5769/J XXV. GP

Eingelangt am 30.06.2015
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Beteiligungsmanagement der Republik bei Unternehmen mit Anteilen der öffentlichen Hand

BEGRÜNDUNG

 

Wiederholt kritisiert der Rechnungshof Unternehmensstrategie und Unternehmens­führung von Unternehmen, die sich größtenteils im Besitz der Republik befinden. Wiederholt entstanden erhebliche Verluste durch fehlendes Risikobewusstsein oder fehlende Strategien. Jüngster Anlassfall sind die Auslands­geschäfte des Verbunds. Auch die Rolle und Funktion von Staatskommissären wurde wiederholt öffentlich kritisiert.

Die ÖIAG in ihrer bisherigen Form war eher eine Privatisierungsagentur als ein professionelles Beteiligungsmanagement. Außerdem deckte sie nur einen kleinen Teil der öffentlichen Betriebe ab. Bei der restlichen Anteilsverwaltung gibt es statt eines professionellen Managements einen Wildwuchs an zuständigen Stellen und Abläufen. Jedes Ministerium wendet für seine Beteiligungen eigene Standards an. Eine gemeinsame Strategie ist nicht erkennbar.

Der Rechnungshof schlägt in seinem Bericht über die Systematik der Steuerung ausgegliederter Einheiten und Beteiligungen vor, dass die Erfüllung der öffentlichen Interessen dieser Betriebe regelmäßig evaluiert wird und dass für eine effiziente und transparente Aufgabenwahrnehmung einheitliche Standards für das Beteiligungs­management festgelegt werden sollen, insbesonders für die Bereiche Beteiligungs­politik, Beteiligungsverwaltung, Beteiligungscontrolling und Mandatsbetreuung.

Auch die OECD sieht die Notwendigkeit, Transparenz und Rechenschaftspflicht bei staatseigenen Betrieben zu verbessern. 2010 gab die OECD einen Leitfaden heraus: „Accountability and Transparency – A Guide for State Ownership“. Hier springt zu­nächst ins Auge, dass die OECD ein „staatseigenes Unternehmen“ auch bei einer Minderheitsbeteiligung, sprich aber einer Sperrminorität als gegeben ansieht. Die Bundesregierung jedoch weigert sich seit vielen Jahren ihre Verantwortung zumin­dest ab einer Beteiligung von 25% wahrzunehmen und endlich die gesetzlichen Grundlagen anzupassen. Sie hinkt hier, etwa im Bereich der Prüfkompetenzen des Rechnungshofs, bereits einigen Bundesländern hinterher. Hier ist eine Reform überfällig.

Das OECD Papier liest sich stellenweise wie eine exakte Beschreibung der Probleme unserer öffentlichen Unternehmen mit ihren Eigentümervertretern: „So können sie [die öffentlichen Unternehmen] einerseits unter unbilliger, politisch motivierter Einmischung und andererseits unter völliger Passivität und Desinteresse seitens des staatlichen Eigentümers leiden.“ Wer denkt hier nicht sofort an Voest bzw. AUA, Hypo oder Telekom?

Die zuletzt im Rechnungshofausschuss diskutierten Verluste der Verbundgesell­schaft bei Auslandsinvestitionen haben die Defizite bei der öffentlichen Anteilsver­waltung exemplarisch verdeutlicht. Es gab keine vom Eigentümer (demokratisch) festgelegte Unternehmensstrategie. Es gab auch keine Berichte über Unternehmens­stand und Zielerreichung. Es wurde auch schmerzlich bewusst, dass niemand die Verantwortung für das Debakel übernahm. Wäre das bei einer privaten Kapitalgesell­schaft passiert, so wären die Aktionäre direkt geschädigt worden und hätten in der Hauptversammlung selbst Konsequenzen einfordern können. Beim öffentlichen Unternehmen ist der Bürger der direkt Geschädigte, er hat aber keinerlei Mitsprache­recht. Die OECD beschreibt das als grundsätzliches Corporate-Governance-Prob­lem, weil in diesem Fall „die Rechenschaftspflicht für die Unternehmensergebnisse auf eine komplexe Kette unterschiedlicher Agenten bzw. Beauftragter (Geschäfts­führung, Aufsichtsrat, Eigentumsträger, Ministerien, Regierung) verteilt ist“. Die OECD analysiert nicht nur die Probleme, sondern gibt auch eine ganze Reihe von Empfehlungen, wie diese Probleme in den Griff zu bekommen sind und wie die Performance von öffentlichen Unternehmen verbessert werden kann. Die in der jetzigen österreichischen Situation wichtigsten Vorschläge sind:

1.    Unternehmensziele öffentlicher Unternehmen müssen in einem demokrati­schen Prozess festgelegt werden. Diese Ziele müssen klar sein und dürfen nicht vage, widersprüchlich und komplex sein. Nur so ist in der Folge die Zielerreichung zu kontrollieren.

2.    Es ist eine übergeordnete Eigentümerstrategie zu entwickeln. Daran sollten nicht nur die Regierung und die betroffenen Ministerien mitwirken, sondern auch das Parlament, Rechnungshof und weitere Kontrollbehörden sowie Vorstände und Aufsichtsräte der Staatsunternehmen. Die Zielvorgaben sollten parlamentarisch behandelt werden und jedenfalls öffentlich sein.

3.    Die Aufgabenerfüllung muss regelmäßig berichtet werden und in Sammelberichten dem Parlament und der Öffentlichkeit zugeleitet werden.

Es liegen also zahlreiche Vorschläge für ein verbessertes und professionelles Beteiligungsmanagement und –controlling am Tisch, das quer durch alle Ressortzuständigkeiten das Interesse des Eigentümers/der Steuerzahlerinnen gegenüber einseitigen Managerintentionen in den Unternehmungen zum Ausdruck bringt und auch im internen politischen Diskurs für Sachverstand zu Gunsten der Steuerzahler/in sorgt. Unklar ist, was das Ministerium plant, davon umzusetzen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    In welcher Form gedenken Sie, im Zuge der Neuaufstellung der ÖIAG in Form der ÖBIB dort eine an strategischen Zielen orientierte und verbesserte Interessensvertretung des Eigentümers einzurichten?

2)    In welcher Form sollen bei anderen Unternehmen der öffentlichen Hand die Interessen der Republik professioneller durchgesetzt werden?

3)    In welcher Form gedenken Sie, den OECD-Empfehlungen nach Festlegung der Unternehmensziele bei öffentlichen Unternehmen  nachzukommen?

4)    In welcher Form gedenken Sie, den OECD-Empfehlungen nach Festlegung einer Eigentümerstrategie bei öffentlichen Unternehmen  nachzukommen?

5)    In welcher Form gedenken Sie, den OECD-Empfehlungen nach regelmäßiger Information von Parlament und Öffentlichkeit über die Zielerreichung öffentlicher Unternehmen in übersichtlicher und aggregierter Form nachzukommen?

6)    Werden Sie weiter wie Ihre VorgängerInnen öffentliche Unternehmen erst ab 50% plus einer Aktie definieren, oder eine Absenkung auf die Sperrminorität von 25% befürworten?

7)    Ab wann und in welcher Form soll ein professionelles Beteiligungsmanagement- und -controlling der Republik eingeführt werden, das den Empfehlungen der OECD gerecht wird?