5789/J XXV. GP

Eingelangt am 02.07.2015
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ANFRAGE

des Abgeordneten Mag. Haider

und anderer Abgeordneter

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend unbrauchbarer Steuerreform

 

 

Das Wirtschaftsblatt vom 16.06.2015:

"Die Regierung hat durch die Steuerreform bewiesen, dass sie sich trotz unterschied-licher Standpunkte auf etwas einigen kann. Das, worauf sie sich geeinigt hat, ist allerdings nicht viel wert: Die Volkswirtschaft profitiert davon kaum, die kalte Progression macht nur kurz Pause.

Besonders enttäuschend aber, dass das Wifo der Reform attestiert, den Progressionsgrad in allen Einkommensbereichen, besonders stark aber für niedrige Einkommen anzuheben – für mittlere Einkommen steigt er von 1,9 auf 2,3. Das bedeutet: Bei einer Steigerung der Lohnsumme um ein Prozent steigt die Lohnsteuer gleich um 2,3 Prozent.

Und da die Steuerstufen nicht valorisiert wurden, bedeutet das, dass die kalte Progression in den kommenden Jahren noch viel härter zuschlagen wird als zuletzt: Schon durchschnittliche Lohnsteigerungen um elf Prozent – also die durchschnittlichen Kollektivvertragserhöhungen von drei bis vier Jahren – reichen aus, um das Lohnsteueraufkommen wieder auf den Stand von heuer zu bringen. Verschärft wird die kalte Progression auch dadurch, dass die Steuerreform (durch Nachfrage-Effekte) auch die Inflation um einen halben Prozentpunkt anhebt. Die Reform frisst ihren Erfolg zum Teil also selbst weg.

Wir werden also spätestens ab 2018/19 wieder um eine Steuerreform sudern müssen – die wir dann vielleicht 2020 oder 2012 bekommen werden.

Das alles entscheidende Ziel der Tarifsenkung wird also nur in den beiden ersten Jahren erreicht. Eine Abschaffung der kalten Progression ist nicht in Sicht – im Gegenteil, sie wird sogar verschärft.

Entsprechend mager fällt auch der volkswirtschaftliche Effekt der Reform aus. Das Wifo schätzt bis 2019 mit einem Plus von nur 0,9 Prozent beim Konsum und dadurch 0,2 Prozent beim realen BIP. Würden die Gegenfinanzierungs-Maßnahmen gecancelt (was das Wifo natürlich nicht will, weil das die Verschuldung steigern würde), wäre der Wachstumseffekt immerhin um bis zu 0,2 Prozentpunkte höher.

Die Gegenfinanzierung ist ja die eigentliche Crux an der Reform: Nach Wifo-Berechnungen bezahlen wir uns die Steuersenkung ja „überwiegend“ selbst: Der Lohnsteuer-Ausfall wird im ersten Jahr zur Hälfte, bis 2019 steigend auf zwei Drittel durch Steuererhöhungen ausgeglichen – weshalb auch die Senkung der Steuerquote marginal ist. Erschwerend kommt hinzu, dass noch weitgehend offen ist, wie die 1,1 Milliarden Euro eingespart werden sollen, die noch zur Gegenfinanzierung fehlen. Im günstigsten Fall unterbleiben sie völlig – im schlimmsten werden darum öffentliche Investitionen gekürzt und damit weiter Nachfrage gedämpft.

Als Einigung zwischen Rot und Schwarz ist diesem Werk eine gewisse Hochachtung also nicht zu versagen, als Problemlösung taugt sie hingegen nur wenig."

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Finanzen nachfolgende

 

 

Anfrage

 

1.     Wie stehen Sie seitens Ihres Ministeriums zu der Wifo-Prognose die besagt, dass durch die Steuerreform der Progressionsgrad für alle, vor allem aber für niedrige Einkommen, besonders stark angehoben werde?

2.     Bei einer Steigerung der Lohnsumme um ein Prozent stiege die Lohnsteuer demnach gleich um 2,3 Prozent; wurde dieses Phänomen bei der Ausarbeitung der Steuerreform seitens Ihres Ministeriums mitberücksichtig?

3.     Wenn ja, inwiefern sehen Sie dies als gerechtfertigt?

4.     Wenn nein, was werden Sie dagegen unternehmen?

5.     Wie stehen Sie zu der Aussage, dass die kalte Progression durch die Nicht-Valorisierung der Steuerstufen in den kommenden Jahren noch viel härter zuschlagen werde?

6.     Wurde der Umstand, dass schon eine durchschnittliche Lohnsteigerung um elf Prozent ausreichen würde, um das Lohnsteueraufkommen wieder auf den Stand von heuer zu bringen in die Berechnung seitens Ihres Ministeriums miteinbezogen?

7.     Wenn ja, inwiefern sehen Sie in dieser Reform, vor allem hinsichtlich der Progression, auch nur ansatzweise einen Erfolg?

8.     Wenn nein, welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um dem entgegenzuwirken?

9.     Wie stehen Sie seitens Ihres Ministeriums zu der Aussage, dass das Ziel der Tarifsenkung nur in den ersten beiden Jahren erreicht werde, und die im Zuge der Steuerreform steigende Inflation kontraproduktiv für jeglichen Reformerfolg sei?

10.  Erachten Sie den vom Wifo prognostizierten volkswirtschaftlichen Effekt der Reform von 0,9 Prozent beim Konsum als ausreichend bzw. gibt es seitens Ihres Ministeriums diesbezüglich andere Prognosen?

11.  Wie stehen Sie zu der Wifo-Berechnung, dass die Steuerreform ohnehin von den Steuerzahlern selbst finanziert werde, und die Senkung der Steuerquote lediglich marginal sei?

12.  Wie und wo gedenken Sie, die für die Gegenfinanzierung noch offenen 1,1 Milliarden Euro einzusparen?