128.600 EUR und im Jahr 2013 rd. 165.600 EUR (inklusive Jubiläumszuwendung). Zusätzlich flossen ihm als Geschäftsführer der serv.ip laut eigenen Angaben Gehaltszahlungen von rd. 76.000 EUR im Jahr 2011, rd. 77.000 EUR im Jahr 2012 und rd. 66.000 EUR im Jahr 2013 zu. Im Laufe des Jahres 2013 wurden die Gehaltszahlungen für die Tätigkeit als Geschäftsführer der serv.ip auf Weisung des BMVIT eingestellt. (vgl. S. 229, http://www.rechnungshof.gv.at/fileadmin/downloads/_jahre/2015/berichte/teilberichte/bund/Bund_2015_06/Bund_2015_06_3.pdf)

Sein Vorgänger erbrachte beide Führungsleistungen für ein Gehalt, das des Präsidenten. Vermutlich ermöglichte dem „geprüften Präsidenten“ ein Vertrag mit dem BMVIT unter Ex-Minister Gorbach, den er sich wahrscheinlich selbst schrieb, ein Doppelgehalt von bis zu rund 200.000 Euro jährlich! In Summe dürfte der scheidende Präsident im Laufe seiner Tätigkeit wahrscheinlich seit 2005 durch seine Doppelgehälter mehr als eine halbe Million zusätzlich verdient haben. Auf Kosten der Wirtschaft und Steuerzahlerinnen!

Der Rechnungshof kritisierte außerdem 2012 Ausgaben und Aufträge im IT-Bereich und die fehlende  unabhängige Kontrolle der Wertpapiergeschäfte der serv.ip durch den hoheitlichen Bereich des Patentamts sowie den Bundesminister/die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie.

Drei Jahre später überprüfte der Rechnungshof, ob Patentamt und BMVIT die Missstände abgestellt haben und damit seinen Empfehlungen gefolgt sind. Wiederum werden zahlreiche Mängel aufgelistet (vgl. den nun vorliegenden Bericht über diese Follow-up-Prüfung http://www.rechnungshof.gv.at/fileadmin/downloads/_jahre/2015/berichte/berichte_bund/Bund_2015_06.pdf):

Von teuren Doppelstrukturen abwärts blieben nicht wenige der Rechnungshof-Empfehlungen seit 2012 unerledigt oder gänzlich unberücksichtigt. In einzelnen Feldern wurde sogar in geradezu provokanter Weise das Gegenteil der Empfehlungen verfolgt, so bei nebenbeschäftigten freien Dienstnehmern. Dort wo doch der Kritik von 2012 entsprechende Reformprozesse angegangen wurden, liegen in praktisch allen Bereichen noch keine konkrete Ergebnisse oder nur Absichtserklärungen vor. Die 2012 zentral kritisierten Intransparenzen in der Gebarung des Patentamts dauern an, beispielsweise wurden die Empfehlungen der ÖBFA zu den fragwürdigen Wertpapiergeschäften ignoriert und Doppelverdienste sowie undurchsichtige Auszahlungs-Modalitäten an der Patentamts-Spitze blieben möglich. Der Bericht 2015/6 dokumentiert auch folgende, aus dem Blickwinkel der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sowie der Patentgebührenzahler eigentlich unfassbare Verhaltensweise:

„Der Präsident des Patentamts gab keine Auskunft darüber, ob weitere Zahlungen (z.B. Umsatzbeteiligung, Honorare aus Expertenverträgen, andere barwerte Vorteile) an ihn als Geschäftsführer der serv.ip erfolgt waren.“

Schließlich muss der Rechnungshof auch noch feststellen, dass der privatrechtliche "serv.ip"-Teil des Patentamts (trotz jahrelangen Extrakosten für seine Geschäftsführung!) seinen "gesetzlichen Auftrag kaum mehr erfüllt".

 

Damit ist klargestellt, dass das BMVIT als Aufsicht die Zügel in untragbarer Weise schleifen ließ, was sich spätestens jetzt dringend und grundlegend ändern muss, wobei auch rückwirkend wirksame „Aufräum-Maßnahmen“ zur Rückgewinnung verschwendeter Steuergelder erwogen werden müssen.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.         Wann wird das BMVIT endlich im Sinne der nunmehr schon wiederholten RH-Kritik und der Jahre zurückliegenden „Verwaltungsreform“-Ankündigungen der damaligen FBM Bures für entsprechende Reformen im Patentamt sorgen?

2.         Auf Basis welchen Vertrags erhielt der Präsident einen Doppelbezug?

3.         Wer fertigte diesen Vertrag an, wer unterschrieb ihn?

4.         Warum wurde nicht früher eine Weisung zur Einstellung der Doppelbezüge des Präsidenten erteilt?

5.         Wurde eine Rückzahlung des serv.ip-Geschäftsführungs-Gehalts vom Präsidenten verlangt? Wenn ja, wann und mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht?

6.         Welche Informationen liegen Ihnen dahingehend vor, ob und in welcher Höhe über das Geschäftsführergehalt hinaus weitere Zahlungen (z.B. Umsatzbeteiligung, Honorare aus Expertenverträgen, andere barwerte Vorteile) an den Präsidenten des Patentamtes als Geschäftsführer der serv.ip geflossen sind?

7.         Falls Ihnen darüber keinerlei Informationen vorliegen sollten: Warum nicht?