4975/J XXV. GP

Eingelangt am 08.05.2015
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Anfrage

 

der Abgeordneten Christiane Brunner, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Ölförderung vor der kroatischen Küste durch die OMV

BEGRÜNDUNG

 

Seit geraumer Zeit wird die Suche nach Öl- und Gasvorkommen im Mittelmeer intensiviert und stößt dabei aus unterschiedlichen Gesichtspunkten zunehmend auf Kritik. Es handelt sich dabei oftmals sowohl um küstennahe und für den Tourismus wichtige Regionen, aber auch um Tiefseegebiete und Regionen in oder nahe von Schutzzonen.

Die OMV suchte bei der kroatischen Regierung um die Erschließung von möglichen Ölvorkommen in der Adria an. Im November 2014 hat ein Konsortium bestehend aus der US-Firma Marathon Oil und der OMV eine Lizenz für die Ölerschließung in sieben Sektoren (North Adriatic 8, Central Adriatic 10, Central Adriatic 11, Central Adriatic 22, Central Adriatic 23, South Adriatic 27 und South Adriatic 28) erhalten. 7 von derzeit 10 vergebenen Konzessionen hält somit unter anderem die OMV.

Den Angaben über mögliche Öl- und Gasvorkommen in der Adria gingen seismische Aktivitäten voraus, bei denen durch das norwegische Unternehmen Spectrum Geo über mehrere Monate hinweg (September 2013 bis Jänner 2014) Explosionsschall von 230 bis 250 Dezibel durch die Wassersäule in den Meeresboden geschickt wurde.
Die unvorstellbar lauten (der Schalldruckpegel eines Presslufthammers liegt beispielsweise bei ca. 100 dB) Schallkanonen, die bei der Suche nach Rohöl eingesetzt werden, können Wale, Delfine und andere Meerestiere, darunter auch kommerziell genutzte Fischarten, vertreiben, verletzen oder direkt töten. Nach dem Einsatz von Schallkanonen zur Ölsuche kann der Fischfang um 40 bis 80% einbrechen. Dies hätte neben ökologischen Folgen auch schlimme sozioökonomische Konsequenzen für die Küstenfischerei.

Laut Angaben von Umwelt- und Meeresschutzverbänden wurden vor der Durchführung der seismischen Aktivitäten keine Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) durchgeführt. Noch während der Durchführung der Strategischen Umweltprüfung (SUP) zu der Frage der generellen Erschließung von Ölvorkommen in der Adria, die ab Veröffentlichung Mitte Jänner während 30 Tagen, d.h. bis zum 16.2.2015, kommentiert werden konnte, erteilte die kroatische Regierung einigen Ölfirmen, darunter der OMV, Lizenzen für die Erschließung. Die SUP kam zum Schluss, dass sämtlichen weiteren Aktivitäten, sowohl seismischen Aktivitäten als auch Testbohrungen oder Bohrungen, transparente Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) vorangehen müssen. Momentan laufen Konsultationen mit den Nachbarstaaten Italien und Slowenien.

Zusätzlich zu den möglichen negativen Folgen auf die marinen Ökosysteme stellen die geplanten Ölbohrungen eine Bedrohung für den kroatischen Tourismus dar. So sollen die Ölplattformen u.a. auch in nur 6 km Entfernung zu kroatischen Inseln und 10 km Entfernung zur Küste entstehen. Die OMV hält Konzessionen in unmittelbarer Nähe zu Naturschutzgebieten und vor Dubrovnik. Mit den dazugehörigen Pipelines und Öltankern würde sich das Landschaftsbild der kroatischen Küste dramatisch verändern. Auch Unfälle können nie gänzlich ausgeschlossen werden: Durch die Strömungsverhältnisse in der Adria wäre im Falle des Falles sehr rasch ein großer Teil der Adria-Küsten Kroatiens und Italiens verschmutzt.

Die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaaten, und somit auch Österreich und Kroatien, haben in den vergangenen Jahren als Antragsteller oder zustimmende Parteien zahlreiche Beschlüsse in internationalen Gremien mitgetragen oder sogar initiiert, um die Gefahren intensiver Unterwasser-Lärmquellen, darunter seismische Aktivitäten, einzudämmen bzw. spezifische Maßnahmen zum Schutz von Meereslebewesen einzuleiten. Zuletzt wurde im November 2014 die Mittelmeerpopulation des Cuvier-Schnabelwals in Anhang I der Bonner Konvention zur Erhaltung wandernder wild lebender Tierarten gelistet. Antragsteller war die Europäische Union. Die Hauptgefahr für diese seltene Schnabelwalart, die u.a. auch im südlichen Teil der Adria vorkommt, ist intensiver Unterwasserlärm.

In Bezug auf den Schutz von Walen und Delfinen hat der Nationalrat in seiner am 29.04.2014 einstimmig angenommenen Entschließung (266/A(E) XXV. GP) klar Stellung bezogen und die Bundesregierung ersucht, „zum Schutz von Walen und Delfinen auf europäischer und internationaler Ebene weiterhin eine aktive und führende Rolle einzunehmen und sich in allen relevanten internationalen Foren sowie europäischen Gremien für deren größtmöglichen Schutz einzusetzen, da Wale und Delfine keine Konkurrenz für Fischer, sondern eine zu schützende Spezies darstellen.

Größter Einzelaktionär der OMV mit 31,5 Prozent des Aktienbesitzes ist die Österreichische Bundes- und Industriebeteiligungen GmbH (ÖBIB). Für die zum Finanzministerium ressortierende ÖBIB GmbH sind Sie als Minister zuständig. Sie tragen daher auch Mitverantwortung für die Aktivitäten der OMV weltweit. Wir sind der Auffassung, dass Informationen zu Tiefseebohrungen auf Grund ihrer unkalkulierbaren Risiken nicht mehr alleine Sache der Ölkonzerne sind, sondern die Öffentlichkeit ein Recht auf Klarheit hat. In diesem Sinne ersuchen wir Sie als letztverantwortlichen Eigentümervertreter bei der OMV um Aufklärung.

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Welche konkreten Informationen in Bezug auf das Engagement der OMV in der kroatischen Adria liegen Ihnen von Seiten der OMV vor?

2)    Welche Position vertreten Sie als Eigentümervertreter des größten Einzelaktionärs der OMV zu deren Plänen zur Ausbeutung der Öl- und Gasvorkommen in der kroatischen Adria?

3)    An welchen anderen Standorten im Mittelmeer plant die OMV die Suche nach bzw. die Förderung von Öl- und Gasvorkommen?

 

4)    Als Mitglied der Bundesregierung wurden Sie vom Nationalrat dazu aufgefordert, sich in allen relevanten Foren und Gremien für den größtmöglichen Schutz von Walen und Delfinen einzusetzen.

a.    Welche Aktivitäten zur Umsetzung dieser parlamentarischen Entschließung haben sie bis dato gesetzt?

b.    Sind die geplanten Offshore-Bohrungen der OMV mit diesem Auftrag Ihrer Ansicht nach vereinbar?

 

5)    Ist Ihnen bekannt, ob die kroatischen Behörden  eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die Erschließung von Ölvorkommen in den sieben Sektoren durch die OMV und Marathon Oil durchgeführt hat? Wenn ja, zu welchen Ergebnissen kommt diese Prüfung? Wenn ja, welche Stakeholdergruppen wurden im Rahmen der Durchführung der UVP konsultiert und ist das Dokument öffentlich einsehbar?

 

6)    Über welche Kenntnisse über die Durchführung der seismischen Aktivitäten im Zeitraum vom September 2013 bis Jänner 2014 verfügen Sie und welche Maßnahmen wurden getroffen, um negative Auswirkungen auf marine Lebewesen auszuschließen?

 

 

7)    Ist Ihnen bekannt, dass es im Zeitraum Oktober bis Dezember 2013 in der Adria zu einem unüblich hohen Anstieg der Mortalität bei Meeresschildkröten (286 tote Schildkröten wurden angeschwemmt) kam, und wenn ja, welche Informationen liegen über die möglichen Ursachen dieses Anstiegs vor?

 

8)    Haben Sie Kenntnis davon, ob die OMV und/oder der Antragspartner Marathon Oil die Durchführung weiterer seismischer Aktivitäten im Zuge der geplanten Erschließung möglicher Ölvorkommen in der Adria? Wenn ja, welche Maßnahmen sind geplant, um negative Auswirkungen auf marine Lebewesen durch seismische Untersuchungen und/oder Ölbohrungen zu minimieren?

 

9)    Welche Rolle nimmt die OMV innerhalb des Konsortiums mit Marathon Oil ein? Welche Aktivitäten werden vor Ort durch die OMV ausgeführt oder beauftragt?

 

10) Welche Infrastruktur muss im Zuge des geplanten Projektes außer den Ölplattformen selbst noch errichtet werden?

 

11) Wie viel an finanziellen Mitteln ist bis dato bereits in das Projekt geflossen? Wie hoch sind die Gesamtkosten des Projektes?

 

12) Hat die OMV bei der Republik Österreich Fördergelder zur Durchführung der Explorationsaktivitäten in der kroatischen Adria beantragt?

 

13) Liegen dem Bund konkrete Informationen über den Notfallplan der OMV im Falle von technischen Gebrechen und Ölaustritten bei dem geplanten Projekt in den unterschiedlichen Sektoren vor? Ist ein Plan zur Bekämpfung von Ölunfällen bereits erarbeitet worden und öffentlich zugänglich?