5810/J XXV. GP

Eingelangt am 06.07.2015
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

Des Abgeordneten Kai Jan Krainer,

Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend „den schädlichen Steuerwettbewerb in der EU, das Beihilfenverfahren der EU- Kommission und die Aufklärung der Sachlage in Österreich"

Sehr geehrter Herr Bundesminister,

der anhaltende Steuerwettbewerb in der Europäischen Union führt nicht nur zu verminderten Staatshaushalten, sondern schwächt die partnerschaftlichen Beziehungen der Mitgliedstaaten untereinander. Die EU-Kommission versucht über die Krücke des Beihilfenrechts, die ärgsten Steuervermeidungsmissstände aufzudecken. So wurden beihilferechtliche Verfahren wegen Steuervorabentscheiden gegen Irland wegen der Firma Apple, gegen Luxemburg wegen der Firma Starbucks, Amazon und Fiat Finance, sowie gegen Holland und Belgien eröffnet. In all diesen Verfahren geht es darum, dass die EU-Kommission Bedenken gegen die zwischen Mitgliedstaat und betroffenen Unternehmen vereinbarte Steuerbemessungsgrundlage hat. Insbesondere bezweifelt sie, dass der Grundsatz des Fremdvergleichsprinzip („arm's length principle"] eingehalten wurde. Ist dies nicht der Fall, so kommt es zu einer rechtswidrigen selektiven Bevorzugung von bestimmten Unternehmen, denen dann Steuernachzahlungen drohen. Außerdem hat die EU-Kommission ein beihilfenrechtliches Auskunftsersuchen an alle Mitgliedstaaten gerichtet. Sie verlangt eine Offenlegung der Steuervorentscheidungen, also mehrjährige (bis zu 10 Jahren] Abkommen zwischen Finanzämtern und Großkonzernen, in welchen die Steuerbemessungsgrundlage festgesetzt wird. Diese Verfahren decken jedoch nur die Spitze des Eisberges auf, der durch den Wettbewerb zwischen den EU-Mitgliedstaaten um Großunternehmen mit Steuerzuckerln entstanden ist. Dieser Wettbewerb führt zu einer vermehrten Verlagerung der Steuerlast auf Arbeitnehmerlnnen sowie Klein- und Mittelbetriebe. Darüber hinaus hängt nunmehr über allen Großkonzernen das Damoklesschwert der Steuernachzahlung wegen verbotener Beihilfen. Um Klarheit über die Situation in Österreich zu schaffen, bitten wir um Aufklärung folgender Sachverhalte:

a)   Steuerquote der Betriebsstätten von internationalen Konzernen (zB Starbucks, Apple o.ä.)?

1.       Wie viele Betriebsstätten von ausländischen Unternehmen sind in Österreich steuerlich erfasst?

2.       Wie hoch waren die Umsätze dieser steuerlich erfassten Betriebsstätten in Österreich insgesamt jeweils in den Jahren 2008, 2009, 2010, 2011, 2012 und 2013?

3.       Wie hoch waren die Umsätze dieser steuerlich erfassten Betriebsstätten in Österreich insgesamt, die im Wege der Einkommensteuer veranlagt werden, jeweils in den Jahren 2008, 2009, 2010, 2011, 2012 und 2013?

4.       Wie hoch waren die Umsätze dieser steuerlich erfassten Betriebsstätten in Österreich insgesamt, die im Wege der Körperschaftsteuer veranlagt werden, jeweils in den Jahren 2008, 2009, 2010, 2011, 2012 und 2013?

5.       Wie hoch waren die steuerlich relevanten Gewinne dieser Betriebsstätten in Jahren

2008,     2009, 2010, 2011, 2012 und 2013 (Aufteilung in Betriebsstätten die im Wege der Einkommensteuer und im Wege der Körperschaftsteuer veranlagt werden) und wie hoch waren die Ertragsteuern ( Aufteilung in Einkommensteuer und Körperschaftsteuer), die für diese Betriebsstätten in Österreich insgesamt in den Jahren

2009,    2010, 2011, 2012 und 2013 bezahlt wurde?

6.       Auf welche Branchen entfielen diese Umsätze? Aufteilung der Umsätze auf die einzelnen Branchen in den Jahren 2009, 2010, 2011, 2012 und 2013 (Aufteilung Einkommensteuer und Körperschaftsteuer)?

7.       Wie war die Aufteilung der steuerlichen Gewinne und der bezahlten Ertragsteuern (Einkommensteuer / Körperschaftsteuer) auf die einzelnen Branchen in den Jahren 2008, 2009, 2010, 2011, 2012 und 2013?

b)   Auskunftsersuchen der EU-Kommission an Österreich: Inhalt des Ersuchens, Zahl der Steuervorentscheidungen und Anzahl und Inhalt der Auskunftsbescheide gem. § 118 BAO zu Umgründungen, Unternehmensgruppen und Transferpreisen?

8.       Die Europäische Kommission hat im Dezember 2014 das beihilfenrechtliche Auskunftsersuchen zu Steuerentscheiden („tax rulings") auf alle Mitgliedstaaten ausgeweitet. Welche Informationen verlangt die Kommission in diesem Auskunftsersuchen von Österreich?

9.       Wie viele Unternehmen haben Anfragen gestellt und verbindliche Auskünfte (Steuerentscheide) in den Jahren 2010 bis 2013 erhalten (Aufteilung auf die einzelnen Jahre).

10.    Welche Unternehmen haben in diesen Jahren Anfragen gestellt und Auskünfte erhalten (Aufteilung auf die einzelnen Jahre)?

11.    Die Bundesabgabenordnung regelt im § 118 den sogenannten Auskunftsbescheid. Wie viele Auskunftsbescheide wurden insgesamt seit Bestehen dieser Regelung erteilt (Aufteilung entsprechend der einzelnen Jahre, Aufteilung nach Gegenstand des Auskunftsbescheides entsprechend § 118 Abs 2 BAO (Umgründungen, Unternehmensgruppen, Verrechnungspreise)?

12.    Wie sieht die Aufteilung nach Größenklassen entsprechend § 118 Abs 10 BAO aus?

13.    Welche Unternehmen haben diese Auskunftsbescheide erhalten?