6750/J XXV. GP

Eingelangt am 09.10.2015
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Anfrage

 

der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Berivan Aslan, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres

betreffend Beitrag Österreichs zur Umsetzung von UNSCR 1325, insbesondere bzgl. Präventionsmaßnahmen gegen Gewalt an Frauen in Flüchtlingslagern im Nahen Osten

BEGRÜNDUNG

 

Österreich hat im Jahr 2000 die UN-Sicherheitsratsresolution 1325 unterzeichnet und sich damit zu einem umfassenden Gewaltschutz von Frauen und Kindern in bewaffneten Konflikten und Friedensinitiativen bekannt. 2007 erfolgte erstmals die Implementierung der Resolution in österreichisches Recht in Form eines Nationalen Aktionsplans (NAP), der Aktionen auf nationalem, regionalem und internationalem Level vorsieht. In der überarbeiteten Version des Nationalen Aktionsplans (2012) wird die Stärkung und Partizipation von Frauen in friedensfördernden und konfliktbeilegenden Maßnahmen, insbesondere durch Förderung lokaler Friedensinitiativen von Frauen als vorrangiges Ziel definiert. Auch die „Prävention von gender-spezifischer Gewalt und Schutz der Bedürfnisse und Rechte von Frauen und Mädchen im Rahmen von Friedensoperationen, bei humanitären Einsätzen, sowie in Lagern für Flüchtlinge und Binnenvertriebene“ ist als prioritäres Ziel definiert.

In einer Presseaussendung zum internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen am 25. November 2014 erklärte Außenminister Sebastian Kurz: „Der Einsatz gegen die Gewalt an Frauen und Mädchen ist eine der erklärten Prioritäten der österreichischen Außenpolitik." Diese Aussage verdient es näher betrachtet zu werden, denn eine besonders schutzbedürftige Gruppe von Frauen und Mädchen scheint bisher keine Beachtung gefunden zu haben: In den überfüllten Flüchtlingslagern in den Nachbarländern der syrischen Bürgerkriegsregion kommt es laut Medienberichten und UNO-Hilfsorganisationen zu tagtäglichen Vergewaltigungen, zur Ausbeutung, Verheiratungen und sexueller Belästigung.


Das Onlinemagazin „dieStandard.at“ informierte in einem Artikel im August 2013 über die frauendiskriminierenden Missstände in Flüchtlingscamps rund um Syrien. Der UNHCR zeigte auf, wie Vertriebene durch Gewalt wieder zu Opfer wurden und diese Gewalt betraf in erster Linie Frauen und Kinder: „Rekrutierung als Kindersoldaten, sexueller Missbrauch, Zwangsarbeit: Die syrischen Flüchtlinge sind dem Blutvergießen in ihrer Heimat knapp entkommen, nun drohen ihnen aber nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR in vielen Auffanglagern Gewalt und andere Menschenrechtsverletzungen“[1]

Im Jänner 2014 erschien im Magazin „Der Spiegel“ eine Reportage über verheiratete junge, notleidende Flüchtlingsfrauen
[2]: „Abu Ahmed, 60, ist einer von denen, die diese Notlage der Frauen ausnutzen. Der Saudi-Araber ist für drei Wochen nach Irbid in Nordjordanien gereist. Er hat sich in der Gegend ein wenig umgesehen. Nach ein paar Tagen hat er geheiratet, ein 14-jähriges syrisches Flüchtlingsmädchen“
Die Heirat steht jedoch nur auf dem Papier und hat keinerlei Rechtsgültigkeit, was die Abhängigkeit der jungen Frauen vom alten Ehemann unbeschreiblich groß macht. „Damit eine Ehe in Jordanien Bestand hat, muss sie vor einem islamischen Gericht geschlossen werden. Allerdings lehnen jordanische Religionsgelehrte es ab, minderjährige Mädchen zu verheiraten. Wer eine 14-jährige Syrerin heiraten will, lässt sich also kurzerhand nach Brauchtumsrecht vermählen. Das geht immer. Dafür zahlt der Heiratswillige dem Mädchen einmal rund 2000 jordanische Dinar, knapp 2100 Euro, so die aktuellen Preise. Danach unterschreiben beide die Eheurkunde vor zwei syrischen Trauzeugen, die eine Handvoll Dinar für ihren Aufwand bekommen. Anschließend sind sie Mann und Frau - allerdings nur auf dem Papier.“

Im heurigen Sommer informierte „The Telegraph“ über eine hohe Anzahl von sexueller Gewalt im Flüchtlingslager Zaatari in Jordanien, in dem derzeit über 80.000 SyrerInnen leben[3]: „Although they are safe from the effects of direct conflict, there are high cases of sexual violence and rape in the camp. Girls are often married of very young in order to secure a dowry that will help families buy basic amenities“.


Diese ausgewählten Artikel sollen Hintergrund und Problematik vermitteln, die notwendigen Maßnahmen der internationalen Staatengemeinschaft zur Beendigung dieser frauenspezifischen Gewaltanwendungen und -drohungen bleiben bis dato aus. Die österreichische Regierung hat erst jetzt auf die seit zig Monaten anhaltenden Hilferufe der UN Hilfsorganisationen zur Sicherstellung der Versorgung der Flüchtlinge in den Lagern rund um Syrien mit einer noch nicht eingehaltenen Finanzierungszusage reagiert. Der dringend nötige Einsatz gegen Gewalt an Frauen und Kindern in den Flüchtlingslagern im Nahen Osten scheint jedoch keine Priorität der österreichischen Außenpolitik zu sein.


ANFRAGE

 

1)    Wurden bzw. werden 2015 im Rahmen der Implementierung des im Jänner 2012 neu beschlossenen überarbeiteten Nationalen Aktionsplans zur Umsetzung von Resolution 1325 konkrete Maßnahmen gesetzt, um zur Verbesserung der Sicherheitslage für Frauen und Mädchen in Flüchtlingslagern beizutragen? Wenn ja, welche und wie hoch waren die finanziellen Mittel für diese Maßnahmen? Bitte um genaue Auflistung. Wenn nein, warum nicht?

2)    Wurden 2014 im Rahmen der Implementierung des im Jänner 2012 neu beschlossenen überarbeiteten Nationalen Aktionsplans zur Umsetzung von Resolution 1325 konkrete Maßnahmen gesetzt, um zur Verbesserung der Sicherheitslage für Frauen und Mädchen in Flüchtlingslagern beizutragen?

Wenn ja, welche und wie hoch waren die finanziellen Mittel für diese Maßnahmen? Bitte um genaue Auflistung. Wenn nicht, warum nicht?

3)    Wurden 2013 im Rahmen der Implementierung des im Jänner 2012 neu beschlossenen überarbeiteten Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung von Resolution 1325 konkrete Maßnahmen gesetzt, um zur Verbesserung der Sicherheitslage für Frauen und Mädchen in Flüchtlingslagern beizutragen?

Wenn ja, welche und wie hoch waren die finanziellen Mittel für diese Maßnahmen? Bitte um genaue Auflistung. Wenn nein, warum nicht?

4)    Wurden 2012 im Rahmen der Implementierung des im Jänner 2012 neu beschlossenen überarbeiteten Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung von Resolution 1325 konkrete Maßnahmen gesetzt, um zur Verbesserung der Sicherheitslage für Frauen und Mädchen in Flüchtlingslagern beizutragen?

Wenn ja, welche und wie hoch waren die finanziellen Mittel für diese Maßnahmen? Bitte um genaue Auflistung. Wenn nein, warum nicht?

5)    Laut des sechsten Umsetzungsberichtes des Nationalen Aktionsplans zur Umsetzung von Resolution 1325 von Juli 2015 lag der Anteil der Projekte und Programme, die mit OECD Gendermarker 1 und 2 bewertet wurden, bei 65 Prozent. Beinhaltet eines dieser Projekte oder Programme Hilfsmaßnahmen, die Flüchtlingsfrauen und Flüchtlingskinder vor Gewalt schützen sollen?

6)    Der sechste Umsetzungsbericht des Nationalen Aktionsplans zur Umsetzung von Resolution 1325 erwähnt: „Aufgrund der Entwicklungen in bestimmten Regionen – wie z.B. der syrischen Flüchtlingskrise und der sich latent verschlechternden Sicherheitslage in der Nahost-Region – erwies es sich für die betroffenen österreichischen Botschaften zum Teil deutlich schwieriger als in den vorhergehenden Jahren, mit frauenspezifischen Fragen und Gesichtspunkten sowie entsprechenden Botschaften im öffentlichen Diskurs des Empfangsstaates durchzudringen.“

Welche Maßnahmen sind in Planung bzw. für 2016 geplant, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken und frauenspezifische Fragen, vor allem bezüglich der Notwendigkeit, Frauen und Mädchen vor psychischer, körperlicher und sexueller Gewalt in der Bürgerkriegsregion des Nahen Ostens zu schützen, wieder vermehrt an die relevanten Stellen zu richten?


7)    Wurden außerhalb des Rahmens der Implementierung des Nationalen Aktionsplans zur Umsetzung von Resolution 1325 Projekte und Maßnahmen gefördert, die konkret den Schutz von Frauen und Kindern in den Flüchtlingslagern der erwähnten Krisenregion verbessern? Wenn ja, welche und mit welchem Budget wurden diese ausgestattet? Wenn nein, wieso nicht?



[1] http://derstandard.at/1375625836315/Syrische-Fluechtlingslager-Vertriebene-werden-erneut-zu-Opfern

[2] http://www.spiegel.de/politik/ausland/schutz-ehen-saudis-suchen-syrische-frauen-a-944627.html

[3] http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/middleeast/jordan/11782770/What-is-life-like-inside-the-largest-Syrian-refugee-camp-Zaatari-in-Jordan.html