5168/J XXV. GP

Eingelangt am 21.05.2015
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Anfrage

 

des Abgeordneten Lausch

und weiterer Abgeordneter

 

an den Bundesminister für Justiz

betreffend Arbeitseinsatz von Strafgefangenen in Liegenschaften des BMI

 

Mehrere österreichische Medien berichteten kürzlich über ein Pilotprojekt, bei diesem Strafgefangene zum Arbeitseinsatz in Polizeidienststellen herangezogen werden sollen.

 

Gleichzeitig gibt es Aussagen von Polizeibediensteten, dass dies bereits seit längerer Zeit der Fall sein soll. So findet sich etwa in der Online-Ausgabe der Tageszeitung "die Presse" ein Artikel vom 05.05.2015:

 

Wien: Häftlinge sollen für die Polizei arbeiten

 

Ein Pilotprojekt, das der Resozialisierung von Häftlingen dienen soll, wird gerade mit einer Justizanstalt geplant.

 

Wien. Die Justiz und die Polizei planen ein gemeinsames Projekt, das der Resozialisierung von Häftlingen dienen soll. Künftig sollen Insassen der Justizanstalt Simmering handwerkliche Arbeiten für die Landespolizeidirektion Wien verrichten. „Darunter kann man sich etwa Putzarbeiten oder Glühbirnenwechseln vorstellen“, sagt Polizeisprecher Johann Golob.

 

Die Arbeit der Häftlinge bei der Polizei brächte beiden Seiten etwas: Die Strafgefangenen würden gut resozialisiert, und die Polizeidienststelle ihrerseits bekäme gute Arbeitsleistung.

 

Wann das Pilotprojekt für die Freigänger und Lehrlinge der Justizanstalt Simmering startet, könne man derzeit noch nicht genau sagen.

Billige Arbeitskräfte

 

„Wir haben überhaupt kein Problem, wenn Häftlinge bei uns arbeiten, denn das gibt es schon seit Jahren, auch wenn man jetzt so tut, als wäre das ein Pilotprojekt“, sagt Hermann Greylinger, Vorsitzender der sozialdemokratischen Polizeigewerkschaft. Auch bisher hätten Häftlinge immer wieder ausgemalt, das hätte gut funktioniert.

Generell glaubt er nicht, dass es der Polizeidirektion wie behauptet um Resozialisierung geht: „Sie haben kein Geld und holen sich billige Arbeitskräfte.“


Tatsächlich ist der Stundenlohn vergleichsweise niedrig: Für eine Arbeitsstunde eines Häftlings bezahlt die Polizei 4,61 Euro an die Justiz. 75 Prozent davon werden als „Vollzugskostenbeitrag“ abgezogen, dazu kommen drei Prozent Arbeitslosenversicherung. 1,19 Euro bleiben dem Häftling selbst.

 

Am selben Tag berichtet wien.orf.at:

 

Häftlinge als Hausmeister bei der Polizei

 

Ein Pilotprojekt, bei dem Häftlinge künftig Reinigungsarbeiten in Polizeidienststellen durchführen sollen, sorgt für Aufregung. Es wird befürchtet, dass Häftlinge dadurch Zugang zu heiklen Daten bekommen. Die Projektinitiatoren entwarnen.

 

Hintergrund für das Projekt ist der Spardruck bei der Polizei. Um trotzdem notwendige Arbeiten an den Polizeidienststellen durchzuführen, wird derzeit auf Ansuchen der Polizeidirektion Wien gemeinsam mit der Vollzugsanstalt Simmering an einem Pilotprojekt gearbeitet. „Einerseits geht es um die sinnvolle Beschäftigung von Freigängern und Lehrlingen. Und andererseits profitieren wir davon, dass handwerkliche Dienste wie Reinigungs- und Malerarbeiten gemacht werden“, sagte Johann Golob, Sprecher der Wiener Polizei, gegenüber Ö1.

 

Kein Zentralschlüssel an Häftlinge

 

Befürchtungen und Gerüchte, wie sie derzeit laut „Kronen Zeitung“ polizeiintern kursieren, wonach die Häftlinge mit Zentralschlüsseln ausgerüstet werden sollen und damit Zugang zu Ermittlungsakten bekommen könnten, weist Golob zurück: „Der Sicherheitsaspekt wird natürlich ein zentraler Punkt der Ausarbeitung sein, damit sensible Bereiche bei Polizeidienststellen berücksichtigt werden.“

 

Auch bei der Vollzugsdirektion begrüßte man die Initiative. „Das ist eine Möglichkeit für den Strafvollzug, Freigänger - das sind Personen, die täglich die Anstalt verlassen dürfen und am Abend nach ihrer Arbeit wieder zurückkommen, die besonders ausgesucht sind, die natürlich gewisse Voraussetzungen erfüllen müssen, die vom Delikt und von der Person her stimmen - rausschicken zu können. Das ist natürlich eine Unterstützung für unsere Resozialisierungsbemühungen“, so der Leiter der Vollzugsdirektion, Peter Prechtl.

 

Pilotprojekt ab Juni

 

Prechtl ist überzeugt: „Das ist eine Win-win-Situation. Das kann auch der Polizei helfen bzw. auch uns.“ Details für das Pilotprojekt werden derzeit ausgearbeitet. Wie viele Häftlinge zum Einsatz kommen und wann das Projekt gestartet werden soll, ist noch offen. Anvisiert ist ein Start im Juni. Für die Gewerkschaft sei das aber nichts Neues. „Das gibt es in den letzten Jahren immer wieder, dass Häftlinge auf Polizeiinspektionen putzen kommen. Bisher hat es keine Probleme gegeben“, sagte Polizeigewerkschafter Hermann Greylinger.

 

Vor diesem Hintergrund stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Herrn Bundesminister für Justiz folgende


Anfrage

 

1.    Wann wurde der Entschluss für dieses "Pilotprojekt" gefasst?

2.    Von wem wird dieses Projekt ausgearbeitet?

3.    Welche Kosten entstehen für die Planung dieses Projektes (Honorare, etc.)?

4.    Wie viele Häftlinge sollen an dem Pilotprojekt teilnehmen?

5.    Sind schon Häftlinge für das Projekt ausgewählt und wenn ja, wegen welcher Delikte befinden sich die Insassen in Haft?

6.    Welchen Vorteil hinsichtlich Resozialisierung sehen sie, wenn Häftlinge in Polizeistationen arbeiten, im Vergleich zu anderen Arbeitseinsätzen?

7.    Welche Anforderung stellt das BMI an Sie bezüglich der Auswahl der Häftlinge?

8.    Welche Lehrausbildungen werden in der Justizanstalt Simmering für Häftlinge derzeit angeboten?

9.    In welcher Lehrausbildung befinden sich die "Lehrlinge" unter den Häftlingen, die für die genannten Putzarbeiten bzw. zum Wechseln einer Glühbirne herangezogen werden sollen?

10. Wie beurteilen sie die Sinnhaftigkeit einer Lehrausbildung für Häftlinge, deren Aufgabe laut öffentlicher Aussage seitens Vertretern des BMI es sein wird, Glühbirnen zu wechseln bzw. zu putzen?

11. Wie viele Häftlinge haben seit 2010 eine Lehre während ihres Haftaufenthaltes begonnen? (Bitte um Aufschlüsselung nach Beruf, Haftanstalt und Jahr)

12. Wie viele der in Frage 11 genannten Häftlinge haben ihre Lehrausbildung abgeschlossen?

13. Wird die Lehrausbildung zur Berechnung der Beschäftigungsquote (Maßnahme zum WZ 5 Detailbudget 13.03.01) herangezogen?

14. Wie hoch ist der aktuelle Stand dieser Beschäftigungsquote nach Arbeitsstunden pro Tag pro Häftling mit 1.6.2015? (Bitte um getrennte Ausweisung der Gesamtbeschäftigungsquote, sowie der Beschäftigungsquoten in den einzelnen Justizanstalten unter Ausweisung der Quote bei Strafhäftlingen und Untersuchungshäftlingen)

15. Wird die Arbeitsleistung von Lehrlingen beim BMI im Rahmen dieses Projektes künftig zur Berechnung der Beschäftigungsquote herangezogen?

16. Häftlinge mit welchen Delikten sind vom Einsatz in Liegenschaften des BMI ausgeschlossen?

17. Welche weiteren – wie vom Leiter der Vollzugsdirektion angekündigten – Voraussetzungen müssen von Häftlingen die an diesem Projekt teilnehmen sollen gegeben sein?

18. Gibt es wie etwa beim Arbeitseinsatz von Häftlingen in militärischen Liegenschaften klar definierte absolute Ausschließungsgründe und wenn ja, welche?

19. Befanden sich seit 01.01.2013 bzw. befinden sich zur Zeit Häftlinge im Arbeitseinsatz in militärischen Liegenschaften und wenn ja, in welchen? (Wenn ja, bitte um Aufschlüsselung nach militärischer Liegenschaft, sowie Delikt, Staatsbürgerschaft, Justizanstalt, Jahr und Aufgabe der einzelnen Häftlinge)

20. Wie lang soll das "Pilotprojekt" durchgeführt werden?

21. In welcher Form soll die Evaluierung über den Nutzen und Erfolg des Projektes erfolgen?

22. Ist geplant unter diversen Umständen das Projekt auf andere Justizanstalten auszuweiten und wenn ja, welche Pläne liegen dazu vor?


23. Ist es richtig, dass bereits Häftlinge zum Arbeitseinsatz in Liegenschaften des BMI herangezogen wurden? (Wenn ja, bitte um genaue Aufschlüsselung aller Arbeitseinsätze der letzten drei Jahre, aufgeteilt auf Liegenschaft des BMI, Delikt, Staatsbürgerschaft, Justizanstalt, Jahr und genaue Aufgabenbeschreibung der einzelnen Häftlinge)

24. Welche Voraussetzungen mussten Häftlinge bisher erfüllen, um zum Arbeitseinsatz in Liegenschaften des BMI herangezogen werden zu können?

25. Wie begründen sie, dass der Leiter der Vollzugsdirektion in den Medien ein Pilotprojekt kolportiert, obwohl bereits Erfahrungswerte bei Einsätzen von Häftlingen in Liegenschaften des BMI bestehen und bereits Häftlinge in Liegenschaften des BMI eingesetzt wurden?

26. Wie begründen sie, dass in ihrem Ressort ein Pilotprojekt durchgeführt wird, obwohl dementsprechende Erfahrungswerte bereits gegeben sind und solche Arbeitseinsätze bereits durchgeführt werden?

27. Können sie ausschließen, dass zudem Häftlinge durch Arbeitseinsätze bei Unternehmen, die für das BMI tätig sind bereits in Liegenschaften des BMI zur Arbeit herangezogen werden?

28. Gibt es eine Regelung, in welchen örtlichen Bereichen der Liegenschaft des BMI bzw. zu welchen Arbeiten Häftlinge nicht herangezogen werden dürfen und wenn ja, welche sind das im Detail?

29. Kann seitens des BMJ ausgeschlossen werden bzw. welche Maßnahmen werden seitens des BMJ ergriffen, damit Häftlinge nicht mit sensiblen Daten oder Akten in Berührung kommen bzw. sich keinen Zugang zu diversen EDV Einrichtungen des BMI verschaffen können bzw. welche Details und welche Vorgehensweise hat die Arbeitsgruppe in diesem Zusammenhang ausgearbeitet?