6451/J XXV. GP

Eingelangt am 10.09.2015
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Georg Willi, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend "freundliche Unterstützung" des Luftfahrt Symposiums 2015 durch die Aufsichtsbehörde Austro Control

 

Am 2.9.2015 fand in Wien in einer Immobilie des Raiffeisen-Sektors das sog. „Luftfahrt Symposium 2015“ statt.

Als Einladende und Veranstalter fungierten die einschlägige Berufsgruppe der Wirtschaftskammer, die Industriellenvereinigung und der „Österreichische Luftfahrtverband“.

 

Für die Branche und die überwiegend ÖVP-nahen sonstigen beteiligten Institutionen hat diese Veranstaltung ihren politischen Zweck insofern erfüllt, als Sie sich ja bei ihrem einleitenden Beitrag für eine Senkung der Flugabgabe ausgesprochen haben.

Dies wäre bereits die zweite in den 4 Jahren des Bestehens dieser ohnedies lächerlich geringen Abgabe (dzt. 7 Euro pro Kurzstrecken-Flugticket, „Kurz“strecken führen dabei u.a. nach Wladiwostok, Armenien, Georgien, Anatolien, Bagdad, Amman, ans Rote Meer, nach Libyen, Tunesien und Algerien oder auf die Azoren!). Transfer- und Transitpassagiere sind von der Flugabgabe überdies schon heute zur Gänze ausgenommen.

Dass eine abermalige Senkung im Hinblick auf die kaum existente Steuer- und Abgabenleistung der Luftfahrtbranche verkehrspolitisch („unfaire Konkurrenz“ zum sehr viel weitergehend mit Steuern und Abgaben belegten Schienenfernverkehr), umwelt- und klimapolitisch völlig kontraproduktiv wäre und im offenen Gegensatz zu Ihren häufigen Aussagen und auch zu den Investitionsentscheidungen pro Bahn steht, bleibt dennoch erstaunlich.

Nicht zuletzt aus Sicht der SteuerzahlerInnen: Dem mit Steuerprivilegien überhäuften Sektor Luftfahrt eine weitere Begünstigung zuschanzen zu wollen, zugleich dem unter dieser unfairen Steuerdumping-Konkurrenz leidenden Bahn-Fernverkehr statt mit Steuer-Fairness mit milliardenschweren Infrastrukturprojekten nachhelfen zu „müssen“, deren Nutzung angesichts von Billigst-Kurzstreckenflügen in den Sternen steht, ist unterm Strich doppelt ineffizienter Umgang mit Steuergeld und Thema für die Gebarungskontrolle/Rechnungshof.

 

In Sachen Steuergeld war das Luftfahrt Symposium 2015 noch in einer weiteren Hinsicht auffällig: Unter den in der Einladung erwähnten Sponsoren des unter anderem von „Photo Shooting“ und „Business Lunch“ komfortabel umrahmten Events scheint neben Luftfahrt- und luftfahrtnahen Unternehmen sowie den beiden Interessenvertretungen WKÖ und IV auch die Austro Control auf.

 

Dies überrascht grundsätzlich nicht, tritt die Austro Control als - nicht selten wortführender - Teil der sog. „Aviation Group“ ganz ungeniert Seite an Seite mit denjenigen Unternehmen auf, die sie unvoreingenommen und frei von Interessenkonflikten zu beaufsichtigen hätte, wofür ihr im Übrigen auch nicht wenig Steuergeld zufließt.

 

Laut „Bundesgesetz über die Austro Control Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ hat diese Gesellschaft jedoch folgende „Aufgaben und Befugnisse“:

„§ 2. (1) Die Austro Control GmbH hat sämtliche dem Bundesamt für Zivilluftfahrt im Luftfahrtgesetz (LFG), BGBl. Nr.253/1957, sowie in den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen und im Flugsicherungsstreckengebührengesetz, BGBl. Nr.137/1986, bisher übertragenen Aufgaben, ausgenommen jene, welche durch Verordnung gemäß § 140b Luftfahrtgesetz übertragen sind, wahrzunehmen. Die Austro Control GmbH hat weiters jene Aufgaben, die ihr durch Bundesgesetze oder auf Grund dieser Bundesgesetze erlassene Verordnungen übertragen worden sind, wahrzunehmen. Für diese Aufgaben besteht Betriebspflicht. Die Austro Control GmbH hat alle organisatorischen Vorkehrungen zu treffen, um diese Aufgaben unter der Aufsicht der staatlichen Behörden erfüllen zu können.

(2) Der Austro Control GmbH obliegt ferner im Rahmen von Weisungen des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr die Mitwirkung an der Vertretung der Republik Österreich bei internationalen Luftfahrtorganisationen, die Unterstützung bei der Vorbereitung und Durchführung von luftfahrtrechtlichen Verwaltungsakten des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr sowie über dessen Anforderung die Erstellung von Gutachten.

(3) Der Bund kann durch entsprechende Aufträge des zuständigen Bundesministers nach Befassung der Geschäftsführung auch andere behördliche Aufgaben, insbesondere für technische Kontrollen, der Austro Control GmbH übertragen. Sofern solche Aufgaben nicht kostendeckend erfüllt werden können, ist eine entsprechende finanzielle Abdeckung durch den beauftragenden Bundesminister vorzusehen.

(4) Unbeschadet der der Austro Control GmbH sonst zugewiesenen Aufgaben wird diese ermächtigt, Dienste und Leistungen, welche im Zusammenhang mit den ihr gemäß Abs. 1 übertragenen Aufgaben stehen, national und international anzubieten und zu erbringen, wenn sie dem Gesellschaftszweck entsprechen und geeignet sind, das Unternehmen zu fördern. Diese Tätigkeiten unterliegen nicht der Gewerbeordnung 1973. Die Austro Control GmbH wird ferner ermächtigt, Unternehmen zu gründen oder Beteiligungen zu erwerben, welche das Unternehmen fördern. Die Erfüllung der in den Abs. 1 bis 3 übertragenen Aufgaben darf dadurch nicht beeinträchtigt werden.

(5) Die Tätigkeit der Austro Control GmbH gemäß Abs. 1 und 2 ist dem öffentlichen Bereich im Sinne des § 4 Datenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 565/1978, zuzurechnen.

(6) Die Austro Control GmbH und die in Abs. 4 genannten Unternehmen dürfen entgeltliche Leistungen des Flugwetterdienstes an Dritte, welche Daten und Produkte der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik enthalten, nach vorheriger Absprache erbringen. Ausgenommen davon sind Leistungen gemäß § 119 lit. d des Luftfahrtgesetzes.

(7) Allfällige spätere organisatorische Maßnahmen im Zuge einer Zusammenlegung der österreichischen Wetterdienste (Flugwetterdienst, Militärwetterdienst, Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik) werden durch diese Zuständigkeit nicht berührt.“

Weder auf Basis von § 2 des Bundesgesetzes über die Austro Control Gesellschaft mit beschränkter Haftung noch auf Basis anderer, im Sinne von § 2 Abs 1 bis 4 durch Bundesgesetze oder auf Grund dieser Bundesgesetze erlassene Verordnungen übertragener oder anderweitig zugewiesenen Aufgaben ist somit das Sponsern von Lobbying-Veranstaltungen der Branche durch die Austro Control gedeckt.

 

In § 9 desselben Gesetzes ist zudem folgende „Richtlinie für die Unternehmensführung“ festgelegt: „Die Geschäftsführung hat im Sinne der Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit der Unternehmensführung entsprechende Maßnahmen zu setzen (…)“ Darüber ist auch dem Minister jährlich zu berichten.

Für eine Bedachtnahme auf die Entwicklung der Luftverkehrswirtschaft, die die Kosten für diese und/oder für die Allgemeinheit erhöht – wie es im Fall entbehrlicher Sponsorings eindeutig der Fall ist -, ist dem Gesetz hingegen keine Deckung zu entnehmen.

 

Auch in der unternehmenseigenen Darstellung der eigenen Aufgaben https://www.austrocontrol.at/unternehmen/profil/organisation/aufgaben

findet die Vorgehensweise beim Luftfahrt Symposium 2015 keine Deckung.

 

Da es seit geraumer Zeit unerledigten Handlungs- und Reformbedarf bei der Kostenentwicklung im Bereich der Austro Control gibt - an die bis heute nicht eingelösten Reformankündigungen Ihrer Amtsvorgängerin aus 2011 und die umfassende Kritik des Rechnungshofs ist zu erinnern -, ist die Freigiebigkeit gegenüber der zu beaufsichtigenden Branche umso fragwürdiger.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Mit welcher Summe bzw gegebenenfalls welcher sonstigen Leistung wurde das Luftfahrt Symposium 2015 von der Austro Control „freundlich unterstützt“?

2)    Auf welcher gesetzlichen Grundlage ist dieses Sponsoring eines Lobbying-Treffens der zu beaufsichtigenden Branche durch die Austro Control konkret gedeckt?

3)    Welche Festlegungen zum Thema Sponsoring der zu beaufsichtigenden Branche a) enthält das aktuelle „Unternehmenskonzept“ der Austro Control, b) enthielten die fünf vorangegangenen „Unternehmenskonzepte“ der Austro Control?

4)    Von wann stammt dieses aktuelle Unternehmenskonzept und wann wurde Ihnen darüber in welcher Weise und auf welchem Weg konkret berichtet?

5)    Welche Maßnahmen hat die Geschäftsführung – wie gesetzlich „im Sinne der Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit der Unternehmensführung“ verpflichtend vorgesehen - im Rahmen a) des aktuellen Unternehmenskonzepts, b) im Rahmen der fünf vorangegangenen Unternehmenskonzepte, c) abseits dieser Konzepte vorgenommen?

6)    Welche Rolle spielte bei den Maßnahmen gemäß Frage 5 a), b) und c) jeweils das Thema Sponsoring?

7)    Gemäß § 9 Abs 1 letzter Satz hat die Austro Control im Sinne der Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit der Unternehmensführung „dem Bundesminister (.) unverzüglich allenfalls notwendige Vorschläge über die Änderung von Rahmenbedingungen der Unternehmenstätigkeit zu erstatten“. Welche Vorschläge hinsichtlich der Eindämmung unnötiger und mit Interessenskonflikten belasteten Sponsorings hat Ihnen bzw. Ihrer Amtsvorgängerin die Unternehmensführung wann seit Beginn 2010 im einzelnen erstattet?

8)    Falls Ihnen keine einschlägigen Vorschläge erstattet wurden, warum nicht?

9)    Falls Ihnen keine einschlägigen Vorschläge erstattet wurden: Haben Sie oder Ihre Amtsvorgängerin bzw. Ihre VertreterInnen solche Vorschlage a) selbst artikuliert, b) eingemahnt? Falls nein warum nicht?

10) Werden Sie – nicht zuletzt im Interesse der SteuerzahlerInnen und im Einklang mit dem Bundesgesetz über die Austro Control Gesellschaft mit beschränkter Haftung für ein Ende der Sponsorings der Luftfahrt-Branche durch die Austro Control sorgen?

11) Halten Sie die vielfache öffentliche Selbststilisierung der Austro Control als Teil der „Aviation Group“ für vereinbar mit der Aufgabe der Austro Control als beaufsichtigende und kontrollierende Behörde für andere Teile dieser „Group“? Wenn ja, auf welcher konkreten Basis können Sie Interessenskonflikte ausschließen?

12) Die einseitige Positionierung der Austro Control zugunsten weitgehender Freiheiten der Luftfahrtunternehmen auf Kosten zB der Fluglärmbetroffenen ist ein klarer Ausdruck eines Interessenskonflikts. Falls Sie dies anders sehen – warum im einzelnen?

13) Warum setzen Sie sich trotz der äußerst weitreichenden Steuerprivilegien der Luftfahrt dennoch für weitere Zugeständnisse an die Luftfahrt ein, konkret beim Luftfahrt Symposium 2015 für eine erneute Senkung der Flugticketabgabe, die eine winzige Teil-Kompensation für die zahlreichen anderen Steuerbefreiungen ist?

14) Die - abgesehen von der bei Kurzstrecken in Europa allerdings nur wenige Euro betragenden Flugticketabgabe - bestehenden Steuerprivilegien (großzügigste Grundsteuerbefreiung für Flughäfen, über die international bindenden Vorgaben hinaus steuerfreier Treibstoff, mehrwertsteuerfreie internationale Flugtickets, keine Kosten für CO2-Ausstoß) verschaffen der Luftfahrt einen mehrfachen direkten geldwerten Konkurrenzvorteil gegenüber dem weitaus umwelt- und klimaschonenderen Schienenfernverkehr, der dennoch eine weniger weitgehende Grundsteuerbefreiung der Bahnhöfe und keinerlei Steuerbefreiung bei Traktionsenergie oder Tickets genießt. Eine weitere Senkung der Flugticketabgabe würde diese Schieflage zu Gunsten der Luftfahrt und zu Lasten der Bahn weiter versteilen. Warum vertreten Sie dennoch eine derartige, direkt gegen die Interessen des Bahnverkehrs, der Bahn und der Bahn-MitarbeiterInnen gerichtete Position?

15) Halten Sie es für einen effizienten Einsatz von Steuergeld, einerseits die Luftfahrt mit Steuerprivilegien zu überhäufen und auch noch deren Ausweitung zu verlangen, und andererseits die dadurch bedingten Konkurrenznachteile des Bahn-Fernverkehrs statt durch weniger Steuerprivilegien für die Luftfahrt durch sehr kostspielige Infrastruktur-Großprojekte bei der Bahn verringern zu wollen, deren Nutzung allerdings angesichts der Schieflage zwischen Flugticketpreisen und Bahnticket-Preisen in den Sternen steht?

16) Welche Initiativen für eine gerechtere Besteuerung der Luftfahrt insbesondere im Vergleich zum Schienenverkehr sind von Ihnen a) im Rahmen der Budgetverhandlungen für 2016/17, b) darüber hinaus zu erwarten?

17) Falls Sie keine Initiativen setzen wollen – warum nicht?