5972/J XXV. GP

Eingelangt am 08.07.2015
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Anfrage

 

der Abgeordneten Peter Pilz, Georg Willi, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Inneres

betreffend Platzverbot bei "Bilderberg"-Treffen

BEGRÜNDUNG

 

Anlässlich des sogenannten „Bilderberg“-Treffens in Telfs in Tirol wurde für den Zeitraum 9. Bis 12. Juni 2015 von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck als Sichereheitsbehörde ein Platzverbot gem. § 36 Abs 1 SPG verhängt.

Die entsprechende Verordnung wurde u.a. durch Aushang bekannt gemacht und begründete die Maßnahme durch eine bloße Wiedergabe des Gesetzestextes:

„Da aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, es werde in Telfs, konkret im Platzverbotsbereich,

-       eine allgemeine Gefahr für Leben oder Gesundheit mehrerer Menschen oder

-       eine allgemeine Gefahr für Eigentum oder Umwelt in großem Ausmaß

entstehen, wird von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck als Sicherheitsbehörde gem. § 36 Abs 1 SPG das Betreten des Gefahrenbereichs und der Aufenthalt in ihm verboten und die Nichtbefolgung als Verwaltungsübertretung erklärt.“

Eine weitergehende Begründung als diese bloß formelhafte Aufzählung der im Gesetz genannten möglichen Anwendungsfälle erfolgte nicht.  Die Vorgehensweise erweckt damit den Eindruck der Willkür, da das konkrete Vorliegen der Voraussetzungen für die Verhängung eines Platzverbotes nicht begründet wurde.

Nach dem SPG Kommentar von Hauer-Keplinger, Anm A.5 zu § 36 SPG, kommen Platzverbote „etwa in Betracht, wenn zu befürchten ist, es werde infolge einer Versammlung zu Schlägereien oder systematischen Sachbeschädigungen kommen (etwa anlässlich einer Opernballdemonstration), es werde zu (bis hin zu bürgerkriegsartigen) Auseinandersetzungen zwischen Bevölkerungsgruppen kommen oder es werde zu pogromartigen Ausschreitungen gegen Minderheiten oder zu Plünderungen von Geschäften kommen.“ Es ist nicht erkennbar, weshalb die Sicherheitsbehörde von derartigen Gefahrensituationen ausging.

Dennoch brachte die Verordnung für zahlreiche Menschen, die im Platzverbotsbereich etwa Gastgewerbebetriebe führten oder dort nächtigen oder auch nur Wanderungen durchführen wollten, schwere Beeinträchtigungen – auch in wirtschaftlicher Hinsicht – mit sich.

Die Maßnahme erscheint daher zumindest als unverhältnismäßig.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Wie lauteten die „bestimmten Tatsachen“, welche der Erlassung der Verordnung nach § 36 Abs 1 SPG über das Platzverbot in Telfs anlässlich des „Bilderberg“-Treffens zu Grunde gelegt wurden?

2)    Aus welchen Quellen stammten die Informationen über diese „bestimmten Tatsachen“?

3)    Welche Behörde hat diese „bestimmten Tatsachen“ erhoben und der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck übermittelt?

4)    Bestand die befürchtete „allgemeine Gefahr für Leben oder Gesundheit mehrerer Menschen“ darin, dass Schlägereien befürchtet wurden?

5)    Falls ja: welche Gruppen beabsichtigten Schlägereien zu beginnen?

a.    Die Teilnehmer der Bilderberg-Konferenz?

b.    Die Teilnehmer der Protestdemonstrationen?

6)    Wie kam die BH Innsbruck zu der Auffassung, dass derartige Schlägereien geplant seien?

7)    Bestand die befürchtete „allgemeine Gefahr für Leben oder Gesundheit mehrerer Menschen“ darin, dass „bürgerkriegsartige Auseinandersetzungen“ zwischen Bevölkerungsgruppen stattfinden würden?

8)    Falls ja: welche Gruppen beabsichtigten bürgerkriegsartige Auseinandersetzungen zu beginnen?

a.    Die Teilnehmer der Bilderberg-Konferenz?

b.    Die Teilnehmer der Protestdemonstrationen?

9)    Wie kam die BH Innsbruck zu der Auffassung, dass derartige bürgerkriegsartige Auseinandersetzungen geplant seien?

10) Bestand die befürchtete „allgemeine Gefahr für Leben oder Gesundheit mehrerer Menschen“ darin, dass „pogromartige Ausschreitungen gegen Minderheiten“ stattfinden würden?

11) Falls ja: welche Gruppen beabsichtigten pogromartige Ausschreitungen gegen Minderheiten zu beginnen?

a.    Die Teilnehmer der Bilderberg-Konferenz?

b.    Die Teilnehmer der Protestdemonstrationen?

12) Wie kam die BH Innsbruck zu der Auffassung, dass derartige pogromartige Ausschreitungen gegen Minderheiten geplant seien?

13) Bestand die befürchtete „allgemeine Gefahr für Eigentum in großem Umfang“ darin, dass „Plünderungen von Geschäften“ stattfinden würden?

14) Falls ja: welche Gruppen beabsichtigten Plünderungen von Geschäften?

a.    Die Teilnehmer der Bilderberg-Konferenz?

b.    Die Teilnehmer der Protestdemonstrationen?

15) Wie kam die BH Innsbruck zu der Auffassung, dass derartige Plünderungen von Geschäften geplant seien?

16) Worin bestand die befürchtete „allgemeine Gefahr für die Umwelt in großem Umfang“?

17) In welcher Weise waren Sie in die Erlassung der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck eingebunden?

18) Wurden Sie vor der Erlassung der Verordnung informiert?

19) Haben Sie eine Weisung auf Erlassung der Verordnung erteilt oder dieses Vorhaben zumindest gebilligt?

20) Weshalb wurden die konkreten Umstände, die zur Erlassung des Platzverbotes geführt haben, in der Verordnung nicht genannt, sondern lediglich formelhaft der Gesetzestext wiedergegeben?

21) n welcher Art und Weise wurde die Verhältnismäßigkeit der verhängten Maßnahme geprüft?

22) In der Verordnung wurden eine Reihe von Personen, wie zB Rettungs- und Einsatzkräfte, ausgenommen. Es erfolgte jedoch keine Ausnahme für JournalistInnen zu Zwecken der Berichterstattung. Weshalb nicht und wie begründen Sie dies im Hinblick auf die Pressefreiheit?

23) Sehr wohl ausgenommen wurden dagegen Kräfte des österreichischen Bundesheeres „nach Maßgabe der Vorgaben im Behördenauftrag ‚technische Assistenzleistung‘“. Wie lautete dieser Behördenauftrag und inwiefern leistete das Bundesheer Assistenz?

24) Weiters werden in der Verordnung die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, „im Einzelfall die Berechtigung für den Zugang zum Platzverbot zu erteilen (Bsp: an Lieferanten des Hotels).“ Eine Rechtsgrundlage dafür ist nicht ersichtlich. Wie lautet sie?

25) Waren die beispielhaft erwähnten Lieferanten des Hotels nicht von der befürchteten „allgemeinen Gefahr für Leben oder Gesundheit“ betroffen?

26) Weshalb waren Lieferanten des Hotels von dieser „allgemeinen Gefahr für Leben oder Gesundheit“ weniger betroffen, als etwa JournalistInnen?

27) War es nicht unverantwortlich die TeilnehmerInnen, somit hochrangige PoltikerInnen, und prominente VertreterInnen von Wirtschaft und Wissenschaft, in einen einer „allgemeinen Gefahr für Leben oder Gesundheit“ unterliegenden Bereich hineinzulassen, aus dem aufgrund der besonderen Gefahrenlage sogar MedienvertreterInnen (sofern sie nicht selbst TeilnehmerInnen waren) ausgesperrt werden mussten?

28) Können Sie ausschließen, dass der wahre Zweck des Platzverbots somit nicht die Abwehr angeblicher „Gefahren“, sondern die Wahrung der Vertraulichkeit des privaten Treffens war?