6527/J XXV. GP

Eingelangt am 23.09.2015
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Marcus Franz,

Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Gesundheit

betreffend Hepatitis B und Hepatitis C-Erkrankung und -Therapie

Bis zu 45.000 Österreicherinnen und Österreicher - so die Schätzung des BMG - leiden an Hepatitis C, jener meldepflichtigen Entzündung der Leber, die durch eine parenterale Infektion mit dem Hepatitis C-Virus (HCV) ausgelöst wird und für die es derzeit keinen Impfstoff gibt. Die Hepatitis B (Hepatitis B-Virus, HBV) wird auf eine Prävalenz von 0,5% - 2,5% geschätzt. Gegen die Hepatitis B gibt es allerdings eine Impfung.

Als Standardtherapie für die Hepatitis C wird derzeit eine Kombination aus Interferonalpha zur Immunabwehr sowie Ribavirin zur Vermehrungshemmung verordnet. Diese Therapie dauert je nach Virustyp, der im Blut vorhandenen Virusmenge und dem Ansprechen, zwischen drei und 18 Monaten. Eine Prozedur mit grippeähnlichen Nebenwirkungen, Haarausfall und psychotischen Veränderungen, die jedoch in mehr als 40% der Fälle ohne Wirkung bleibt.

Europaweit neuartige Therapieoptionen mit Protease-Inhibitoren lassen jedoch ein besseres virologisches Ansprechen (über 95%), eine kürzere Therapiedauer (3 Monate), wenige Nebenwirkungen und auch eine Heilungschance für jene Patienten erhoffen, denen die derzeit verfügbare Therapie nicht helfen kann.

Dank dieser neuen Therapieansätze gibt es nicht nur Hoffnung auf eine Heilung, sondern auch auf wesentliche Einsparungen bei den Gesundheitsausgaben: Die Heilung einer HCV Infektion in einem möglichst frühen Stadium würde jedenfalls dazu beitragen, den wachsenden Bedarf für weiterführende Therapien und kontinuierliche medikamentöse Behandlungen massiv einzudämmen. Einziges Manko: Die Kostenübernahme fällt je nach Krankenkasse zu unterschiedlichen Therapiezeitpunkten und in unterschiedlicher Höhe aus.

Abseits von detaillierten Untersuchungen und einem Leberkrebs-Screening alle sechs Monate, müssen Patienten mit einer HCV-induzierten Zirrhose schließlich mit einer Lebertransplantation rechnen - ein Eingriff, der im Schnitt etwa EUR 130.000 kostet und mit einer lebenslangen medikamentösen Behandlung einhergeht. Hinzu kommt, dass die Anzahl verfügbarer Lebertransplantate begrenzt ist. In Europa befinden sich 30.000 Menschen auf der Warteliste für ein Transplantat, jährlich werden aber nur 12.000 Transplantationen durchgeführt. Gleichzeitig ist das Risiko einer neuerlichen Transplantation einige Jahre später extrem hoch.

Eine Rückkehr ins Berufsleben findet nach Ausbruch der Krankheit meist nicht oder nur sehr beeinträchtigt statt. Neben Belastungen für das österreichische Gesundheits- bzw. Arbeitsmarktsystem führen Abwesenheitszeiten für Arztbesuche einer zu einem merkbaren Produktivitätsverlust.

Eine 2014 verabschiedete Hepatitis-Resolution der WHO sieht eine Empfehlung zur Implementierung von Strategien gegen Virus-Hepatitis vor. Österreichs nationale Strategie gegen die Virus-Hepatitis hinkt jedoch etwas nach, wird doch derzeit in erster Linie auf Prävention abgezielt und dies auch nur für Hepatitis A und B.

Seit August 2015 können die neuen HepC-Medikamente nicht erst ab Fibrosegrad 3 sondern bereits ab Fibrosegrad 2 für Rechnung der Krankenversicherung verordnet werden.

(Hinweis: Diese Anfrage basiert auch auf bereits veröffentlichten Anregungen und Empfehlungen der dafür prädestinierten medizinischen Fachgesellschaft unseres Landes: nämlich der Österreichischen Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie (ÖGGH). Deren Empfehlungen sind einzusehen unter www.oeggh.at. Ebenso gab es Inputs seitens der Firma AbbVie)

Zur Erhebung entsprechender Daten stellen die Unterzeichneten Abgeordneten daher an die Bundesministerin für Gesundheit folgende

Anfrage:

1.    Welche Maßnahmen haben Sie gesetzt, um die Prävalenz für Hepatitis C in Österreich präzise berechnen und belegen zu können?

2.    Wenn keine, wann und wie werden die notwendigen Abfragen durchgeführt werden?

3.    Wie hoch ist nunmehr die genaue Prävalenz für Hepatitis B + C in Österreich (im 10-Jahresvergleich sowie im ersten Halbjahr 2015)?

4.    Welche Schritte hat das BMG bereits gesetzt, die 2014, auch unter österreichischer Beteiligung verabschiedete Empfehlung der WHO zur Implementierung von Strategien gegen Virus-Hepatitis umzusetzen?

5.    Welche Stellen und Einrichtungen wurden in dieser Sache um eine Mitarbeit bzw. Stellungnahme gebeten?

6.    Bis wann ist mit einem Entwurf bzw. einer Implementierung zu rechnen?

7.    Welche Schritte hat das BMG bereits gesetzt, einen österreichweiten Aktionsplan gegen Virus-Hepatitis nach internationalen Vorbildern (wie z.B. Deutschland, Schottland, Frankreich oder Australien) zu erarbeiten und umzusetzen?

8.    Bis wann ist mit einem Entwurf bzw. einer Implementierung zu rechnen?

9.    Welche Initiativen zur Erarbeitung und Unterstützung eines Aktionsplanes auf regionaler Ebene regt an und fördert das BMG?

10. Wie arbeitet hier das BMG mit den Bundesländern zusammen?

11. Welche Initiativen zur Erarbeitung und Unterstützung eines Aktionsplanes auf europäischer Ebene regt an und fördert das BMG?

12. Welchem Zeitplan wird hierbei gefolgt?

13. Wenn nein, warum werden solche europäischen Initiativen nicht auch auf nationaler Ebene vom BMG initiiert?

14. Welche strategischen Überlegungen stellen Sie in Ihrem Ressort an, wie mit Hepatitis C und der Möglichkeit einer vollständigen Ausrottung der Krankheit in Österreich und Europa umgegangen werden kann?

15. Wie werden die rund EUR 4 Millionen verwendet, die künftig im Gesundheitssystem verbleiben könnten, da rund 30 Leber-Transplantationen pro Jahr durch den Einsatz der neuen HCV Medikamente verhindert werden können?

16. Wie rechtfertigen Sie es, dass nur jene HCV-Patientinnen und Patienten eine Therapie erhalten, die den schlechtesten Gesundheitszustand aufweisen?

17. Warum wird Patientinnen und Patienten erst dann eine Behandlung genehmigt, wenn diese von jeglichem gesellschaftlichen Leben und dem Berufsleben ausgeschlossen sind?

18. Weshalb fördert das BMG Therapien nicht sofort nach Auftreten der Erkrankung, sodass die Patientinnen und Patienten noch möglichst lange am Arbeitsprozess teilhaben können und sie und ihre Familien nicht an den gesellschaftlichen Rand gedrängt werden?

19. Welche Änderungen in der Förderung der Krankenbehandlung wird das BMG setzen, angesichts der Tatsache, dass herkömmliche Therapieansätze mit Interferon nur zu rund 40%, neuartige Therapieoptionen mit Protease­Inhibitoren jedoch 95% Heilungserfolg aufweisen?

20. Warum sieht das BMG angesichts jener neuen Optionen in vielen Fällen immer noch eine Therapie für ausreichend und zweckmäßig an, die für die Betroffenen oft über die gesamte Therapiedauer von mindestens 12 Monaten schwere Nebenwirkungen und Co-Morbiditäten bedeutet sowie oft Arbeitslosigkeit bzw- -Unfähigkeit zur Folge hat?

21. Wie setzen Sie sich als zuständige Ministerin - im Zusammenwirken mit den Krankenkassen - für einen Kostenzuschuss bzw. Kostenübernahme im Bereich neuer Medikationen für Hepatitis C-Behandlungen ein?

22. Mit welchen Folgekosten wird bei Einsatz der heute im Einsatz befindlichen Hepatitis C-Medikamenten vs. neuer Medikationen gerechnet?

23. Wie steuern das BMG und die Krankenversicherung Kostensteigerungen bei der Versorgung mit heutigen und mit neuen Medikamenten entgegen?

 

24.  Welche Anpassungen werden bei der Finanzierung der Medikamentenversorgung bis zum Ende der Legislaturperiode vorgenommen?