6709/J XXV. GP

Eingelangt am 08.10.2015
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Anfrage

 

der Abgeordneten Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Intransparente Vergabeplattformen

BEGRÜNDUNG

 

Laut dem Bundesvergabegesetz 2006 werden die Bekanntmachungsmechanismen des Bundes und der Länder hinsichtlich ihrer öffentlichen Ausschreibungen über entsprechende Verordnungen erlassen. Dementsprechend existieren 10 Verordnungen, in welchen die unterschiedlichen „offiziellen“ Publikationsmedien verortet werden müssen. Die Publikationsmedienverordnung des Bundes bestimmt, dass die Wiener Zeitung GmbH im Vollziehungsbereich des Bundes für diese Publikationstätigkeit verantwortlich ist, wobei laut §1, Abs.2, Ziffer 5 der Publikationsmedienverordnung: „der Zugang zu den Online-Ausgaben des Amtlichen Lieferungsanzeigers frei, kostenlos und vollständig sowie grundsätzlich jederzeit und sofort möglich ist“. Die Wiener Zeitung verwendet hierfür die Bezeichnungen „lieferanzeiger.at“ (für ausschreibende Stellen) und „auftrag.at“ (für Auftragnehmer bzw. Auftragswerber).

Diese Regelung soll eine transparente und vollständige Zurverfügungstellung von Ausschreibungen ermöglichen, zumindest in Kombination mit einem offenen Vergabeverfahren sollte daher jedem interessierten Unternehmen in Österreich der Abruf der Ausschreibungsunterlagen zu einem potentiellen öffentlichen Auftrag möglich sein.

In der Realität allerdings zeichnen sich zahlreiche Hürden ab, die dem ursprünglichen Gedanken des Gesetzgebers, für einen direkten, raschen und transparenten Zugang zu Ausschreibungsverfahren zu sorgen, zuwiderlaufen.

Interessiert man sich beispielsweise für eine bestimmte Ausschreibung der BBG (der Bundesbeschaffungsagentur des Bundes), so muss man sich durch einige Schritte hindurchkämpfen, um an die eigentlichen Ausschreibungsunterlagen (nicht) sofort heranzukommen:


1.    Ruft man den gewünschten Auftrag über die BBG Website auf wird man von der BBG Seite an "auftrag.at" weitergeleitet.

2.    Dort erfährt man, dass eine Ansicht nur mit Registrierung möglich – wobei vordergründig bzw. auf der „Produktseite“ nur Bezahlprodukte sichtbar sind – ab 33 Euro pro Monat (!). Nur im Kleingedruckten der einzelnen Aufträge existiert eine Verlinkung zur „Gratis Registrierung“ (mit welcher man aber z.B. keine Komfort- oder Profisuche durchführen kann – dafür wird man wiederum gebeten, ein kostenpflichtiges Abo zu kaufen).

3.    Dringt man nach einer erfolgten Registrierung zur gewünschten Ausschreibung durch, erfährt man: „Um eine Ausschreibungsunterlage elektronisch zu beziehen muss in diesem Verfahren die ausschreibende Stelle XYZ vertreten durch die Bundesbeschaffung GmbH dem Download zustimmen.“ Anmerkung: Dieser Test wurde mit einer Ausschreibung im OFFENEN Vergabeverfahren durchgeführt.

4.    Nach dem Beantragen erfährt man hernach innerhalb einer nicht definierten Frist, ob man dem Download würdig ist oder nicht.

5.    Erhält man die Berechtigung, ist schlussendlich ein Download der Ausschreibungsunterlagen möglich.

Dieser Prozess erscheint eher einer Intransparenz dienlich als einem für alle Beteiligten dienenden Ausschreibungsverfahren. Fast scheint es, als dass man versucht hat, alle Möglichkeiten der Verhinderung von möglichst zahlreichen Bietern auszuschöpfen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Auf welcher rechtlichen Basis wird die Entscheidung zur Übermittlung von Ausschreibungsunterlagen (und der Art der Übermittlung) der BBG bzw. dem ausschreibenden Träger öffentlichen Rechts überlassen?

2)    Warum sind Vergabeunterlagen in den gesetzlich definierten „offenen“ Verfahren nicht öffentlich zugänglich?

3)    Wann und auf welchem Wege ist vorgesehen, in den offenen Vergabeverfahren alle für interessierte Unternehmen die relevanten Unterlagen direkt und öffentlich (daher z.B. nach einmaliger Registrierung aber ohne zeitaufwendiger Einzelfallprüfung) zur Verfügung zu stellen?

4)    Mit welcher Begründung sind wichtige Funktionen auf der laut Publikationsmedienverordnung offiziellen Vergabeplattform der Republik (via auftrag.at der Wiener Zeitung) nur kostenpflichtig verwendbar (z.B. Suchfunktionen)?