7260/J XXV. GP

Eingelangt am 26.11.2015
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Anfrage

 

der Abgeordneten Eva Glawischnig-Piesczek, Alev Korun; Tanja Windbüchler-Souschill, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres

betreffend König Abdullah Zentrum weiterhin Schweigezentrum, während saudischen Gefangenen Auspeitschung bzw. Hinrichtung droht

BEGRÜNDUNG

 

Wie das jüngste saudische Todesurteil für den jungen Demonstranten Ali Mohammed Baqir al-Nimr  zeigt ist und bleibt die Menschenrechtslage in Saudi Arabien verheerend. Er soll hingerichtet und sodann seine Leiche öffentlich auf einem Kreuz zur Schau gestellt werden.

Während Saudi Arabien mitten in Wien mit dem sogenannten „König Abdullah-Zentrum für Interreligiösen und Interkulturellen Dialog“ (KAICIID) vorgibt, einen internationalen „interreligiösen und interkulturellen Dialog“ führen zu wollen, werden im eigenen Land unnachgiebig Andersgläubige verfolgt und –wie im Fall von al-Nimr sogar trotz damaliger Minderjährigkeit – hingerichtet. Aktivisten wie Raif Badawi, der sich öffentlich für religiöse Toleranz aussprach, wurde zu 1000 Peitschenhieben verurteilt und sitzt seit Jahren im Gefängnis. Ebenso sein ehemaliger Anwalt, Waleed Abu Alkhair, weil er ihn verteidigte.

Zu all dem schweigt das „Dialogzentrum“ beharrlich. Nicht zuletzt, weil eines der Gründungsstaaten, Hauptgeldgeber und Namensgeber des Zentrums Saudi Arabien ist. Dies, obwohl es in den obengenannten Fällen zentral um die Frage der interreligiösen Toleranz geht.

Als dieses Verhalten auch bei der österreichischen Bevölkerung und beim Bundeskanzler für berechtigte Empörung führte, legte das Außenministerium letztendlich einen „Evaluierungsbericht“ des KAIICID vor. Dort wurden grundlegende Mängel festgestellt. "Die Erfahrung der letzten zwei Jahre des Bestehens des Zentrums haben deutlich gezeigt, dass seine Struktur und Arbeitsweise sowie seine Kommunikationspolitik Mängel aufweisen. So war es dem Zentrum aufgrund seines beschränkten Mandates bis zuletzt nicht möglich, konkrete Verletzungen der Religions- und Gewissensfreiheit aufzuzeigen und zu verurteilen." Die Konsequenz laut Bericht: "Eine tiefgreifende Reform und Neuaufstellung des Zentrums wäre daher unerlässlich."

Unter weitgehendem Ausschluss der Öffentlichkeit wurde dann ein „Papier“ zwischen den drei Gründerstaaten unterzeichnet. Dies solle dazu beitragen, dass die umstrittene Einrichtung besser arbeitet, ihre Inhalte und Anliegen transparenter kommuniziert sowie neue Mitglieder bekommt, um effizienter wirken zu können, hieß es. Doch selbst die Verhandler von österreichischer Regierungsseite waren skeptisch: "Ob der Plan wirklich umgesetzt wird, das wissen wir nicht. Wir werden es in den nächsten Monaten sehen", sagte ein hochrangiger Diplomat, der in die Gespräche involviert ist, damals zum KURIER. Das Gründungsmandat des KAIICID, das bisher stets als Ausrede für die Nichtstellungnahme des Zentrums zu gravierenden Menschenrechtsverletzungen diente, wurde auch bei dieser „Reform“ nicht verändert.

Dass dieses „Reförmchen“ als gescheitert anzusehen ist, ist klar ersichtlich an der neuerlichen Weigerung des KAIICID zu der Hinrichtung des schiitischen al-Nimr in Saudi Arabien irgendeine Art der Stellung zu nehmen, außer jener Allgemeinplätze, die es bereits gegenüber dem Fall Badawi abgegeben hatte.

Da der Bundeskanzler bereits im Jänner 2015 verdeutlichte, dass mit  der Weigerung, über diese Menschenrechtsverletzungen zu sprechen, das Zentrum seinen vertraglich festgelegten Aufgaben wie Stärkung des Dialogs zwischen den Weltreligionen widerspreche. Dann sei auch ein Ausstieg aus dem Zentrum notwendig, so Faymann.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Welche konkreten Initiativen hat die österreichische Regierung bzw. das Außenministerium in den letzten sechs Monaten ergriffen, um die Freilassung Raif Badawis zu erwirken?

 

2)    Welche konkreten Initiativen hat die österreichische Regierung bzw. das Außenministerium in den letzten sechs Monaten ergriffen, um die Freilassung seines Anwalts, Waleed Abu Alkhair, zu erwirken?

 

3)    Welche konkreten Initiativen hat die österreichische Regierung bzw. das österreichische Außenministerium ergriffen, das Todesurteil Ali Mohammed Baqir al-Nimrs rückgängig zu machen?

 

4)    Was waren die konkreten Ergebnisse bzw. Antworten der saudischen Regierung bzw. des Königs darauf?

 

5)    Was planen Sie in Zukunft zu unternehmen, um sich für diese drei Männer  einzusetzen?

 

6)    Was konkret waren die „Reformen“, die im April 2015 zwischen den Gründungsmitgliedern des KAIICID vereinbart wurden? Bitte um Beifügung des entsprechenden unterzeichneten Papiers. Sollte dies nicht möglich sein, bitte um Aufzählung jedes einzelnen Punktes, der diesbezüglich geändert wurde.

 

7)    Weshalb wurde das „Gründungsmandat“, auf das sich das KAIICID bei seiner Weigerung zur Stellungnahme zum Fall Raif Badawis ausredete, bei der Reform nicht geändert?

 

8)    Im Kurier war zu lesen, dass ebendieses Gründungsmandat „auf einstimmigen Wunsch des KAIICID-Vorstandes“ nicht geändert wurde. In den Gründungsverträgen ist jedoch nur von dem Rat der Vertragsparteien und dem Direktorium die Rede. Wie genau setzt sich der Vorstand des KAIICID zusammen (oder ist damit der Rat gemeint)?

 

9)    Wurde die Nichtänderung des Gründungsmandats tatsächlich von allen Vorstandsmitgliedern beschlossen? Falls ja: Bitte um namentliche Nennung aller Vorstandsmitglieder.  Falls nein: Bitte um namentliche Nennung all jener Vorstandsmitglieder, die diese Abänderung des Gründungsmandats im Hinblick auf die Kommentierung von aktuellen Fällen abgelehnt haben.

 

10) Hat auch ein  österreichischer Vorstand diese Änderung des Mandats abgelehnt? Falls ja, weshalb?

 

11)  Was verspricht sich die österreichische Regierung von einer „Reform“ des KAICIID, die das Hauptproblem –nämlich die Verweigerung der Stellungnahme zu aktuellen Fällen der Verfolgung aus religiösen Gründen - mit Berufung darauf, dass diese Möglichkeit im „Gründungsmandat“ nicht enthalten sei- vollkommen unangetastet lässt?

 

12) Was werden Sie als Außenminister unternehmen, da nun mit dem Fall von Al-Nimr eindeutig wurde, dass die grundlegenden Mängel des Zentrums nicht behoben wurden?

 

13) Falls von Ihrer Seite nichts unternommen werden sollte: Wie wirkt sich die Beteiligung Österreichs an einem internationalen Zentrum, das massive Menschenrechtsverletzungen ihrer eigenen Gründungsmitglieder totschweigt, auf das internationale Ansehen Österreichs aus?

 

14) Ist der KAIICID-Vorstand seit der Unterzeichnung der „Reform“ im April seiner Verpflichtung aus Punkt 17 nachgekommen, nämlich „sich öfter mit Medienvertretern zu treffen“? Falls ja, in welcher Form, mit wem und wie oft? Falls nein, wie werden Sie auf diese offensichtliche Weigerung des KAICID Vorstands, Vereinbarungen nachzukommen reagieren?

 

15) Wann wird eine Evaluierung der „Reform“, und ob diese in irgendeiner Weise einen Effekt auf den problematischen (Nicht-)Umgang des KAICID mit Fällen von Menschenrechtsverletzung hatte, durchgeführt?

 

16) Worin genau besteht die Arbeit des KAICIID, wenn im Rahmen des  jetzigen, engen Mandats lediglich grundsätzliche Erklärungen in Zusammenhang mit Fragen der Menschenrechte und der Religionsfreiheit abgegeben werden dürfen?

 

17) Wenn KAICIID letztendlich weder „einzelne Staaten noch deren nationalstaatliche Entscheidungen repräsentiert und kritisiert“, wie es gegenüber dem Profil bekanntgab, worin liegt dann die Relevanz seiner Arbeit?

 

18) Heißt dies, dass das KAIICID keine Menschenrechtsverletzung, die interreligiösen Dialog bzw. Religionsfreiheit betreffen, jemals behandeln darf, da diese ja stets von Staaten begangen werden?

 

19) Wenn Staaten nicht als Gegenstand des interreligiösen und interkulturellen Dialogs vom Zentrum behandelt werden, zwischen wem soll dieser Dialog im Zentrum dann künftig stattfinden?

 

20) Martin Weiss, Sprecher des österreichischen Außenministeriums, beschreibt die offizielle Position zum König-Abdullah-Zentrum derzeit so: "Das Zentrum ist in einer Phase der Neuaufstellung, vieles ist bereits passiert. Wir beobachten sehr genau, was dort gemacht wird.“ Was haben Ihre genauen Beobachtungen bisher ergeben?