7128/J XXV. GP

Eingelangt am 24.11.2015
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Mag. Roman Haider

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Erbschafts- und Schenkungssteuer

 

 

Orf.at vom 20.11.2015

"Schon ganz am Anfang des Ringens um die Steuerreform war die größtmögliche Schonung für den „kleinen Häuslbauer“ beim Vererben und Verschenken ein großes Politthema. Gemessen daran wurden die Details für die kommenden Änderungen im Steuerrecht reichlich spät bekannt: Erst jetzt kann man als Betroffener ungefähr abschätzen, ob man noch vor Jahreswechsel seine Verhältnisse ordnen sollte.

Am 10. November legte das Finanzministerium den Entwurf zu jener Verordnung vor, die erste Rechnungen für die Eigentümer von Wohnungen, Häusern, Grund und Boden zulässt. Immer noch geht es aber nur um einen Entwurf, dessen Begutachtungsfrist am 1. Dezember endet, der danach eventuell noch überarbeitet wird und frühestens knapp vor Jahreswechsel feststeht. Allein das findet die Rechtsanwaltskammer „unzumutbar für die Bürger“, wie ihr Präsident Rupert Wolff gegenüber ORF.at sagte.

Das „lange Zurückhalten des Berechnungsschlüssels“ ist für Wolff „unverständlich“, hätte doch das Ministerium im Interesse der Betroffenen „zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit schaffen“ müssen. Das Finanzministerium weist diesen Vorwurf gegenüber ORF.at zurück: Die Steuerreform habe „in einem zeitlich sehr begrenzten Rahmen auf die Beine gestellt werden müssen“, zwischen der Einigung auf die Eckpunkte und dem Inkrafttreten seien „nur neun Monate Zeit für die Umsetzung“ geblieben.

Auf das Gerücht, dass die Verordnung schon seit August fertig ist und zur Einschränkung steuerschonender Immobilienübertragungen liegen gelassen wurde, will das Ministerium gar nicht eingehen. Außerdem versteht man dort laut eigener Darstellung die Aufregung nicht: Die Verordnung behandle ja „lediglich“ die „exakte Höhe der Bemessungsgrundlage“. Die Notariatskammer will das nicht so stehen lassen: Der Berechnungsschlüssel sei „ja sogar das Wichtigste“.

Bisher hätten Betroffene nur „vermuten“ können, was sich durch die Steuerreform für sie ändert, stellt Notar und Kammer-Vertreter Markus Kaspar gegenüber ORF.at klar. Erst jetzt könne man sich ein Bild von der „konkreten Ausgestaltung der Steuerbelastung im nächsten Jahr“ machen. Er sieht einige Härten auf Betroffene zukommen, Anwalt Wolff ebenso: In „Einzelfällen“ würden die Betroffenen „nicht in der Lage sein, die Steuer zu bezahlen“ und „Kredit aufnehmen“ müssen.

Ab 2016 wird sich die Besteuerung von Immoübertragungen nicht mehr am Einheitswert bemessen, sondern will dem Marktwert nahe kommen. Neben der Qualität der Bebauung geht es dabei vor allem um die Lage. Das Ministerium hat dazu „Hochrechnungsfaktoren“ für jede Postleitzahl festgelegt. Damit muss man den Basiswert (Grundstücksgröße mal Bodenwert) dann multiplizieren. Wie sich nun nachlesen lässt, geht der Faktor bis in die Verzehnfachung - und darüber hinaus.

Wenn Boden vor längerer Zeit einigermaßen billig erworben wurde, die Einheitswerte niedrig geblieben sind und die Gegend inzwischen aufgewertet wurde, dann kann die neue Steuer richtig ins Geld gehen. Den Spitzenwert der Hochrechnungsfaktoren nimmt etwa Hallwang bei Salzburg mit 12,5 ein. Aber auch in weniger luxuriösen Gegenden können die Steigerungen beträchtlich sein: So hat das Ministerium den Hochrechnungsfaktor für den 21. Wiener Gemeindebezirk bei 7,0 angesetzt.

[…] Für alle, die jetzt schon sicher sind, wer das Haus, den Boden oder die Wohnung „einmal bekommen soll“, könnte sich zumindest ein Beratungsgespräch bei einem Notar oder Anwalt lohnen - wenn sie denn einen Termin bekommen: Kaspar berichtet von „so starkem Andrang, dass es fast nicht mehr machbar ist. Mehrstündige Beratungsgespräche schaffe ich nicht mehr.“ Wolff spricht ebenfalls von „riesigem Andrang“ und Kollegen, die „Sonderschichten schieben“."

 

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten, an den Bundesminister für Finanzen nachfolgende

 

Anfrage

 

 

1.     Was entgegnen Sie als Finanzminister jenen Betroffenen, die sich durch die späte Information hinsichtlich der Details der geplanten Änderungen verraten fühlen, da ihnen nun kaum mehr Zeit bleibt etwaige Verhältnisse bis zum Inkrafttreten der Änderungen zu regeln?

2.     Bereits zu Beginn der Verhandlungen hinsichtlich der neuen Steuerreform, stand die Schonung der „kleinen Häuslbauer“ beim Vererben und Verschenken im Fokus. Sind Sie der Ansicht, dass auf diese im Rahmen der von Ihrem Ministerium vorgelegten Änderungen ausreichend Rücksicht genommen wurde?

3.     Wenn ja, inwiefern?

4.     Wenn nein, warum nicht?

5.     Was entgegnen Sie der Kritik der Rechtsanwaltskammer, die den Zeitraum zwischen den von Ihrem Ministerium vorgelegten Änderungen am 10. November und dem Ende der Begutachtungsfrist (1.Dezember) als "unzumutbar" bezeichnet?

6.     Gemäß dem Präsidenten der Rechtsanwaltskammer Rupert Wolff, hätte das Ministerium im Interesse der Betroffenen, so rasch wie möglich für Klarheit sorgen müssen, dem sei man durch die späte Vorlage jedoch nicht nachgekommen. Wie stehen Sie zu dieser Aussage?

7.     Seit wann ist die Verordnung seitens Ihres Ministeriums fertiggestellt?

8.     Hat Ihr Ministerium die Vorlage bewusst hinausgeschoben, um steuerschonende Immobilienübertragungen noch vor Inkrafttreten der Verordnung zu vermeiden?

9.     Wenn ja, halten Sie Ihr Vorgehen als rechtmäßig?

10.  Sollte es sich nicht um ein "Hinauszögern" gehandelt haben, warum hat die Vorlage so lange gedauert?

11.  Das Argument Ihres Ministeriums, die Verordnung behandle ja „lediglich die exakte Höhe der Bemessungsgrundlage“, wurde von der Notariatskammer scharf kritisiert, da genau der Berechnungsschlüssel der ausschlaggebende Faktor sei. Wie äußern Sie sich hinsichtlich dieser Kritik?

12.  Laut Notar- und Kammervertretern, soll es durch die geplanten Änderungen zu Härtefällen für Betroffene kommen, und gemäß Rechtsanwaltspräsident Wolff besteht die Gefahr, dass Betroffene nicht mehr im Stande sein werden, die Steuer zu bezahlen, und daher Kredite aufnehmen müssen. Wie stehe Sie als Finanzminister zu diesen Aussagen, und liegt eine Kreditaufnahme im Interesse Ihres Ministeriums?

13.  Wenn ja, warum?

14.  Wenn nein, werden Sie dem entgegenwirken und wenn ja, wie?

15.  Halten Sie das in der Verordnung vorgesehene System, gemäß dem Immobilienübertragungen zukünftig nach dem Marktwert, anstatt wie bisher nach dem Einheitswert bemessen werden sollen, für eine für die Betroffenen ökonomisch tragbare Lösung?

16.  Wenn ja, inwiefern?

17.  Wenn nein, wird es zu einer Abschwächung dieser immensen Belastungsform kommen und wenn ja, wie wird diese aussehen?