6506/J XXV. GP

Eingelangt am 22.09.2015
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Gesundheit

betreffend „Primary Health Care“-Gesetz

 

 

Primärversorgung: Ärzte drohen mit Vertragskündigung

Im Konflikt über die geplanten Primärversorgungseinrichtungen im Gesundheitsbereich greift die Ärztekammer zu ihrer schärfsten Waffe. Sollte das zugrunde liegende „Primary Health Care“-Gesetz wie geplant beschlossen werden, will man österreichweit die Gesamtverträge mit den Gebietskrankenkassen kündigen. Das gab der Vizepräsident der Ärztekammer, Johannes Steinhart, gestern Abend vor Journalisten bekannt.

Die Folge wäre ein vertragsloser Zustand im ganzen Land. Patienten müssten dann überall für die Behandlung beim niedergelassenen Allgemeinmediziner oder Facharzt bar bezahlen und könnten sich nur einen Teil davon bei der Kasse zurückholen. In diesem Ausmaß wäre das ein absolutes Novum.

Einstimmiger Beschluss

Einen entsprechenden Empfehlungsbeschluss hat am Samstag die Bundeskurie niedergelassene Ärzte gefasst, und zwar einstimmig, berichtete Steinhart. Die Länderkammern werden darin aufgerufen, die notwendigen Vorbereitungen für die Kündigung der Verträge zu treffen. Noch sei man aber verhandlungsbereit, so der Vizepräsident und Obmann der Bundeskurie.

Kritik an Einzelverträgen

Die Ärzte kritisieren, dass im Papier des Gesundheitsministeriums nun vorgesehen sei, dass Primärversorgungsverträge als Einzelverträge zwischen Sozialversicherung und den Zentren abgeschlossen würden. Von einer Zustimmung der Ärztekammer sei nicht mehr die Rede, was aus ihrer Sicht die Aushebelung des Gesamtvertrags bedeute.

Das gilt aus Kammersicht auch für eine weitere geplante Regelung: Bei Nichterreichen eines Gesamtvertrags bzw. Eintreten eines vertragslosen Zustands soll die Sozialversicherung Sondereinzelverträge abschließen können. Die Ärzte argumentieren, dass diese Punkte vergangenes Jahr bereits wegverhandelt wurden. Allerdings sollen die finalen Verhandlungen erst starten.


Dass sich die Ärzte mit einer Gesamtvertragskündigung auch selbst schädigen könnten, stellte Kammerjurist Thomas Holzgruber in Abrede. Von rund 5.500 niedergelassenen Ärzten in Wien hätten nur noch 1.800 einen Vertrag mit der Gebietskrankenkasse.

 

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Gesundheit folgende

 

ANFRAGE

 

  1. Welcher genaue Verhandlungsstand besteht zwischen dem Gesundheitsministerium und der Ärztekammer zum liegende „Primary Health Care“-Gesetz?
  2. Warum möchte das Gesundheitsministerium das „Primary Health Care“-Gesetz gegen die Interessen der Ärztekammer durchpeitschen?
  3. Was bedeutet ein vertragsloser Zustand zwischen den Ärzten und den Sozialversicherungen für die Gesundheitsversorgung und die Patienten?
  4. Warum bietet man den „Primary Health Care“-Zentren Sonder-Einzelverträge an und den Ärzten einen Gesamtvertrag?
  5. Warum haben lediglich 1.800 niedergelassene Ärzte in Wien einen  Vertrag mit der Gebietskrankenkasse?
  6. Wie hat sich Vertragsanzahl zwischen Ärzten und den Gebietskrankenkassen bundesweit und in den einzelnen Bundesländern und Bezirken seit 2007 entwickelt?