6636/J XXV. GP

Eingelangt am 28.09.2015
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Weigerstorfer

Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft  

betreffend „MedAustron“

 

 

Das BMWF und das Land Niederösterreich arbeiten daran, MedAustron, ein neuartiges Therapie- und Forschungszentrum zur Krebsbehandlung, in Wiener Neustadt zu errichten. Die dafür vorgesehenen Errichtungskosten betragen laut Businessplan vom Jänner 2010 rd. 186 Mill. EUR, im Worst Case bis zu rd. 223 Mill. EUR, die Finanzierungskosten bis zum Jahr 2046 weitere bis zu rd. 274 Mill. EUR. Die Errichtungskosten sind der Höhe nach nicht limitiert. Sowohl das beträchtliche technische als auch das damit verbundene hohe finanzielle Risiko der Errichtung und des Betriebs trägt das Land Niederösterreich.

 

An der Uni-Klinik in Marburg (D) ist um mehr als 100 Millionen Euro ein Zentrum für innovative Krebstherapie aufgebaut worden - doch die Ionenstrahl-Kanone, Kernstück der Anlage, wird nicht für Behandlungen genutzt. Zu teuer, sagt der Betreiber. Die Techniker mussten inzwischen eingestehen, den Mund zu voll genommen zu haben. Der Einstellung des feinen, energiereichen Strahls auf verschiedene Wirkungstiefen beim Patienten ist weitaus komplizierter und zeitraubender als die Techniker dachten.

 

Das Universitätsklinikum Kiel (D) musste inzwischen eingestehen, dass die Realisierung der Partikeltherapie unmöglich geworden ist. Das Projekt des Nordeuropäischen Radioonkologischen Centrums Kiel sollte eines von vier Partikeltherapiezentren in Deutschland werden. Die Anlage war auch bereits weitgehend fertig und ein erster Probebetrieb im Oktober 2011 war erfolgreich, doch wurde im Verlauf der Entwicklungsarbeit festgestellt, dass man bei der wirtschaftlichen Umsetzung dieser Technologie in der Breitenversorgung zu ambitioniert war.

 

Auch der Rechnungshof beschäftigte sich bereits in den Jahren 2009 und 2011 mit MedAustron. Im Jahr 2014 veröffentlichte er eine Follow-Up-Überprüfung und hob folgenden Empfehlungen hervor:

 

„(1) Das Land Niederösterreich und die EBG MedAustron GmbH sollten spätestens mit Inbetriebnahme von MedAustron für eine Aufnahme der Funktionsgeräte in die Kapazitätsplanungsmatrix des Österreichischen Strukturplans Gesundheit durch eine entsprechende Meldung an die Bundesgesundheitsagentur im BMG Sorge tragen. (TZ 4)

 

(2)  Zur Erhöhung der Planungssicherheit wäre die Höhe des Behandlungskostenzuschusses gemäß § 131b Abs. 2 ASVG umgehend zu ermitteln und festzusetzen. (TZ 8)“


Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an den Herrn Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft nachstehende

 

 

Anfrage

 

1)    Sind Ihnen die Rechnungshofberichte und Empfehlungen des Rechnungshofes bekannt?

 

2)    Wie lautet die Meinung Ihres Ressorts zu MedAustron generell?

 

3)    Haben Sie vor, dafür zu sorgen, dass die Funktionsgeräte in die Kapazitätsplanungsmatrix des Österreichischen Strukturplans Gesundheit aufgenommen werden, wenn ja, zu welchem Zeitpunkt, wenn nein, warum nicht?

 

4)    Haben Sie vor dafür Sorge zu tragen, dass die Höhe des Behandlungskostenzuschusses gemäß § 131b Abs. 2 ASVG ermittelt und festgesetzt wird, wenn ja, wann, wenn nein, warum nicht?

 

5)    Ist Ihnen die aktuelle Bedarfs- und Machbarkeitsstudie über MedAustron bekannt, wenn ja, was ist der Inhalt derselben?

 

6)    Ist Ihnen bekannt, ob bei diesen Studien darauf Bedacht genommen wurde, dass seit der Planung von MedAustron in Europa weitere derartige Anlagen errichtet werden und, wenn ja, inwieweit wurde das bei der Bedarfsstudie berücksichtigt?

 

7)    Wissen Sie, ob es Mengengerüste über die zu behandelnden Krebsarten gibt und was ist gegebenenfalls der Inhalt dieser Mengengerüste?

 

8)    Wissen Sie, ob bei MedAustron nach wie vor die Behandlung von Prostata-Krebs in Österreich beabsichtigt ist, obwohl man in den USA von der Behandlung von Prostata-Krebs mit der bei MedAustron angewandten Methode wieder absieht, da bei dieser Methode keine Vorteile gegenüber der klassischen Behandlung erkennbar sind?

 

9)    Sind Ihnen Studien bekannt, die aufzeigen, dass die bei MedAustron angewandte Methode wirksamer ist als die klassische Behandlung und gegebenenfalls bei welchen Krebsarten?

 

10) Wissen Sie, ob für die Kinder, die bei MedAustron behandelt werden sollen, auch bald entsprechende infrastrukturelle Einrichtungen zur Verfügung stehen, sodass sich die Kinder dort – so weit wie möglich – wohl und geborgen fühlen und nicht traumatisiert werden? Welche Einrichtungen mit geschultem Kinderpersonal stehen wo gegebenenfalls zur Verfügung?

 

11) Wissen Sie, warum MedAustron nicht in universitäre Einrichtungen eingebunden wurde, sodass wissenschaftliche Forschung auf hohem Niveau effizient betrieben werden kann?

 

12) Gibt es Verhandlungsergebnisse mit dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger, in welcher Höhe und für welche Krebsarten die Sozialversicherung Behandlungskosten übernimmt und gegebenenfalls in welcher Höhe, zumal noch heuer mit den Behandlungen bei MedAustron begonnen werden soll?

 

13) Wissen Sie, welche Kosten auf den Steuerzahler durch die Errichtung und den Betrieb von MedAustron insgesamt zukommen?