7297/J XXV. GP

Eingelangt am 02.12.2015
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Anfrage

 

der Abgeordneten Peter Pilz, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Inneres

betreffend Schutz vor Terroristenwaffen

BEGRÜNDUNG

 

Eine der größten Herausforderungen im Bereich der inneren Sicherheit ist der Kampf gegen Terrorismus, egal ob mit islamistischem oder rechtsextremem Hintergrund.

Viele der Terroranschläge der letzten Jahre wurden mit Hilfe von halbautomatischen Waffen (zb „Kalaschnikow“ AK47) begangen. Auch der rechtsextreme Attentäter Anders Breivik verwendete für seinen Massenmord in Norwegen im Jahr 2011 eine halbautomatische Ruger Mini 14, die er legal erworben hatte[1].

Vergleichbare Waffen werden auch in Österreich produziert und verkauft. Während vollautomatische Waffen, die Dauerfeuer ermöglichen, durchgängig als Kriegsmaterial eingestuft sind, gibt es bei halbautomatischen Waffen eine bedenklich große Zahl an Ausnahmen, die einen Verkauf auch an Privatpersonen ermöglichen.

§ 1 Z 1 lit a der Verordnung der Bundesregierung vom 22. November 1977 betreffend Kriegsmaterial (BGBl. Nr. 624/1977) bestimmt, dass „halbautomatische Karabiner und Gewehre, ausgenommen Jagd- und Sportwaffen“ Kriegsmaterial sind. 

Während halbautomatische Kalaschnikows auf dem österreichischen Markt nicht zugelassen sind, können potentielle Terroristen in heimischen Waffengeschäften vergleichbare Waffen völlig legal erwerben. Für die Opfer macht es keinen Unterschied, ob sie mit einer Kalaschnikow oder einem AUG angegriffen werden.

So wurde in der Zeit der schwarz-blauen Bundesregierung eine Reihe von halbautomatischen Schusswaffen als Kategorie B und somit nicht als Kriegsmaterial eingestuft, von denen man dies nicht erwarten würde und die keineswegs als „Jagd- und Sportwaffen“ erscheinen (vgl. die Anfragebeantwortung 3599/AB XXII. GP):


Steyr-Mannlicher AUG-Z, das „Zivilmodell“ des Sturmgewehr 77 des österreichischen Bundesheeres[2]:

 

https://www.steyr-mannlicher.com/fileadmin/_processed_/csm_Sturmgewehr-STEYR-AUG-Z-oliv_03f285bc05.png

 

SG 550, das „Zivilmodell“ der Standardwaffe der Schweizer Armee[3].

SG_550_PE_90_Assault_Rifle

Mauser PPS / Kal .22lr[4]:

Mitchell's PPS50 22 Rimfire Rifle

 

FRANCHI SPAS 12 Kal 12/70[5]:

Franchi SPAS-12 Shotgun.JPG

 


Oberland Arms OA 15[6] :

 

Durch die Einstufung als „Sportwaffen“ können diese Waffen von jedermann mit einer Waffenbesitzkarte ganz legal gekauft und besessen werden. Die Preise bewegen sich dabei zwischen einigen hundert bis zu rund 3000 Euro. Für 94 Euro Aufpreis bieten Waffenhändler etwa zum AUG-Z Magazine mit 42 Schuss an. Mit einer einzigen Waffenbesitzkarte kann sich ein potentieller Terrorist mit zwei halbautomatischen Sturmgewehren mit 84 Schuss in den Magazinen ganz legal bewaffnen.

Die Unterschiede zu den militärischen Modellen lassen sich dabei oft nur durch komplexe Sachverständigengutachten belegen.

Von vornherein nicht als Kriegsmaterial eingestuft werden hochpräzise Scharfschützengewehre, die ohne Halbautomatik auskommen und manuell repetiert werden. Aufsehen erregt hat hier erst kürzlich die Neugründung einer Waffenfabrik in Feistritz/Kärnten, in der solche Präzisionswaffen als „Sportgewehre“ mit einer Reichweite bis zu 3000m hergestellt werden[7]:

...


 

Doch auch Steyr-Mannlicher hat solche Präzisionswaffen als „Sportwaffen“ im Angebot wie etwa das SSG 08[8], das in Kooperation mit österreichischen Sondereinheiten entwickelt wurde

https://www.steyr-mannlicher.com/fileadmin/_processed_/csm_STEYR-SSG08-bipod_f974679e01.png

und das Elite 08:

https://www.steyr-mannlicher.com/fileadmin/_processed_/csm_Sportgewehr-STEYR-Elite-08_2fce82db85.png

 

Bemerkenswert bei solchen Scharfschützen- „Sportwaffen“ ist, dass es in Österreich gar keine privaten Schießstände gibt, auf denen die Reichweiten dieser Waffen tatsächlich ausgenutzt werden könnten.

Obwohl bei militärischen Ausführungen fallweise größere Kaliber mit größerer Durchschlagskraft zur Überwindung von Panzerungen zum Einsatz kommen sind für zivile Opfer von Terroranschlägen auch kleinere Kaliber bereits tödlich.

Die EU-Kommission hat als Reaktion auf die jüngsten Anschläge in Paris angekündigt, den Verkauf von bestimmten halbautomatischen Waffen sowie von Bestandteilen an Private in Zukunft verhindern zu wollen. Diese höchst sinnvolle Maßnahme sollte von Österreich voll unterstützt und national möglichst bereits vorab umgesetzt werden. Das ist möglich, da Art 3 der Richtlinie 91/477/EWG idf RL 2008/51/EG ausdrücklich strengere nationale Vorschriften zulässt. Dabei sollten ab sofort auch Scharfschützengewehre als Kriegsmaterial eingestuft werden. Die bereits aus dem Jahr 1977 stammende Kriegsmaterial-Verordnung muss daher dringend überarbeitet werden. Die pauschale Ausnahme für „Jagd- und Sportwaffen“ muss gestrichen oder zumindest näher präzisiert und eingeschränkt werden.

Auch in Österreich muss jetzt entschieden werden, wie leicht potentiellen Terroristen der Zugang zu ihren Lieblingswaffen gemacht wird. Dabei gilt ein Grundsatz: Die Sicherheit der eigenen Bevölkerung ist wichtiger als die Waffenfreiheit einer Minderheit.

Bedenklich stimmt, dass die Innenministerin zwar Grundrechte, aber nicht den Zugang zu möglichen Terroristenwaffen einschränken will.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende


ANFRAGE

 

1)    Ist es möglich, sich wie in Norwegen auch in Österreich halbautomatische Gewehre für Anschläge wie jene des Anders Breivik legal zu beschaffen?

2)    Falls ja: Weshalb können dann solche Gewehre nach wie vor legal erworben werden?

3)    Welche Kriterien sind nach derzeitigem Recht dafür ausschlaggebend, ob ein halbautomatisches Gewehr bzw. Karabiner als Kriegsmaterial unter Kategorie A des Waffengesetzes oder als „Jagd- und Sportwaffe“ nach der Kriegsmaterial-Verordnung unter Kategorie B fällt und damit legal erworben werden kann?

4)    Welche halbautomatischen Gewehre sind derzeit in Österreich in Kategorie B eingestuft und können legal erworben werden?

5)    Wie viele dieser Waffen befinden sich derzeit in Österreich in privatem Besitz?

6)    Welche halbautomatischen Gewehre sind derzeit in Österreich als Kategorie A eingestuft und können nur mit Ausnahmegenehmigung erworben werden?

7)    Wie viele aufrechte Ausnahmegenehmigungen zum Besitz von Kategorie A Waffen bestehen derzeit?

8)    Welchem jagdlichen oder sportlichen Zweck dienen zum Beispiel das „zivile“ Steyr-Mannlicher AUG-Z (als Variante des Sturmgewehrs StG 77 des Bundesheers) oder das „zivile“ SG 550 (als Variante des Sturmgewehrs der Schweizer Armee)?

9)    Sind Ihnen Sportveranstaltungen bekannt, bei denen mit solchen Sturmgewehren geschossen wird und  falls ja welche?

10) Welche Kriterien sind nach derzeitigem Recht dafür ausschlaggebend, ob ein nicht halbautomatisches Scharfschützengewehr als Kriegsmaterial unter Kategorie A des Waffengesetzes fällt?

11) Welche Scharfschützengewehre sind derzeit in Österreich in Kategorie B eingestuft und können legal erworben werden?

12) Welchem jagdlichen oder sportlichen Zweck dienen „zivile“ Scharfschützengewehre wie zB das Steyr-Mannlicher SSG 08, das Steyr-Mannlicher Elite 08 oder auch die von der neuen Firma FMF Tactical in Kärnten hergestellten Präzisionsgewehre?

13) Wie lange ist die höchste Schusslänge bei einem privaten Schießstand in Österreich?

14)  Warum schützen Sie Waffenhändler statt Grundrechte?

 



[1] http://www.krone.at/Welt/So_bereitete_Anders_Breivik_das_Utoeya-Massaker_vor-1.500-Seiten-Manifest-Story-273947

[2] https://www.steyr-mannlicher.com/produkte/sportwaffen/augz/

[3] http://www.swissarms.ch/de/SG_550_PE_90_Assault_Rifle.html

[4] http://www.mauser.org/pps-50-22/

[5] https://de.wikipedia.org/wiki/SPAS-12

[6] http://www.oberlandarms.com/produkte-infos-rifles-oa15bl-de-artnr=25-OA+15+Black+Label+A4+Kal+223+Rem+Selbstladebuechsen+Rifles.html#produkte

[7] http://www.fmf-tactical.com/

[8] https://www.steyr-mannlicher.com/produkte/sportwaffen/ssg08/