6418/J XXV. GP

Eingelangt am 04.09.2015
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Mühlberghuber

und weiterer Abgeordneter

 

an den Bundesminister für Justiz

 

betreffend Verfahrenshilfe im Straf- und Zivilrecht.

 

 

Gerichtsprozesse kosten Geld, egal ob es sich jetzt um die Gerichtsgebühren, die Kosten von Zeugen und Sachverständigen oder um die Rechtsanwaltskosten handelt. Naturgemäß sind da jene Parteien im Vorteil, die über ausreichende finanzielle Mittel verfügen. Um eine Zweiklassen-Justiz zumindest teilweise zu verhindern, wurde sowohl im Straf- als auch im Zivilrecht das Instrument der Verfahrenshilfe eingeführt.

 

So normiert beispielsweise § 63 der ZPO, dass "einer Partei Verfahrenshilfe dann zu bewilligen ist, wenn sie außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint". Im Strafrecht hat ein Beschuldigter unter den Voraussetzungen des § 61 StPO Anspruch auf Beigabe eines unentgeltlichen Verfahrenshilfeverteidigers.

 

Zumindest im Zivilrecht kann aufgrund des § 71 ZPO eine Nachzahlungspflicht entstehen, wenn sich die finanziellen Verhältnisse geändert haben und eine Rückzahlung ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts möglich ist. Beschränkt ist diese Verpflichtung allerdings mit einer Frist von 3 Jahren ab Abschluss des Verfahrens.

 

Auch die Rechtsanwaltskammer hat sich in ihrem aktuellen Wahrnehmungsbericht mit der Verfahrenshilfe beschäftigt. Sie rügt in einigen Fällen u.a. die zu lange Verfahrensdauer zwischen Antrag auf Beigabe und Bestellung des Verfahrenshilfe-Rechtsanwaltes.

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Justiz folgende

 


 

Anfrage

 

1.     In wie vielen Zivilprozessen wurde in den Jahren 2012 bis 2014 Verfahrenshilfe gewährt? (absolute Zahl und Prozentwert im Vergleich zu allen Zivilprozessen)

 

2.     In welcher Höhe wurde in den Jahren 2012 bis 2014 Verfahrenshilfe gewährt?

 

3.     Wie teilten sich die Verfahrenshilfe-Beiträge in den Jahren 2012 bis 2014 auf die einzelnen Kostenarten auf? (Gerichtsgebühren, Zeugengebühren, Sachverständigengebühren, Rechtsanwaltshonorare,...)?

 

4.     Welche Kriterien spielen bei der Gewährung von Verfahrenshilfe eine Rolle?

 

5.     Existiert ein spezieller Richtwert des Nettoeinkommens, ab dem keine Verfahrenshilfe mehr gewährt wird?

a.    Wenn ja, wie lautet dieser?

 

6.     Ist in naher Zukunft eine Reform der Verfahrenshilfe geplant, beispielsweise eine Erweiterung für höhere Einkommensschichten bei hohen Streitwerten (wie sie von Experten gefordert wird)?

 

7.     Wie hoch waren in den Jahren 2012 bis 2014 die eingehenden Rückzahlungsbeiträge, die von den Gerichten aufgrund verbesserter Einkommensverhältnisse eingefordert wurden?

 

8.     Wie werden die Rückzahlungsverfahren in der Praxis durchgeführt?

 

9.     Wie und in welcher Form werden von Verfahrenshilfeempfängern vor Ablauf der Dreijahresfrist neue Vermögensbekenntnisse eingeholt bzw. zu welchem genauen Zeitpunkt?

 

10.  Wie lange dauerte in den Jahren 2012 bis 2014 bei Zivilprozessen die Zeit zwischen Antragstellung auf Beigabe eines Rechtsanwalts bis zur rechtskräftigen Bestellung? (Statistische Verteilung)

 

11.  In wie vielen Strafprozessen wurde in den Jahren 2012-2014 Verfahrenshilfe gewährt?  (absolute Zahl und Prozentwert im Vergleich zu allen Strafprozessen)

 

12.  In welcher Höhe wurde in den Jahren 2012-2014 Verfahrenshilfe bei Strafprozessen gewährt?

 

13.  Ist es richtig, dass bei Strafprozessen nachträglich keine Nachzahlungspflicht entsteht, wenn sich die Einkommensverhältnisse verbessern?

 

14.  Wenn ja, warum wird eine derartige Nachzahlungsverpflichtung nicht normiert?