4956/J XXV. GP

Eingelangt am 08.05.2015
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Anfrage

 

der Abgeordneten Sigrid Maurer, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft

betreffend Rektoratswahl an der Medizinischen Universität Wien

 

BEGRÜNDUNG

 

In den letzten Wochen wurde in den Medien über zahlreiche Unregelmäßigkeiten bei der Bestellung eines neuen Rektors (eine neue Rektorin ist nach den Vorkommnissen ja ausgeschlossen) an der Medizinischen Universität Wien (MUW) berichtet[1]. Dabei ging es um Verfahrensfehler, die öffentliche Diffamierung eines Kandidaten, die Diskriminierung der einzigen Kandidatin, sowie Interventionen von Politik, Interessensvertretungen und sogar von Regierungsmitgliedern. Laut dem Verfassungsjuristen Heinz Mayer ist die Wahl aufgrund von Rechtswidrigkeit aufzuheben. Auf Anfrage der Tageszeitung „Der Standard“ haben Sie mitteilen lassen, dass Sie vor der erfolgten Wahl keine Überprüfung des Verfahrens beabsichtigen.

Als Aufsichtsbehörde haben Sie die Verpflichtung einzuschreiten, sobald Sie Kenntnis über rechtswidrige Vorgänge erlangen. §45 Abs 4 des Universitätsgesetzes sieht vor, dass Wahlen, die im Widerspruch zu Gesetzen oder Verordnungen einschließlich der Satzung der Universität zustande gekommen sind per Bescheid aufzuheben sind. Im aktuellen Fall wurde die Wahlordnung gleich zweimal gebrochen: die Ausschreibung wurde nicht im Mitteilungsblatt veröffentlicht und statt den in der Wahlordnung  vorgesehenen maximal acht wurden zehn Kandidat_innen zum Hearing eingeladen. Prof. Schmidt wäre ursprünglich gar nicht zum Hearing geladen worden, nur aufgrund des Rechtsbruchs konnte er auf dem Dreiervorschlag berücksichtigt werden. Damit hat dieser Rechtsbruch eindeutig große Auswirkungen auf das Ergebnis des Auswahlprozesses.

Ein Senatsmitglied hat die Bewerbungsunterlagen aller Bewerber_innen – widerrechtlich, weil ausschließlich für die Mitglieder des Senats und des Universitätsrats bestimmt – an Personen außerhalb dieses Personenkreises und auch an einen Bewerber verschickt. Damit wurde die den Kollegialorganen obliegende Verschwiegenheitspflicht gemäß § 48 UG 2002 verletzt.

Außerdem wurde das Frauenförderungsgebot gemäß § 41 nicht beachtet und die einzige Kandidatin, die bisherige Vizerektorin Karin Gutiérrez-Lobos, trotz mindestens gleicher Qualifikation im Dreiervorschlag nicht berücksichtigt. Damit liegt im betreffenden Verfahren auch eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts vor.

Der Dreiervorschlag des Senats wurde am 24. April 2015 vorgelegt, bereits am selben Tag wurde im Mitteilungsblatt die Wahl des Rektors für 28. April ausgeschrieben, obwohl jedenfalls eine mögliche Einrede des Arbeitskreises für Gleichbehandlungsfragen bei der Schiedskommission abzuwarten gewesen wäre. Die Frist für diese Einrede hätte eine Woche ab Vorlage des Dreiervorschlags betragen müssen.

Trotz Ankündigung im Mitteilungsblatt wurde die Wahl des neuen Rektors am 28. April kurzfristig abgesagt, offiziell aufgrund der Erkrankung eines Mitglieds. Rechtlich wäre aber gar keine Verschiebung nötig gewesen. Der nächste Sitzungstermin ist der 26. April und damit vier Tage nach Ablauf der im §21 Abs 4 UG und in der Wahlordnung vorgesehenen vierwöchigen Frist.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Gemäß §23 Abs 2 UG 2002 ist die Funktion des Rektors bzw. der Rektorin öffentlich auszuschreiben. Gemäß §20 Abs 6 UG 2002 sowie §7 der Wahlordnung der MUW[2] hat diese Ausschreibung jedenfalls im Mitteilungsblatt zu erfolgen. 

a.    Aus welchem Grund ist die Veröffentlichung im Mitteilungsblatt nicht wie vorgesehen erfolgt?

b.    Mit welcher Begründung rechtfertigen Sie Ihr Nicht-Einschreiten als Aufsichtsbehörde trotz offensichtlicher Rechtswidrigkeit?

2)    Auf der Tagesordnung der Senatssitzung am 14. November 2014 war der Rücktritt des Senatsvorsitzenden Oswald Wagner sowie die Neuwahl eines/einer Senatsvorsitzenden vermerkt. Am 11. November erfolgte jedoch ein „Rücktritt vom Rücktritt“. 

a.    Aus welchem Grund ist der Vorsitzende des Senats zurückgetreten?

b.    Aus welchem Grund ist er vom Rücktritt wieder zurückgetreten?

c.    Mit welcher rechtlichen Begründung ist ein solches Vorgehen ohne neuerliche Wahl zulässig?

3)    Der Vorsitzende des Universitätsrats, Erhard Busek, hat am 8. April in der Tageszeitung „Kurier“ ausführlich über das Bestellungsverfahren, angebliche Interventionen und seine persönliche Einschätzung bezüglich der (zu geringen) Qualifikationen eines Kandidaten berichtet[3]

a.    Ist aus Sicht des Ministeriums eine solche öffentliche Kommentierung eines Bestellungsverfahrens zulässig? Wenn ja, mit welcher Begründung?

b.    Wenn nein, weshalb ist das Ministerium dann nicht eingeschritten?

4)    Welche konkreten Personen haben bei Uniratsvorsitzendem Erhard Busek auf welche Weise und mit welchem konkreten Inhalt in Bezug auf die Rektoratsbestellung interveniert?

5)    Gab es von Seiten des bmwfw Interventionen in Bezug auf die Rektoratsbestellung an der MUW?

a.    Wenn ja, von wem konkret und mit welcher Begründung?

6)    Haben Sie Kenntnis über Interventionen anderer Regierungsmitglieder?

a.    Wenn ja, welche Regierungsmitglieder haben interveniert?

b.    Wenn nein, werden Sie den Vorwürfen des Unirats-Vorsitzenden Erhard Busek nachgehen? 

7)    Auf welche Weise und durch welche konkreten Personen kam die Liste zustande, welche Kandidat_innen zum Hearing eingeladen werden?

a.    Welche Rolle spielten dabei die Wunschlisten jeweils der Senats- sowie der Uniratsmitglieder?

b.    Aus welchem Grund wurde die Wahlordnung gebrochen und statt maximal acht Kandidat_innen nun zehn zum Hearing eingeladen?

8)    Die Wahlordnung der MUW zur Rektoratsbestellung sieht in §10 Abs 2 eindeutig eine maximale Zahl von acht Kandidat_innen vor, die zum Hearing eingeladen werden sollen. Tatsächlich wurden jedoch zehn Kandidat_innen eingeladen. Mit welcher Begründung?

9)    Laut Informationen aus dem Senat der MUW wäre Prof. Schmidt ursprünglich gar nicht zum Hearing geladen worden. Nur aufgrund der rechtswidrigen Einladung von zehn (anstatt wie in der Wahlordnung vorgesehen maximal acht) Kandidat_innen konnte Schmidt im Dreiervorschlag berücksichtigt werden. Damit hat die Rechtsverletzung ganz eindeutige Auswirkungen auf den Verlauf und potentiell auf das Ergebnis der Rektoratswahl. Ist diese Vorgangsweise aus Sicht des Ministeriums rechtlich zulässig?

a.    Wenn ja, mit welcher rechtlichen Begründung?

b.    Wenn nein, weshalb ist das Ministerium dann nicht seiner Aufsichtspflicht entsprechend eingeschritten?

10) Auf welche Art und Weise wurde nach den Hearings über die Qualifikation und Eignung der Kandidat_innen beraten? Waren die Hearings standardisiert und vergleichbar?

11) Aufgrund welcher konkreten Entscheidungskriterien wurde die Beurteilung vorgenommen? Mit der Bitte um Auflistung.

12) Waren alle fünf Uniratsmitglieder bei allen Hearings anwesend?

a.    Wenn nein, wer fehlte bei welchem Hearing?

13) Unter den 18 eingelangten Bewerbungen, die die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Position des Rektors bzw. der Rektorin erfüllten, befand sich nur eine einzige Frau. Bei einem Verhältnis von 1:17 ist die Möglichkeit zur Förderung von Frauen gemäß Frauenförderungsgebot sehr stark eingeschränkt. Hat der Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen die zu geringe Anzahl an weiblichen Kandidatinnen beanstandet?

a.    Wenn ja, mit welcher Konsequenz?

b.    Wenn nein, warum nicht?

14) Auf welche Weise wurde von Senat und Universitätsrat das Frauenförderungsgebot berücksichtigt? Welche konkreten Maßnahmen wurden gesetzt?

15) Wurde von der Findungskommission aktiv nach weiblichen Kandidatinnen gesucht?

a.    Wenn ja, wie viele Frauen wurden angesprochen, wie viele Ablehnungen gab es? 

b.    Wenn nein, warum nicht?

16) Sowohl der Dreier-Vorschlag der Findungskommission als auch jener des Senats hat die einzige Kandidatin trotz mindestens gleicher Qualifikation nicht berücksichtigt. Weshalb wurde vom Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen trotz offensichtlicher Diskriminierung keine Beschwerde wegen Verdachts auf Diskriminierung aufgrund des Geschlechts bei der Schiedskommission erhoben?

17) Aus welchem Grund ist das Ministerium trotz dieser offensichtlichen Diskriminierung nicht im Rahmen seiner Aufsichtspflicht tätig geworden?

18) Gab es seit Beginn des Bestellungsverfahrens Kontakt zwischen dem  bmwfw und den Unirät_innen der Medizinischen Universität Wien, die Frage der Rektoratswahl betreffend?

a.    Wenn ja, mit welchen Personen und zu welchem Zeitpunkt?

b.    Wenn ja, was war der Inhalt der Kommunikation?

c.    Wenn nein, warum nicht?

19) Die Wahl des Rektors aus dem Dreiervorschlag ist nun für den 26. Mai vorgesehen, der Termin liegt bereits außerhalb der vierwöchigen Frist gemäß § 21 Abs 4 UG. Ist diese Vorgangsweise aus Sicht des Ministeriums rechtlich zulässig?

a.    Wenn ja, mit welcher rechtlichen Begründung?

b.    Wenn nein, weshalb schreitet das Ministerium nicht im Rahmen seiner Aufsichtspflicht ein?

20) Weshalb sind Sie trotz zahlreicher Hinweise auf Verfahrensfehler und andere Unregelmäßigkeiten Ihrer Aufsichtspflicht nicht nachgekommen und haben bisher kein aufsichtsbehördliches Verfahren gemäß §45 UG 2002 eingeleitet?

21) Werden Sie nachdem Ihnen nun auch mittels dieser parlamentarischen Anfrage zahlreiche Verfahrensfehler zur Kenntnis gebracht wurden ein behördliches Aufsichtsverfahren gemäß §45 UG 2002 einleiten?

a.    Wenn nein, warum nicht?

 



[1] Vgl. http://kurier.at/politik/inland/busek-ueber-rektorenbestellung-an-meduni-wien-er-sei-ein-freund-des-buergermeisters/123.624.312

http://derstandard.at/2000014841217/Wahlordnung-der-Med-Uni-Wien-unter-Verschluss?ref=rec

http://derstandard.at/2000014914896/Verfassungsjurist-Rektorswahl-an-Med-Uni-Wien-ist-aufzuheben?ref=rec
http://kurier.at/politik/inland/mich-graemt-das-so-dass-alles-so-ausgmacht-ausschaut/126.779.474
http://derstandard.at/2000015015978/Rektorswahl-an-der-Med-Uni-Wien-ueberraschend-verschoben?ref=rec

[2] https://www.meduniwien.ac.at/homepage/fileadmin/HP-Relaunch/pdforganisation/rechtsabteilung/Mitteilungsblaetter_2014-15/3_MB_28_10_2014_Wahlordnung_Rektorat.pdf

[3] http://kurier.at/politik/inland/busek-ueber-rektorenbestellung-an-meduni-wien-er-sei-ein-freund-des-buergermeisters/123.624.312