5065/J XXV. GP

Eingelangt am 20.05.2015
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Anfrage

 

der Abgeordneten Alev Korun, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Inneres

betreffend Einschüchterungsversuch des Folteropfers Bakary J. durch Fremdenpolizisten?

BEGRÜNDUNG

 

Bakary J. ist am 7. April 2006 von Polizeibeamten in einer Lagerhalle schwer misshandelt und gefoltert worden. Die Täter waren WEGA-Polizisten und wurden rechtskräftig verurteilt. Nachdem nun Regressforderungen des Staates auf die Polizisten zukommen könnten, haben diese eine Wiederaufnahme des Verfahrens angestrengt.

Am 14. Mai 2015 wurde (bereits zum dritten Mal) das Türschloss von Bakary J.s Wohnung von unbekannten TäterInnen zugeklebt.

Am 21.April 2015 tauchten vier Männer in Zivilkleidung vor der Wohnung von Bakary J. auf und gaben sich als Polizisten aus. Nach Aussage des in der Wohnung befindlichen Freundes von Bakary J. fragten sie nach Bakary J. und danach, wo dieser sich aufhalte. Daraufhin gingen sie, ohne einen Ausweis oder einen Durchsuchungsbefehl herzuzeigen, in die Wohnung und durchwühlten sie.

Bakary J. wandte sich unmittelbar am Tag der „Hausdurchsuchung“. an die nächste Polizeidienstelle (Enkplatz), um den Vorfall zu melden. Dort hieß es, es hätte sich nicht um PolizistInnen gehandelt. Auch eine Anzeige wurde nicht aufgenommen. Nach anfänglicher Verneinung der Frage, ob es sich dabei um PolizeibeamtInnen gehandelt habe, hat die Wiener Polizei nun am 19. Mai zugegeben, dass es sich um vier Beamte der Fremdenpolizei handelte. Die Wiener Polizei blieb, trotz mehrmaligen Nachfragens durch Bakary J. und seine Anwältin, über drei Wochen bei der Behauptung, es habe sich nur um „angebliche“ PolizistInnen gehandelt. Erst nach Ausstrahlung eines Berichts des ORF-Magazins „Thema“ gab die Polizei Wien plötzlich bekannt, dass es sich bei der Hausdurchsuchung doch um Polizisten, konkret Fremdenpolizisten, gehandelt hat.


Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE

 

1)    Warum tauchten am 21. April 2015 vier Fremdenpolizisten (in Zivil) bei der Wohnung des Folteropfers Bakary J. auf?

 

2)    Wann ist der Einsatzbericht der vier Fremdenpolizisten fertig gestellt worden?

 

3)    Wann wurde dieser den zuständigen Vorgesetzten vorgelegt?

 

4)    Wann erhielt die Wiener Polizeidirektion von diesem Kenntnis?

 

5)    Welche Schritte unternahm die Wiener Polizei nach der Meldung des Vorfalls durch Bakary J. am 21. April bei einer Polizeidienstelle von Bakary J. um den Vorfall aufzuklären?

 

6)    Welche Schritte setzte die Wiener Polizeidirektion nach der Anfrage der Anwältin von Bakary J. um den Einsatz und die Widersprüchlichkeiten in den Falldarstellung zu klären?

 

7)    Was war die gesetzliche Grundlage dieses Besuchs und der Hausdurchsuchung? Wer konkret hatte den Auftrag zu dieser Amtshandlung gegeben und mit welcher Begründung?

 

8)    Der in der Wohnung verbliebene Freund Bakary J.s sagt, dass die Polizisten ohne sich auszuweisen direkt in die Wohnung hinein gegangen seien. Dies widerspricht der nunmehrigen Aussage der Wiener Polizei, dass diese sich ausgewiesen hätten, zumal Bakary J. dann auch konkret die Namen bzw. Polizeidienstnummern der Durchsuchenden bei seiner Meldung der Vorfälle weitergegeben hätte. Werden Sie diesem eklatanten Widerspruch nachgehen und falls ja wie?

 

9)    Der in der Wohnung verbliebene Freund Bakary J.s sagt, dass die vier Polizisten explizit nach Bakary J. gefragt hatten und ob dieser anwesend sei. Inwiefern ist die Anwesenheit Bakary J.s für diese Polizisten relevant, wenn es angeblich –laut nunmehriger Pressemeldung der Wiener Polizei – um eine Nachschau nach Personen mit „vermutlich gefälschten Dokumenten“ ging?

 

10) Sollte es sich um eine Kontrolle bezüglich Ausweisen gehandelt haben, weshalb sind die Polizisten dann in die Wohnung hineingegangen?


11) Lag für die Hausdurchsuchung am 21. April 2015 ein Hausdurchsuchungsbefehl vor? Falls ja, mit welcher rechtlichen Begründung und von wem wurde dieser Befehl ausgestellt? Falls ja, weshalb haben die Polizisten diesen dem in der Wohnung anwesenden Freund Bakary J.s nicht vorgezeigt?

 

12) Falls nein, ist eine Durchsuchung der gesamten Wohnung Bakary J.s (der anwesende Zeug sprach von „durchwühlen“), die eine merkliche „Verwüstung der Wohnung“ zur Folge hatte (ORF-Thema) durch Polizisten rechtmäßig?

 

13) Der Freund von Bakary J., der in der Wohnung war, hat dem ORF gegenüber angegeben, Polizisten hatten die „Wohnung durchwühlt“- was sind die Informationen der Vorgesetzten der vier Polizisten, was kommt dazu konkret im Einsatzbericht vor? Bitte um Beifügung des Einsatzberichtes.

 

14) Weshalb waren die vier Polizisten in Zivilkleidung dort und trugen keine Polizeiuniform?

 

15) Dass es sich bei der Durchsuchung der Wohnung um die Wohnung eines Folteropfers von Polizisten handelt, dessen Verfahren aktuell wieder aufgenommen werden könnte und dass ausgerechnet Polizeibeamte in Zivil die Wohnung durchsuchen (und dabei „verwüsten“) lässt den Verdacht eines gezielten Einschüchterungsversuchs aufkommen. Wie gehen Sie als Innenministerin damit um?

 

16) Was werden Sie unternehmen, um nach diesem tendenziösen Vorgehen der Wiener Polizei dem traumatisierten Bakary J., bei dem dieses klandestine Vorgehen der Polizei erneut schwere Ängste ausgelöst hat, das Vertrauen in die Polizei und damit ein Gefühl der Sicherheit wiederherzustellen?

 

17) Auch der Generalsekretär von Amnesty International, Heinz Patzelt, hat in „Thema“ darauf hingewiesen, dass gerade im Fall eines Polizei-Folteropfers, die Polizei aktiv darauf achten müsste, das Vertrauen des Opfers (und der Öffentlichkeit) in die Polizei wiederherzustellen. Inwiefern tragen unangekündigte, anonyme Hausdurchsuchungen durch Polizisten in der Wohnung des Opfers, dazu bei?

 

18) Was werden Sie in Zukunft unternehmen, um solche Vorgehensweisen zu verhindern? Gibt es eine Handlungsanordnung/Erlass für den Umgang mit Folteropfern durch die Polizei? Falls ja, bitte um Beifügung.

 

19) Die Polizei hat erst nach öffentlichem Bekanntwerden des Vorfalls angegeben, dass es sich um eine Nachschau nach Personen mit angeblich „gefälschten Dokumenten“ gehandelt hätte. Kam diese Anzeige bezüglich Aufenthalt von Personen mit angeblich „gefälschten Dokumenten“ von einer bestimmten Person, deren Name der Polizei bekannt ist (falls ja, kam sie von innerhalb der Polizei oder von außerhalb?) oder war dies eine anonyme Anzeige? Wurden dabei konkrete Namen genannt?

 

20) Ist aktenkundig, ob es sich bei diesen Personen mit angeblich „gefälschten Dokumenten“ um in dieser Wohnung angemeldete Personen handelte (wobei der Vorwurf der „gefälschten Dokumente“ sich laut Polizei dann als unbegründet erwies)?

 

21) Noch am selben Tag dieser Hausdurchsuchung hat Bakary J., dessen Wohnung von den vier Polizisten aufgesucht wurde bei der Polizeidienstelle am Enkplatz Meldung erstattet. Ihm wurde dort nicht mitgeteilt, dass es sich tatsächlich um Polizeibeamte gehandelt hatte. Weshalb?

 

22) Warum hat es vom 21.April bis 19.Mai gedauert, dass die Wiener Polizei Bakary J. und der Öffentlichkeit bekannt gab, dass es sich bei der Hausdurchsuchung nicht um Männer handelte, die sich fälschlicherweise als Polizisten ausgegeben haben, sondern tatsächlich um Fremdenpolizisten?

 

23) Wenn die Wiener Polizei bis 18. Mai geglaubt hat, dass sich hier vier Männer fälschlicherweise als Polizisten ausgegeben haben, warum wurde keine Anzeige gegen unbekannt erstattet?