5737/J XXV. GP

Eingelangt am 25.06.2015
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Mühlberghuber

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

betreffend Tagesstrukturen von Behindertenorganisationen.

 

 

Um die 20.000 Menschen mit körperlichen Beeinträchtigung arbeiten derzeit in Tagesstrukturen von Behindertenorganisationen und erbringen dort ihre Leistungen, ohne sozialversicherungsrechtlich abgesichert zu sein und ohne entsprechend entlohnt zu werden.

 

Für die Betroffenen existiert kein Arbeitsvertrag, sie unterliegen nicht den arbeitsrechtlichen Schutznormen, und sie erhalten als Entgelt nur ein Taschengeld, das je nach Bundesland zwischen 50 und 150 Euro variiert.

 

Ein Sozialversicherungsschutz besteht nicht, sodass die behinderten „Arbeitnehmer“ weder Ansprüche auf Krankengeld noch auf eine Pension haben. Das bedeutet, dass sie Zeit ihres Lebens auf Förderleistungen durch den Staat wie die bedarfsorientierte Mindestsicherung, Pflegegeld oder andere finanzielle Unterstützungen angewiesen sind.

 

Dieser rechtliche Status Quo widerspricht eindeutig der UN-Behindertenrechtskonvention, der Österreich am 26. 10. 2008 beigetreten ist. So sind die Vertragsstaaten verpflichtet, gleiche Rechte für Menschen mit Behinderungen auf dem Arbeitsmarkt umzusetzen. Es darf laut Art. 27 u.a. bei Einstellungs- und Beschäftigungsbedingungen keine Diskriminierung vorliegen bzw. muss bei gleichwertiger Arbeit gleiches Entgelt bezahlt werden.

 

Auf diese Ungerechtigkeiten hat die FPÖ bereits im Rahmen eines von Ing. Norbert Hofer eingebrachten Entschließungsantrages vom 25. Februar 2014 hingewiesen, in dem u.a. eine sozialversicherungsrechtliche Absicherung und ein eigener Arbeitsvertrag für Menschen in Behindertenwerkstätten gefordert werden.

 

Nun steigt auch die Volksanwaltschaft im aktuellen Jahresbericht 2014 auf die Barrikaden (Kapitel 2.4.2.4., „Behindertenwerkstätten“). Die Kommissionen der VA absolvierten zahlreiche Besuche in Tagesstrukturen und Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und kritisieren ebenso die fehlende rechtliche Absicherung und die Entlohnung der Behinderten durch „ausbeuterische“ Taschengelder. So wurden dem NPM berichtet, dass einzelne Werkstätten, die externe Arbeitsaufträge annehmen, Überschüsse erwirtschafteten, ohne dass die Beschäftigten direkt davon profitieren. Statt einer Integration in Normalarbeitsplätze finde in einigen Werkstätten nur eine „Beschäftigungstherapie“ statt.

 

 

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz folgende

 

 

Anfrage

 

1.         Wie viele Tagesstrukturen von Behindertenorganisationen wurden 2014 geführt?

 

2.         Wie verteilen sich diese Tagesstrukturen auf die einzelnen Bundesländer?

 

3.         Wie viele Menschen mit Behinderungen waren dort 2014 beschäftigt?

 

4.         Welche Personenanzahl war hier pro Bundesland 2014 beschäftigt?

 

5.         Welchen Taschengeldbetrag bezogen diese Menschen mit Behinderungen  2014 in den jeweiligen Bundesländern?

 

6.         Wie gestaltet sich die rechtliche Basis des Taschengeldes?

 

7.         Wer bestimmt die Höhe dieses Taschengeldes?

 

8.         Welchen arbeits- und sozialrechtlichen Schutz genießen die Menschen mit Behinderung in den Tagesstrukturen?

 

9.         Besteht insbesondere ein verpflichtender Unfalls-, Kranken- und Pensionsversicherungsschutz?

 

10.      Welche finanziellen Unterstützungen erhalten die in den Tagesstrukturen beschäftigten Menschen mit Behinderungen, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können?

 

11.      Wie und durch wen erfolgt die Finanzierung dieser Werkstätten für Menschen mit Behinderungen?

 

12.      Werden Zielerreichungskontrollen dieser Werkstätten für Menschen mit Behinderungen vorgenommen?

 

13.      Wer erhält die Überschüsse, wer trägt die Verluste dieser Werkstätten für Menschen mit Behinderungen?

 

14.      Welche Maßnahmen werden Sie setzen, damit Österreich die Verpflichtungen des Art. 27 Behindertenrechtskonvention („gleiches Recht für Menschen mit Behinderungen am Arbeitsmarkt“) vollständig erfüllt?