6345/J XXV. GP

Eingelangt am 01.09.2015
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Ing. Dietrich, Hagen

Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Inneres

betreffend „Asylpolitik: Abschiebungen“

 

Der Flüchtlingsstrom in Europa ist in den letzten Monaten dramatisch angestiegen, die Staaten sind überfordert und reagieren mit der Sicherung ihrer Grenzen, um den Flüchtlingsdruck auf andere Staaten weiterzugeben. Ungarn etwa errichtet einen 175 km langen Zaun, um die Grenzen zu Serbien zu sichern, in der Schweiz wird diskutiert, die Grenzen vorübergehend zu schließen, da der Andrang von Asylsuchenden aus Italien zu hoch ist. Frankreich hat die Grenzübergänge bereits geschlossen und verstößt damit offen gegen das Schengen-Abkommen.

Laut EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos sollen Flüchtlinge auf die EU-Mitgliedsländer gerechter verteilt werden. Darüber hinaus fordert er häufigere und schnellere Abschiebungen.

 

25.Juni 2015, Zeit Online

Zwischen 2000 und 2014 haben die EU-Mitgliedstaaten, die Schweiz und Norwegen 11,3 Milliarden Euro für Abschiebungen ausgegeben, davon 1,6 Milliarden für Grenzschutzmaßnahmen. Laut Recherchen von Migrants Files machen Abschiebungen den größten Teil der europäischen Abschottungspolitik aus.

Immer wieder wehren sich Flüchtlinge gegen Abschiebungen und stellen damit die mit der Abschiebung beauftragten Stellen vor große Probleme, da die Anwendung von Gewalt bei Abschiebungen von der Öffentlichkeit nicht toleriert werden. Dies hat sich naturgemäß bei den Flüchtlingen herumgesprochen und im Internet kursieren bereits Anleitungen für die erfolgreiche Verhinderung von Abschiebungen.

Die Medien berichteten zuletzt öfter vom Fall „Laila“. Schon Tage vor dem Flug demonstrierten einige Freunde und Sympathisanten der Asylwerberin vor dem Polizeigebäude, einige davon begleiteten sie zum Flughafen und verteilten dort Flyer. Mit Erfolg: Die Afghanin, die aufgrund des Dublin III-Abkommens nach Bulgarien abgeschoben werden sollte, wehrte sich noch im Flugzeug gegen ihre Abschiebung, da sie ihrer Meinung nach auch in Bulgarien jene menschenrechtswidrigen Zustände vorfinden würde, vor denen sie einst aus Afghanistan geflohen ist. Die Fluggesellschaft Austrian Airlines nahm Laila nicht mit.

Die Frau Innenminister erwartet für heuer ca. 70.000 Flüchtlinge. Immer wieder gibt es Probleme, ausreichend Unterkünfte zu finden – Bund und Länder sind sich über eine gemeinsame Vorgehensweise uneinig, ein gemeinsamer Plan zur Lösung des Unterbringungsproblems existiert nicht. Vor allem in Traiskirchen führt dieser Platzmangel zu massiven Problemen:

„Laut Ministerium 500 Obdachlose im Lager Traiskirchen“ lautete die Schlagzeile im Standard am 29.Juni 2015

„Im Keller des Erstaufnahmezentrums würden etliche Zelte lagern, die man jedoch nicht aufstelle, hieß es vor Journalisten vergangene Woche. Im Ministerium widerspricht man dem nicht.“

„Asyl: Beamte suchen Containerplätze“, Die Presse am 29.06.2015

„Diese Woche wird getestet: Beamte aus dem Innenressort sind österreichweit unterwegs, um mögliche Unterkünfte für Flüchtlinge zu prüfen. Idealerweise wird nach fixen Unterkünften gesucht. Aber auch freie Flächen sind gefragt, in denen Container aufgestellt werden können.“

Auch Politiker äußern sich zu den derzeitigen Vorkommnissen und Zuständen in der EU:

Haslauer zu Asyl: “Hilfsbereitschaft nicht überdehnen”, berichtet Salzburg24 am 25.Juni 2015

“Wir werden die Erfüllung der Quoten mit einem gemeinsamen Kraftakt schaffen. Aber wir dürfen unsere Hilfsbereitschaft nicht überdehnen”, betonte der Salzburger Landeshauptmann.“

“Man muss prüfen, wie viele Personen wir insgesamt aufnehmen können. Asylberechtigte haben volle Rechte hier, sie sind in der Mindestsicherung und bekommen Wohnbeihilfe, sind aber mangels Sprachkenntnisse schwer integrierbar und werden kaum mehr betreut.”

“Wir sind nicht in der Lage, das Elend der ganzen Welt in Österreich alleine zu schultern”, sagte Haslauer. Wenn es nicht bald eine gemeinsame europäische Lösung gebe, werde Österreich alleine die notwendigen Schritte setzten müssen.

Nicht nur der Salzburger Landeshauptmann Haslauer ist beunruhigt, der Ansturm bringt auch die Sozialämter an ihre Grenzen, wie es die Kronen Zeitung am 29.06.2015 schreibt. Schon seit Monaten steigt die Anzahl der Anträge auf Mindestsicherung rasant an. Laut Landesvize Christian Stöckl müsse Österreich das Sozialbudget erhöhen, um überhaupt die Grundversorgung und später die Mindestsicherung der Asylberechtigten aufrechterhalten zu können. Derzeit erhalten etwa 9.000 Bezugsberechtigte in Salzburg die Mindestsicherung, 1.480 von ihnen sind Flüchtlinge.

Die Stadt Salzburg stockte ihr Budget bereits um 95.000 Euro auf, um 500 Flüchtlingen Deutschkurse anbieten zu können - so sollten sie Grundkenntnisse erlangen und auch am Arbeitsmarkt vermittelt werden. Auch das AMS und das Land, das den Integrationsfonds auf mehr als eine Million Euro erhöht hat, versucht dasselbe.

Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an die Frau Bundesminister für Inneres nachstehende

ANFRAGE

1.    Wie viele Asylanträge wurden seit 2010 abgelehnt? (Bitte um Auflistung nach Staatsangehörigkeit und Jahr)

2.    Wie viele Asylwerber mit negativem Asylbescheid wurden seit 2010 abgeschoben?

3.    Wie viele Abschiebungen erfolgten seit 2010 auf dem Luftweg und wie viel kosteten diese? (Bitte um Auflistung der Abflughäfen, Zielländer, Staatsangehörigkeit der Betroffenen und Jahr)

4.    Wie viele Abschiebungen erfolgten seit 2010 auf Land- bzw. Seeweg? (Bitte um Auflistung der Zielländer, Staatsangehörigkeit der Betroffenen und Jahr)

5.    Auf welche Gesamthöhe beliefen sich die Abschiebungskosten seit 2010 unter Einrechnung aller relevanten Kosten bzw. Kostenstellen? (Auflistung bitte nach Jahren)

6.    Wie viele Minderjährige waren seit 2010 von Abschiebungen betroffen? (Bitte um Auflistung ihrer Herkunftsländer und Jahr)

a.    Wie viele davon waren unbegleitet?

b.    Wie viele davon waren begleitet? (Bitte jeweils um Auflistung pro Jahr)

7.    Wie wird die Minderjährigkeit von Flüchtlingen festgestellt, wenn diese nicht durch Dokumente belegbar ist?

8.    Wie oft wurde ein Altersfeststellungsverfahren seit 2010 von Asylwerbern verweigert? (Bitte um Auflistung nach Jahr)

9.    Wie wird in jenen Fällen verfahren, wenn Flüchtlinge sich als minderjährig ausgeben, dies aber ganz offensichtlich nicht sind und auch keine Dokumente beigebracht werden können, die eine Minderjährigkeit bestätigen würden?

10.  Wie viele Überstellungen erfolgten seit 2010 in andere EU-Mitgliedstaaten bzw. Schengen-Staaten im Rahmen der Dublin-Verordnung? (Bitte Auflistung nach Zielstaaten, Staatsangehörigkeit der Betroffenen und Jahr)

11.  Wie viele der Abschiebungen seit 2010 erfolgten begleitet, wie viele unbegleitet? (Bitte in der Auflistung um Differenzierung von Beamten der Bundespolizei, der Länderpolizei und Vollzugsbeamten anderer EU-Mitgliedstaaten bzw. Sicherheitskräften der Zielstaaten)

a.    Welche Kosten sind der Republik seit 2010 aufgrund unbegleiteter Abschiebungen entstanden? (Bitte Auflistung nach Monaten)

b.    Welche Kosten sind der Republik seit 2010 aufgrund begleiteter Abschiebungen entstanden? (Bitte Auflistung nach Monaten)

12.  Wie viele Abschiebungsversuche mussten seit 2010 aufgrund von Widerstandshandlungen der Betroffenen abgebrochen werden? (Bitte um Auflistung nach Staatsangehörigkeit, Ort bzw. Flughafen und Jahr)

13.  Wie viele Abschiebungen auf dem Luftweg mussten seit 2010 wegen medizinscher Bedenken abgebrochen werden? (Bitte um Auflistung nach Flughafen, Staatsangehörigkeit und Jahr)

14.  Wie viele Abschiebungen konnten seit 2010 nicht durchgeführt werden, weil sich die Fluggesellschaft weigerte, die Personen zu transportieren? (Bitte um Auflistung nach Flughafen, Fluggesellschaft und Jahr)

15.  Wie viele Asylwerber sind seit 2010 freiwillig ausgereist? (Bitte um Auflistung nach Staatsangehörigkeit und Jahr)

a.    Wie hoch ist die finanzielle Unterstützung pro Ausreisenden?

16.  Wie viele Asylwerber mit negativem Asylbescheid halten sich zurzeit in Österreich auf?

17.  Wie viele Asylwerber haben seit 2010 nach ihrer Ankunft in Österreich einen E-Card-Ersatzbeleg bekommen?

a.    Was passiert mit dem Ersatzbeleg, wenn der Asylwerber während des Verfahrens untertaucht?

                                          i.    Wird zwischen Minderjährigen und Erwachsenen unterschieden?

b.    Was passiert mit dem Ersatzbeleg, wenn der Asylwerber einen negativen Asylbescheid bekommt?

                                          i.    Wird zwischen Minderjährigen und Erwachsenen unterschieden?

18.  Werden bei Asylwerbern gesundheitliche Routineuntersuchungen vorgenommen?

a.    Wenn ja, seit wann genau und worauf wird konkret untersucht?

                                          i.    Wurden im Rahmen dieser Untersuchungen meldepflichtige Krankheiten festgestellt? Wenn ja, welche konkret und wie viele Personen waren davon betroffen?

b.    Wenn nein, warum nicht?

19.  Wie viele subsidiär Schutzbedürftige wurden seit 2010 abgeschoben, wie viele sind freiwillig ausgereist? (Bitte um Auflistung nach Staatsangehörigkeit, Jahr und Art der Abschiebung Luftweg, Land- oder Seeweg, sonstige)

a.    Wie viel kosteten diese Abschiebungen? (Bitte um Auflistung pro Jahr)

20.  Gibt es Asylansuchen, die bereits länger als ein Jahr dauern?

a.     Wenn ja, wie viele und wie lange dauern diese bereits an?