6869/J XXV. GP

Eingelangt am 30.10.2015
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Mag. Roman Haider

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Kosten im Rahmen der Flüchtlingskrise

 

 

Die Presse vom 15.10.2015

„Vor den Wiener Wahlen hatte ein angebliches Geheimpapier der Regierung für Aufregung gesorgt, in dem die Kosten der derzeitigen Flüchtlingswelle (ohne Familiennachzug) mit 6,5 Milliarden Euro bis 2020 beziffert wurden. Also im Schnitt rund 1,6 Milliarden pro Jahr. Das Finanzministerium hat diese Zahlen mit den Worten dementiert, man könne das nicht nachvollziehen.

Nach der Budgetrede von Finanzminister Hans Jörg Schelling können wir wiederum dieses Dementi nicht nachvollziehen: Die Gesamtkosten werden wohl eher darüber liegen. Die Rechnung ist recht einfach: Im nächstjährigen Budget sind als Kosten für die Flüchtlingsbetreuung 910 Millionen Euro eingestellt. Davon 565 beim Bund und 345 Millionen als eine Art Stabilitätspakt-Überziehungsrahmen bei den Ländern. Kosten für die Gesundheitsbetreuung sind da noch nicht enthalten. Die 0,3 Prozent des BIPs, die Österreich unter dem Titel „Flüchtlingskosten“ 2016 gern aus dem strukturellen Defizit herausgerechnet hätte, scheinen also realistisch. Das wäre rund eine Milliarde.

Die bezieht sich aber nur auf die durchschnittlich 85.000 Flüchtlinge, die den Budgetzahlen zugrunde liegen. So viele kommen allein heuer. Mindestens. Und die werden zum Jahreswechsel nicht auf wundersame Weise aus der Betreuung verschwinden, sondern bis zum Abschluss des Asylverfahrens in der Grundsicherung bleiben und danach zum überwiegenden Teil zumindest für ein paar Jahre als Asylberechtigte beziehungsweise subsidiär Schutzberechtigte nahtlos in die Mindestsicherung wechseln.

Und der Zustrom wird auch nicht aufhören. Für kommendes Jahr gehen Schätzungen von 130.000 Asylwerbern aus. Zusätzlich. Wir werden also in ungefähr einem Jahr Regierungsaussagen der Art zu hören bekommen, dass es völlig überraschend Mehrausgaben gibt, die keiner voraussehen konnte. Wetten?

Womit wir zur entscheidenden Frage kommen: Wieso versucht man noch immer, das Problem kleinzuspielen? Wieso sagt man nicht, wir haben mit dem Asylrecht internationale Verpflichtungen übernommen, die kosten uns seriöserweise so und so viel und das werden wir so und so bedecken? Und, ganz wichtig: Wir werden diese und jene Maßnahme gegen möglichen Missbrauch dieses Schutzrechts setzen. Schließlich gibt es jetzt fast drei Jahre lang keine Wahl, vor der man sich fürchten müsste.

Vielleicht deshalb, weil man dafür einen Plan brauchte? Zum Beispiel, wie man die Anarchie an den Grenzen wieder beseitigt und zu seriösen Asylverfahren für die wirklich Schutzbedürftigen kommt. Oder: Mit welchen Ausgabenreformen man sich finanziellen Spielraum zur Bewältigung dieses Problems schafft. Diesen Plan gibt es ganz offensichtlich nicht.

Allerdings: Die Regierung kennt die Gesamtkosten der Flüchtlingskrise ohnehin selbst nicht genau. In einer einschlägigen Anfragebeantwortung des Budgetdienstes des Parlaments heißt es, wegen der unterschiedlichen Buchungsmethoden der Gebietskörperschaften gebe es „weder auf Bundesebene noch auf Länderebene einen vollständigen Überblick über die Gesamtleistungen“. Und das ist ein die finanzielle Gesundheit des Staates gefährdender Skandal für sich!“

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten, an den Bundesminister für Finanzen folgende

 

Anfrage

 

1.     In einer Anfragebeantwortung seitens Ihres Ministeriums heißt es, dass es aufgrund der unterschiedlichen Buchungsmethoden der Gebietskörperschaften weder auf Bundesebene noch auf Länderebene einen vollständigen Überblick über die Gesamtleistungen gäbe, und somit die tatsächlichen Gesamtkosten für die Flüchtlingswelle nicht bekannt seien; wie können Sie als Finanzminister basierend auf dieser Aussage seriöse Haushaltsentscheidungen für die nächsten Jahre treffen?

2.     Werden Sie sich seitens Ihres Ministerium für einen besseren Überblick hinsichtlich der voraussichtlichen Gesamtkosten (bezüglich der Flüchtlingswelle) für die Republik Österreich einsetzen?

3.     Wenn ja, wie werden Sie hierbei vorgehen?

4.     Wenn nein, warum nicht?

5.     Wie hoch werden die geschätzten Gesamtkosten für die Flüchtlingswelle (ohne Familiennachzug) in den Jahren 2015-2020 gemäß Ihres Ministeriums ausfallen (Ersucht wird um die Angabe des zu erwartenden Minimal- und Maximalbetrages)?

6.     Wie hoch werden die geschätzten Gesamtkosten für die Flüchtlingswelle (mit Familiennachzug) in den Jahren 2015-2020 gemäß Ihres Ministeriums ausfallen (Ersucht wird um die Angabe des zu erwartenden Minimal- und Maximalbetrages)?

7.     Wie hoch werden die geschätzten Kosten für das österreichische Gesundheitssystem im Rahmen der Flüchtlingswelle in den Jahren 2015-2020 gemäß Ihres Ministeriums ausfallen (Ersucht wird um die Angabe des zu erwartenden Minimal- und Maximalbetrages)?

8.     Erachten Sie Grundsicherung bzw. Mindestsicherung in derzeitiger Form und Höhe für noch lange finanzierbar?

9.     Wenn ja, warum?

10.  Wenn nein, warum nicht und auf welchen Betrag sollte eine Absenkung erfolgen?

11.  Deutschland vollzieht zusehends einen Wechsel von Geld- zu Sachleistungen hinsichtlich der ankommenden Flüchtlingen; sollte sich Österreich ebenfalls an diesem System orientieren und von Geld- auf Sachleistungen umschwenken?

12.  Wenn nein, warum nicht?

13.  Wenn ja, wie werden Sie sich seitens Ihres Ministeriums dafür einsetzen?

14.  Laut Artikel wird für nächstes Jahr von weiteren 130.000 Asylwerbern ausgegangen; wie bereiten Sie sich seitens Ihres Ministeriums auf die daraus resultierenden, bereits jetzt absehbaren Mehrausgaben vor, die im kommenden Jahr auf Österreich zukommen werden?

15.  Wie stehen Sie als Finanzminister zu der Aussage, dass nach wie vor versucht werde, die Kosten für die Flüchtlingswelle kleinzuspielen?

16.  Werden Sie sich als Finanzminister für einheitliche, standardisierte, europäische Versorgungsleistungen für Flüchtlinge starkmachen?

17.  Wenn ja, wie werden Sie hierbei vorgehen?

18.  Wenn nein, warum nicht?