6330/J XXV. GP

Eingelangt am 01.09.2015
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

Der Abgeordneten Anton Heinzl

und Genossinnen

an den Bundesminister für Justiz

betreffend Aufhebung und Rehabilitierungen gemäß Aufhebungs- und Rehabilitierungsgesetz 2011

Mit dem Aufhebungs- und Rehabilitierungsgesetz 2011 hat der Nationalrat am 12. Februar 2012 einstimmig den Unrechtscharakter des austrofaschistischen Regimes festgestellt. Ein zentrales Anliegen des Gesetzgebers bestand mit diesem Gesetz weiterhin darin, alldiejenigen zu rehabilitieren, die in den Jahren 1933 bis 1938 aufgrund ihrer demokratischen Gesinnung Opfer politischer Repressionsmaßnahmen wurden.

So begrüßenswert aus demokratiepolitischer Sicht der Beschluss dieses Gesetzes war, so wenig lässt sich doch übersehen, dass es verschiedene Mängel und Unschärfe aufweist. Konkret umfasst es einige Repressionsakte schlicht nicht, so blieben die politisch motivierten Ausbürgerungen auf Grundlage der Verordnung der Bundesregierung vom 16. August 1933, BGBl. 369/1933 aufrecht. Nach geltender Gesetzeslage ist damit etwa Otto Bauer, dem das von seinen politischen Gegnern aufgrund seiner jüdischen Herkunft schon in den 1920ern abgesprochen wurde, nicht als Österreicher anzusehen.

Ebenso wenig berücksichtigt das fragliche Gesetz hunderte, wenn nicht tausende Beamtinnen und Mitarbeiterinnen staatlicher bzw. kommunaler Unternehmen, die aufgrund ihrer politischen Haltung Opfer von Verwaltungs- und Polizeistrafen wurden oder überhaupt ihren Arbeitsplatz verloren sowie alldiejenigen Personen, denen strafweise staatliche oder kommunale Leistungen gekürzt oder ganz entzogen wurden, begonnen bei Pensionskürzungen bis hin zur Wegweisung aus der gemeindeeigenen Wohnung.

Hinsichtlich derjenigen Menschen, die sich an den Februarkämpfen aktiv beteiligten ist das Gesetz ambivalent. Zwar werden die Urteile gegen Februarkämpferlnnen aufgehoben
(womit der Gesetzgeber offenkundig von der prinzipiellen Legitimität ihres Handelns ausgeht), gleichzeitig bleibt denjenigen die an den Kämpfen beteiligt aber im Anschluss nicht abgeurteilt wurden jede Anerkennung versagt.


 

Die Bedeutung einer Rehabilitierung wie sie das in Rede stehende Gesetz vornimmt
ist immer eine Symbolische: Die Volksvertretung unterstreicht damit einen stattgefundenen Werte- und Kulturwandel. Zugleich bringt die Republik ihre Überzeugung zum Ausdruck, dass Rehabilitierten Unrecht widerfahren ist. Letzteres ist vor allem für die Opferfamilien oft von großer Bedeutung: Ihnen wird bescheinigt, der eigene Vater, die eigene Tante hat kein Verbrechen begangen für das sie von der Regierung zur Verantwortung gezogen worden wäre, sondern der eigene Vorfahre hat Recht gehandelt und die Regierung hat sich mit
seiner Verfolgung ins Unrecht gesetzt. Umso schwerer verständlich ist vor diesem Hintergrund, dass die Möglichkeit einen Antrag auf individuelle Rehabilitierung zu stellen nur auf die Angehörigen in direkter Linie beschränkt wurde.

All diese Einwände wurden im Vorfeld der Verabschiedung des Aufhebungs- und Rehabilitierungsgesetzes unter Hinweis auf fehlende Erfahrungswerte und die Sorge vor einem nicht bewältigbaren Verwaltungsaufwand nicht berücksichtigt. Drei Jahre später müssen aber entsprechende Erkenntnisse aus der Praxis des Vollzuges vorliegen. Der Antragsteller begehrt daher die Beantwortung folgender Fragen seitens des Justizministeriums:

ANFRAGE:

         Welche Schritte hat das Ministerium unternommen, um die Bevölkerung über die Existenz des Gesetzes und vor allem die Möglichkeit eines Antrages auf individuelle Rehabilitierung zu informieren?

         Wie viele Anträge auf Rehabilitierung nach dem Aufhebungs- und Rehabilitierungsgesetz 2012 wurden bisher gestellt? Wie vielen davon wurde nicht stattgegeben? Weshalb wurden allfällige Anträge abschlägig behandelt?

         Um einen erfolgversprechenden Rehabilitierungsantrag stellen zu können müssen Dokumente beigebracht werden, die das Verfolgungsschicksal dokumentieren. Welche Unterstützung lässt das Ministerium den (vielfach betagten bzw. mit historischen Recherchen unerfahrenen) Antragstellerinnen in diesem Punkt zukommen?

         Wäre es im Sinne des hohen Symbolgehaltes der Rehabilitierung nicht zu begrüßen, wenn möglichst viele Menschen in der Lage wären Anträge zu stellen? Gibt es dementsprechend Pläne, den äußerst eng begrenzten Kreis der Antragsberechtigten Personen auszuweiten?

         Welche Schritte sind seitens des Justizministeriums darüber hinaus geplant, um die oben genannten inhaltlichen Mängel und Widersprüche des Aufhebungs- und Rehabilitierungsgesetzes 2012 zu korrigieren?