6774/J XXV. GP

Eingelangt am 14.10.2015
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ANFRAGE

des Abgeordneten Erwin Angerer

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Gesundheit

betreffend medizinische Versorgung von Asylwerbern durch Gemeinden

 

 

Ein aktueller Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zeigt, dass die momentanen Bevölkerungsströme nicht nur Asylwerber bzw. Migranten, sondern „auch die aufnehmenden Länder vor große Herausforderungen“ (WHO v. 09.07.2015) stelle.

 

Seit Anfang 2015 erreichten bis Mitte September ca. 410.000 Menschen Europas Küsten über das Mittelmeer (vgl. UNHCR Report). 7.000 Asylwerber kommen momentan pro Tag in Griechenland an, wovon ein Großteil seinen Weg weiter Richtung Westen fortsetzt. Viele von ihnen werden im Zuge ihrer Durchreise nach Deutschland in Zukunft auch in einer österreichischen Gemeinde untergebracht werden, die auf Grund des neu beschlossenen Durchgriffsrechts zur Aufnahme von Asylwerbern verpflichtet wird. Ungefähr 80.000 werden jedoch bis Jahresende voraussichtlich um Asyl in Österreich angesucht haben und sich somit über einen längeren Zeitraum hinweg in den Gemeindeunterkünften befinden.

 

Das bedeutet nicht nur einen großen verwaltungstechnischen und finanziellen Aufwand für Österreich und für die betroffenen Gemeinden, sondern ist auch mit Fragen der medizinischen Versorgung verbunden. Es ist nach wie vor nicht abzusehen, welche Krankheiten von Asylwerbern nach Österreich eingeschleppt werden und wie wahrscheinlich ein Seuchenausbruch ist.

 

Dennoch gibt es bis dato keine einheitlichen Handlungsrichtlinien oder Empfehlungen für Gemeinden, wie in solchen Fällen gehandelt werden muss. Für Bürgermeister ist die Situation besonders schwierig, da nicht geklärt ist, in welchen gesetzlichen Wirkungsbereich die medizinischer Erstuntersuchung und Versorgung von Asylwerbern fallen. Seitens der zuständigen Behörden bzw. Ministerien wurde bis dato noch nicht kommuniziert, ob Asylwerber, wenn sie einer Gemeinde zugewiesen werden, bereits voruntersucht sind oder nicht. Ebenso gibt es keinerlei Richtlinien, aus denen hervorgeht, wie mit befallenen oder krankheitsverdächtigen Asylwerbern umgegangen werden soll.

 

Neben diesen gesundheitslogistischen Fragen gibt es auch große gesetzliche Lücken hinsichtlich des Einsatzes geeigneter personeller Ressourcen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, das Amtsärzte mit der Aufgabe betraut werden, ankommende Asylwerber und die hygienischen Zustände in den Unterkünften zu untersuchen. Eine diesbezügliche Handlungsempfehlung – vor allem für Regionen, die bereits unter einem Ärzterückgang leiden – ist aktuell noch immer ausständig.

 

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten folgende Anfrage an die Bundesministerin für Gesundheit

 

 

 

Anfrage

 

 

1.    Wie werden betroffene Gemeinden seitens des Gesundheitsministeriums über die medizinische Versorgung von Asylwerbern informiert?

2.    Werden Asylwerber vor ihrer Überführung in eine Gemeindeunterbringung erstuntersucht?

3.    Wenn ja, in welchem Ausmaß und durch wen?

4.    Wenn nein, wer übernimmt diese Aufgabe alternativ?

5.    Wann werden betroffene Gemeinden erstmalig über die notwendigen medizinischen Schritte bei Aufnahme von Asylwerbern informiert?

6.    Welche rechtlichen Bestimmungen sind bei der Beherbergung von Asylwerbern durch Gemeinden zu berücksichtigen?

7.    Gibt es irgendwelche Handlungsempfehlungen oder sonstige Richtlinien, an denen sich Gemeinden bei der Aufnahme von Asylwerbern gesundheitspolizeilich orientieren können?

8.    Wurden Krankheiten bei allen Asylwerbern, die seit Beginn 2015 österreichischen Boden betreten haben, registriert?

9.    Wenn nein, warum nicht?

10. Wenn ja, wie viele Krankheitsfälle gab es?

11. Unter welchen Erkrankungen leiden bzw. litten die Asylwerber?

12. Gibt es Krankheiten bei Asylwerbern, die leicht übertragen werden können?

13. Wenn ja, welche?

14. Sind sämtliche Bestimmungen des Epidemiegesetzes von betroffenen Gemeinden bei der Aufnahme von Asylwerbern zu berücksichtigen?

15. Wie müssen betroffene Gemeinden im Falle eines begründeten Verdachts einer ansteckenden Krankheit bei Asylwerbern gesundheitspolizeilich vorgehen?

16. Was passiert aus gesundheitspolizeilicher Sicht mit privaten Gegenständen, die sich im Besitz von Asylwerbern zum Zeitpunkt ihrer Erkrankung befanden?

17. Müssen die Asylwerber bei einer Beschädigung infolge einer gesundheitspolizeilich notwendigen Desinfektion (§ 29 Epidemiegesetz) entschädigt werden?

18. In welchem Umfang kann eine betroffene Gemeinde in einem solchen Fall zur Schadensersatzleistung herangezogen werden?

19. Wie wird sichergestellt, dass genügend Ärzte für die Untersuchung von Asylwerbern in Gemeinden zur Verfügung stehen?

20. Werden zusätzliche Ärzte für diese Aufgabe herangezogen, oder ausschließlich Amtsärzte eingesetzt?

21. Wenn ja, aus welchen Einrichtungen werden diese Ärzte geholt und wer übernimmt die damit zusammenhängenden (Personal)kosten?

22. Wie hoch schätzen Sie die durchschnittlichen finanziellen Aufwendungen einer Gemeinde für die medizinische Versorgung von Asylwerbern ein?

23. Wie hoch schätzen Sie die durchschnittlichen finanziellen Aufwendungen des Bunds für die medizinische Versorgung von Asylwerbern ein?

24. Welche Stellen (von Bund, Länder, Gemeinden) übernehmen die Kosten für die medizinische Versorgung von Asylwerbern und wie werden diese untereinander (prozentual) verteilt?

25. Soll es im Zuge des Finanzausgleichs bzw. einer Sonderbudgetierung eine entsprechende Abgeltung an die Gemeinden geben?

26. Wenn nein, warum nicht?