6045/J XXV. GP

Eingelangt am 09.07.2015
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Werner Amon, MBA,

Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Justiz

betreffend Strafverfahren gegen Gabriel Lansky wegen § 256 StGB

Am 16.01.2012 berichtete das Nachrichtenmagazin Profil erstmals von Ermittlungen des Bundeskriminalamts sowie des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung gegen Münchner Privatdetektive wegen „nachrichtendienstlicher Tätigkeit zum Nachteil Österreichs".

      „Der für Kasachstan tätige Wiener Rechtsanwalt Gabriel Lansky ließ Verdächtige im Fall Aliyev bespitzeln - während diese vom Bundeskriminalamt einvernommen wurden."(profil, 16.01.2012)

Am 03.06.2013 berichtete ebenfalls das Profil, dass die Ermittlungen wegen § 256 StGB (Geheimer Nachrichtendienst zum Nachteil Österreichs) nun nicht mehr nur gegen die Münchner Privatdetektive gerichtet seien, sondern unter anderem auch gegen den Wiener Anwalt Gabriel Lansky:

      „Ein Altkanzler unter Spitzelverdacht: Die Justiz ermittelt gegen Alfred Gusenbauer und Rechtsanwalt Gabriel Lansky wegen nachrichtendienstlicher Tätigkeit. Sie sollen den kasachischen Geheimdienst KNB mit vertraulichen parlamentarischen Akten zum Fall Aliyev versorgt haben."(profil, 03.06.2013)

      4 St 21/13b: Unter dieser Aktenzahl legte die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) vor wenigen Monaten einen Akt an, der - wenig überraschend - sofort zur Verschlusssache erklärt wurde.“ (profil, 03.06.2013)

Am 08.07.2013 berichtete die Tageszeitung „Die Presse“, dass die Ermittlungen mittlerweile von der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption an die Staatsanwaltschaft Wien abgetreten wurden.

Am 09.09.2013 berichtete das Profil von einer „spektakulären Wendung im Kriminalfall Rakhat Aliyev".

      „Die österreichische Justiz ließ zwei EDV-Server des unter Spionageverdacht stehenden Wiener Rechtsanwalts Gabriel Lansky in Luxemburg sicherstellen.“ (profil, 09.09.2013)

       „Vor mittlerweile drei Wochen, am 16. und am 19. August, waren zwei Labgroup­Standorte in Luxemburg Schauplatz eines alles andere als alltäglichen Vorgangs.

Eine Polizeieinheit des Großfürstentums rückte zu eiligst angesetzten Hausdurchsuchungen aus - auf Anordnung eines Untersuchungsrichters des Bezirksgerichts, der wiederum auf Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wien tätig geworden war. Die Luxemburger Beamten hatten präzise Instruktionen im Gepäck:

"Durchsuchung und Beschlagnahme all jener Dokumente und sämtlicher Daten in welcher Form auch immer in Zusammenhang mit Gabriel Lansky und des Vereins Tagdyr, die auf dem Server, LP111SRV‘ sowie auf dem Server ,LAP023SV‘ abgespeichert wurden.“ Die Ermittler wurden tatsächlich fündig. Laut Polizeiprotokollen konfiszierten sie zwei Hewlett-Packard-Server, eine Toshiba­Festplatte und 129 Backup-Kassetten.“ (profil, 09.09.2013)

Am 10.09.2013 berichtete der Kurier unter der Schlagzeile „Manipulation und Desinformation“:

      „Affäre Lansky. Anwalt wird verdächtigt, Medien für Kasachen-Geheimdienst manipuliert zu haben.“ (Kurier, 10.09.2013)

Am 06.06.2014 berichtete die APA, dass die Ermittlungen gegen Altkanzler Gusenbauer bereits im März 2014 eingestellt wurden, die Staatsanwaltschaft Wien bestätigte jedoch gegenüber der APA, dass gegen Gabriel Lansky weiter ermittelt werde.

Am 18.10.2014 berichtete die APA über einen Beschluss des Oberlandesgerichts Wien, nach dem die Sicherstellung der Server in Luxemburg rechtswidrig erfolgt sei:

      „Die Staatsanwaltschaft Wien hatte die Datenträger im August 2013 in Luxemburg sicherstellen lassen, nachdem Lansky im Zuge der Affäre selbst unter Verdacht geriet. Wegen "geheimer nachrichtendienstlicher Tätigkeit zum Nachteil Österreichs" wurde gegen ihn ermittelt. Wie der Rechtsanwalt dem "profil" bestätigte, stellte das Oberlandesgericht Wien mit Beschluss vom 14. August 2014 fest, dass die Sicherstellung der Server unrechtmäßig erfolgt sei, und hob diese auf. Zusätzlich ordnete es den Widerruf des Rechtshilfeersuchens an Luxemburg und die Rückgabe der seit der Beschlagnahme versiegelten Datenträger an.“ (APA0059)

Am 27.10.2014 berichtete das Profil ausführlicher über den Inhalt dieses Beschlusses des Oberlandesgerichts Wien:

      „Doch der Etappensieg ist ein zweischneidiger. Das OLG teilt die Vermutung des Erstgerichts (welche die Sicherstellung der Server anordnete), wonach es sich bei Tagdyr um nichts weniger als eine Schöpfung des kasachischen Geheimdienstes handelt. In dem Aktenstück vom 14. August heißt es: "Die Einschätzung, wonach es sich beim Fonds "Tagdyr“ zwar offiziell um eine Unterstützung der Witwen zweier Mordopfer, tatsächlich jedoch um eine Tarnorganisation des kasachischen Geheimdienstes handelt, konnte das Erstgericht daher aus der Gesamtheit des derzeit vorliegenden Aktenmaterials ableiten. Diese wird durch die Umstände erhärtet, dass dieser Fonds über erhebliche Geldmittel verfügt, zumal er eine in Österreich abgehaltene Pressekonferenz samt eigens bewirkter Anreise der

Angehörigen der Opfer organisierte, aufwändige Observationen mit zahlreichen aus Deutschland angereisten Detektiven betrieb und eine rechtswissenschaftliche Studie im Fall Aliyev... beauftragte.“ (profil, 27.10.2014)

Seit Beginn dieses Jahres sind immer wieder E-Mails, Schriftstücke und sonstige Dokumente Bestandteil medialer Berichterstattung, die einerseits nach Bewertung der mit gegenständlicher Causa intensiv befassten Journalisten viele der in den vergangenen Jahren und Monaten gegen Gabriel Lansky erhobenen Vorwürfe erhärten, deren Echtheit andererseits von Gabriel Lansky ganz oder teilweise vehement bestritten wird.

      „In einer Stellungnahme an den KURIER bestreitet Lansky die Echtheit der Dokumente und spricht von "gänzlichen Fälschungen oder teilweise inhaltlich manipulierten eMails". (Kurier, 01.03.2015)

      „Ein Ex-Mitarbeiter habe illegal Unterlagen von seinem Server kopiert - „samt Fälschungen, die sich hineinverirrt haben“, sagte Lansky.“(Salzburger Nachrichten, 03.03.2015)

      „Opferanwalt Gabriel Lansky wies die Vorwürfe der Gegenseite zurück. Es habe keine unerlaubte Beeinflussung von Beamten gegeben und bei allen "diesbezüglichen Interpretationen" handle es sich um freie Erfindung, hieß es am Montag in einer Aussendung. Bei den von Ainedter zitierten Korrespondenzen handle es sich um Fälschungen, betonte Lanksy. Es seien Passagen eingefügt worden, die es in den Originalmails nicht gegeben habe.“ (APA0518, 02.03.2015)

      „Aufschluss über die Verquickung geben die Verträge zwischen der Kanzlei Lansky und den Kasachen - Unterlagen, die von Lansky als Fälschung bezeichnet, aber von der Aliyev-Verteidigung als authentisch betrachtet werden. Da heißt es: "Zwecks Realisierung und Unterstützung bei Leistungserbringung werden vom Auftragnehmer (Lansky, Anm.) folgende Schlüsselpersonen und leitende Mitarbeiter benannt.

(Kurier, 08.03.2015)

      „Bei dem Papier handle es sich um eine Fälschung, bekräftigte Gabriel Lansky im Gespräch mit der APA: "Das ist ein Dreck. Das ist ganz offensichtlich gefälscht." Grundlage des Dokuments sei nicht ein Treffen von Vertretern seiner Kanzlei mit der zuständigen Sachbearbeiterin der Staatsanwaltschaft Wien, "sondern die Fälscher­Werkstatt Aliyev", die in dieser Causa wiederholt getürktes Material produziert hätte.“ (APA0521, 12.05.2015)

      „Geheimer Brief belastet den Ex-Bundeskanzler - „Strictly confidential“ steht auf dem Brief der Anwaltskanzlei Lansky an den Kasachen-Präsidenten: Darin wird Alfred Gusenbauer zum Kopf und Chef-Anwerber eines Lobbyisten-Clubs hochgelobt (wir berichteten). Das Mail bringt den Ex-Kanzler noch mehr in Schwierigkeiten. Jetzt meint Lansky: „Eine Fälschung.““ (Kronen Zeitung, 16.06.2015)

      „Sind Ihnen die Mails, die zur deutschen Spiegel-Coverstory geführt haben, peinlich?

- Es sollte jenen peinlich sein, die Mails stehlen, teilweise verfälschen und verkaufen.“ (Kurier, 05.07.2015)

Am 05.05.2015 berichtete der Kurier unter der Schlagzeile „Notbremse im Fall Lansky gezogen“, die Generalprokuratur habe der Staatsanwaltschaft Wien den Fall wegen

möglicher Befangenheit entzogen und der Staatsanwaltschaft Linz zugewiesen. Bereits am 04.09.2011 berichtete der Kurier von einem Treffen in der Kanzlei Lansky im Jahr 1997, im Rahmen dessen besprochen wurden, wie junge Genossinnen und Genossen bei einer Karriere im Justizapparat unterstützt werden können. Der Kurier hält dazu fest:

„Genossinnen und Genossen also. Parteifreunde, die in Stellung gebracht werden sollen in der parteiunabhängigen Justiz. Wollten die roten Experten Justitia bei diesem diskreten Tete- a-Tete im Hochsommer 1997 ihren Stempel aufdrücken? Die Ausführungen, die im Protokoll penibel festgehalten wurden, lassen keinen anderen Schluss zu. Die Einfärbung kann aus heutiger Sicht als durchaus gelungen erachtet werden?“ (Kurier, 04.09.2011). Nicht erst seit diesem Artikel im Kurier halten sich hartnäckige Gerüchte über die hervorragenden beruflichen und privaten Verbindungen von Gabriel Lansky in die Staatsanwaltschaft und Oberstaatsanwaltschaft Wien, die nicht zuletzt daher rühren würden, dass viele ehemalige Mitarbeiter seiner Kanzlei in die Staatsanwaltschaft wechseln sowie Staatsanwälte in die Kanzlei abgeworben werden.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Justiz folgende

Anfrage:

1.    Teilen Sie die Auffassung, dass - insbesondere im Lichte der in der Einleitung erwähnten Fälschungsvorwürfe - die in Luxemburg sichergestellten Datenträger einen wesentlichen Beitrag zur Aufklärung der Causa Lansky leisten könnten?

2.    Wurde von der zuständigen Staatsanwaltschaft Wien nach dem Beschluss des Oberlandesgerichts Wien ein weiteres Amtshilfeersuchen an die luxemburgischen Behörden gestellt?

3.    Wenn nein, warum nicht?

4.    Wenn ja, welchen Inhalt hat dieses Amtshilfeersuchen?

5.    War das Amtshilfeersuchen erfolgreich?

6.    Welche Beweismittel konnten dadurch beigeschafft werden?

7.    Wurden die beigeschafften Beweismittel an die Staatsanwaltschaft Linz übergeben?

8.    Wurde von der Staatsanwaltschaft Linz, nachdem das Verfahren an sie zugewiesen wurde, ein Amtshilfeersuchen an die luxemburgischen Behörden gestellt?

9.    Wenn nein, warum nicht?

10. Wenn ja, welchen Inhalt hat dieses Amtshilfeersuchen?

11. War das Amtshilfeersuchen erfolgreich?

12. Welche Beweismittel konnten dadurch beigeschafft werden?

13. Unter welcher Aktenzahl wird das Ermittlungsverfahren in Linz geführt?

14. Welcher Staatsanwalt ist der leitende Staatsanwalt im Ermittlungsverfahren in Linz?

15. Mit welcher personellen Ausstattung wird das Ermittlungsverfahren in Linz geführt?

 

16. Wird neben Gabriel Lansky auch noch gegen weitere Beschuldigte im Rahmen dieses Ermittlungsverfahrens ermittelt?

17. Wenn ja, gegen wie viele und gegen welche Personen?

18. Wird neben § 256 StGB noch wegen weiterer §§ ermittelt?

19. Wenn ja, wegen welcher §§ und gegen welche Personen?

 

20. Wann ist mit einem Abschluss der Ermittlungen und dem Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft Linz zu rechnen?

21. Ist es richtig, dass der Fall Lansky der Staatsanwaltschaft Wien von der Generalprokuratur wegen möglicher Befangenheit entzogen wurde?

22. Wenn ja, welche Staatsanwälte in der Staatsanwaltschaft und Oberstaatsanwaltschaft Wien waren mit dem Fall befasst?

23.Bei welchen Staatsanwälten wurde Befangenheit vermutet?

24. Auf Grundlage welcher Beweismittel oder Indizien wurde diese Befangenheit jeweils vermutet?

25. Wann und wie wurde diese vermutete Befangenheit das erste Mal dokumentiert?

26. Wurden gegen einzelne Staatsanwälte in der Staatsanwaltschaft oder Oberstaatsanwaltschaft Wien oder sonstige Personen nach dem Entziehen des Falles strafrechtliche oder dienstrechtliche Schritte eingeleitet?

27. Wenn ja, welche Schritte gegen welche Staatsanwälte oder sonstige Personen?

28. Wie viele Staatsanwälte der Staatsanwaltschaft Wien waren vor ihrer Tätigkeit in der Staatsanwaltschaft in einer der Kanzleien von Gabriel Lansky beschäftigt?

29. Wie viele Staatsanwälte der Oberstaatsanwaltschaft Wien waren vor ihrer Tätigkeit in der Staatsanwaltschaft in einer der Kanzleien von Gabriel Lansky beschäftigt?

30. Wurden auf Grund der medialen Berichterstattung der vergangenen Monate oder auf Grund der bisherigen Ermittlungsergebnisse weitere Verfahren gegen Gabriel Lansky eingeleitet?

 


31.  Wenn ja, auf Grund welcher Sachverhalte und wegen welcher strafrechtlichen Bestimmungen werden diese Ermittlungsverfahren jeweils geführt?

32.  Bei welcher Staatsanwaltschaft werden diese geführt?

33.  Unter welcher Aktenzahl werden diese geführt?