7176/J XXV. GP

Eingelangt am 25.11.2015
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Petra Bayr und Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend den Nationalen Kontaktpunkt der OECD Leitsätze für multinationale Unternehmen.

Laut der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen soll die Regierung jedes Landes, das sich den Leitsätzen verpflichtet hat, einen Nationalen Kontaktpunkt (NKP) einrichten. Der NKP hat die wirksame Anwendung der OECD Leitsätze voranzubringen und soll unparteiischer Ansprechpartner auf nationaler Ebene bei (behaupteten) Verstößen von international agierenden Unternehmen sein, die ihren Hauptsitz im jeweiligen OECD Land haben.

Österreich hat den überarbeiteten OECD-Leitsätzen entsprechend seinen NKP im März 2012 neu eingerichtet. Dieser ist nach wie vor im Wirtschaftsministerium angesiedelt. Als nachgeordnete Dienststelle eines Ministeriums fehlt dem NKP die notwendige Selbstständigkeit und Unabhängigkeit, um den Wirksamkeitskriterien für außergerichtliche Beschwerdemechanismen der UN Leitlinien für Wirtschaft und Menschenrechte gerecht zu werden. Darüber hinaus ist anzunehmen, dass potentielle Beschwerdeführerinnen den Umstand, dass der NKP in einem Ministerium, das vorrangig Wirtschaftsinteressen zu vertreten hat, angesiedelt ist, als wenig vertrauenswürdig und damit abschreckend interpretieren können.

Auch die effektive Wirksamkeit des NKP ist nicht außer Frage: Bisher wurden lediglich zwei Fälle zur abschließenden Entscheidung gebracht und auf der Homepage des Wirtschaftsministeriums veröffentlicht (siehe

http://www.bmwfw.gv.at/Aussenwirtschaft/investitionspolitik/Seiten/Das- Beschwerdeverfahren-beim-%C3%B6sterreichischen-Nationalen-Kontaktpunkt-(NKP).aspx )

Die bereits erwähnten UN Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (Ruggie Prinzipien) basieren auf drei Säulen:

       Die staatliche Pflicht, Menschenrechte zu schützen

       Die Verantwortung von Unternehmen, die Menschenrechte zu achten

       Der Zugang von Opfern von Rechtsverletzungen durch Unternehmen zu Wiedergutmachung und Entschädigung

In den Ausführungen zu den Leitprinzipien finden sich Kriterien, wie außergerichtliche Beschwerdeverfahren gestaltet sein sollen. Diese können auch auf die Funktionsweise des Nationalen Kontaktpunktes als außergerichtliches Beschwerdeverfahren angewendet werden.

Die UN Kommission für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte hat im Rahmen der Staatenprüfung 2013 Österreich empfohlen, sich einen besseren Überblick über die Aktivitäten österreichischer Unternehmen im Ausland mit besonderem Augenmerk auf negative Effekte auf das Einhalten der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte in den Partnerländern zu verschaffen. Zudem empfiehlt das WSK-Komitee sicherzustellen,

dass einen Beschwerdemechanismus im Falle von Verletzungen der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten im Partnerland, zugänglichen ist, sowie Mechanismen für besseres Monitoring und Einklagbarkeit zu schaffen (E/C.12/AUT/CO/4 Absatz 11 und 12). Der Nationale Kontaktpunkt könnte bei der Erfüllung dieser Empfehlung eine Rolle spielen.

In der G7 MinisterInnenerklärung vom Juni 2015 sprechen sich die Regierungschefinnen für eine Stärkung der Nationalen Kontaktpunkte aus und schlagen Peer Reviews zum Funktionieren der NKP vor. Dabei soll ein gegenseitiges voneinander Lernen in Bezug auf die Arbeitsweise und die Leistungen der NKP ermöglicht werden, was à la longue zu einer Stärkung der Kontaktpunkte führen soll. Die G7 wollen in der Umsetzung vorangehen und die anderen OECD Länder ermutigen, zu folgen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft folgende

Anfrage:

1.    Plant Ihr Ressort den NKP als unabhängige Organisation mit Beteiligung von anderen Ministerien, Gewerkschaften und Zivilgesellschaft einzurichten?

2.    Planen Sie eine Aufstockung der Ressourcen für den NKP?

3.    Wie ist der Lenkungsausschuss des NKP in die Bearbeitung der Fälle eingebunden?

4.    Plant Ihr Ressort dem Lenkungsausschuss (in dem auch ArbeitnehmerInnenvertretungen und Zivilgesellschaft vertreten sind) seinem Namen entsprechend weitere Kompetenz auch in der Bearbeitung von Beschwerden zuzugestehen?

5.    Strebt Ihr Ressort eine Nachbesserung in Fragen der Transparenz und der Informationspflichten auch gegenüber dem Lenkungsausschuss an?

6.    Berechenbarkeit: gibt es ein klares, bekanntes Verfahren mit vorhersehbarem Zeitplan und Regeln für Konsultationen nach dem Beschwerdeverfahren abgewickelt werden?

a.    Wenn ja, ist der Zeitplan allen involvierten Akteurinnen von Anfang des Verfahrens bekannt?

b.    Wenn nein, warum nicht?

7.    Ausgewogenheit: Ist der jeweils aktuelle Stand des Verfahrens für alle Beteiligten zugänglich?

8.    Wie wird die Öffentlichkeit künftig über laufende und abgeschlossene Verfahren informiert?

9.    Welche Mittel werden zur Überwachung der Funktionsweise des NKP eingesetzt?

 

10.  Gibt es Beratungsleistungen für Beschwerdeführerinnen und Geschädigte, um deren Teilnahme am Beschwerdeverfahren zu unterstützen?

11.  Die UN Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte formulieren Richtlinien, wie der Zugang zu wirksamer Abhilfe gestaltet sein soll. „Verfahren zur Bereitstellung von Abhilfe sollen unparteiisch, vor Korruption geschützt und frei von politischen oder sonstigen Versuchen sein, das Ereignis zu beeinflussen.“ (UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, III Zugang zu Abhilfe A. Grundlegendes Prinzip 25, Seite 31) Wie beurteilen Sie den NKP anhand dieser Kriterien?

12.  Wo sehen Sie hinsichtlich des Grundlegenden Prinzips 25 der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (111 Zugang zu Abhilfe A, Seite 31) Verbesserungsbedarf?

13. Die UN Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte führen aus: „Zur Gewährleistung des Zugangs zu Abhilfe gegen Menschenrechtsverletzungen durch Unternehmen obliegt es dem Staat auch, dafür Sorge zu tragen, dass die Öffentlichkeit diese Mechanismen kennt und versteht und dass sie weiß, wie sie darauf zugreifen kann, und dass sie hierzu etwa benötigte finanzielle oder sachverständige Unterstützung erhält.“ Sind Sie der Ansicht, dass der NKP diese Kriterien erfüllt?

a.     Wenn nicht, in welchen Punkten nicht?

b.     Wenn nicht, bei welchen Punkten planen Sie Verbesserungen?

14.  Bekanntheit: Welche Maßnahmen hat Ihr Ressort bisher getroffen, um den NKP insbesondere bei möglichen Opfern von Menschenrechtsverletzungen durch Unternehmen bzw. BeschwerdeführerInnen allgemein bekannt zu machen?

15.  Aus welchen Erwägungsgründen sind die Informationen zum NKP auf der Homepage Ihres Ressorts unter dem Punkt Investitionspolitik zu finden?

16.  Die UN Leitlinien haben Wirksamkeitskriterien für außergerichtliche Beschwerdemechanismen gelistet (UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, III Zugang zu Abhilfe A Grundlegendes Prinzip 30, Seite 38). Beschwerdemechanismen sollen demnach: legitim und zugänglich sein, berechenbar und ausgewogen sein, transparent und rechtlich-kompatibel sowie eine Quelle kontinuierlichen Lernens sein. Ist Ihr Ressort der Ansicht, dass der NKP diese Kriterien erfüllt?

a.      Wenn ja, durch welche Maßnahmen werden die einzelnen Kriterien erfüllt?

b.        Wenn nein, an welchen Stellen planen Sie Verbesserungen bei den einzelnen Kriterien?

17.  Wie konsultiert der NKP die relevanten Stakeholder?

18.  Wie fließen die Inhalte dieser Konsultation konkret in die Arbeit des NKPs ein?

19. Wie stellt Ihr Resort einen ausgewogenen und effektiven Austausch zwischen den Stakeholdern bezüglich der Gestaltung des NKP und seiner Leistungen her?

20. Welche Rolle spielt der NKP nach Einschätzung Ihres Ressorts in der Umsetzung der oben erwähnten Empfehlungen des WSK Komitees (E/C.12/AUT/CO/4 Absatz 11 und 12.)?

21.  Wie wird Ihr Ministerium unabhängig vom NKP den oben erwähnten Empfehlungen des WSK Komitees nachkommen? Bis wann planen Sie welche konkreten Vorschläge für diesbezügliche Gesetzesänderungen vorzulegen?

22.  Wird sich Ihr Ressort bei dem von den G7 vorgeschlagenen Peer Reviews im Rahmen der OECD zum Funktionieren der NKPs aktiv einbringen?

23.  Welches Good Practice Beispiel kann Ihr Ressort bei den geplanten Peer Reviews innerhalb der OECD Staaten aus der Arbeitsweise des NKPs in Österreich mit den anderen OECD Staaten teilen?