7320/J XXV. GP

Eingelangt am 09.12.2015
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Anfrage

 

der Abgeordneten Petra Bayr und GenossInnen

an den Bundesminister für Justiz betreffend Anklage der Staatsanwaltschaft wegen Einhalten der Safer Sex Regeln.

Das Oberlandesgericht Wien hat im August diesen Jahres entschieden, dass die Staatsanwaltschaften die Befolgung der staatlich propagierten Safer Sex Regeln (Geschlechtsverkehr mit Kondom, Oralverkehr ohne Ejakulation) anklagen dürfen (OLG Wien 13.08.2015, 14 R 111/15v). Damit drohen (weitere) Anklagen für Safer

Sex.

Das Rechtskomitee LAMBDA (RKL) fordert eine sofortige gesetzliche Klarstellung, dass die Einhaltung der Verhaltensvorgaben der Gesundheitsbehörden nicht strafbar ist.

2012 musste ein Mann vor dem Strafrichter stehen, weil er die von der Republik und den staatlich finanzierten Aids-Hilfen propagierten Safer Sex Regeln eingehalten hat.

Die Anklage lautete auf „Oralverkehr ohne Ejakulation“ (!), exakt das, was seit Jahrzehnten als Safer Sex propagiert wird.

Die Anklage gründete auf § 178 Strafgesetzbuch („Vorsätzliche Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten“), nach dem durch zwei Jahrzehnte hindurch sogar Personen (zumeist Frauen) verurteilt worden sind, die Geschlechtsverkehr mit Kondom hatten.

1997 hat der Oberste Gerichtshof in einer Entscheidung klargestellt, dass Geschlechtsverkehr mit Kondom den Safer Sex Regeln entspricht und nicht strafbar ist (OGH 25.11.1997, 11 Os 171/97). Und 2003 bedurfte es eines mehrjährigen Wiederaufnahmeverfahrens bis das Oberlandesgericht Graz die Verurteilung eines Mannes für Oralsex ohne Ejakulation aufgehoben hat (Kärntner Oralsexfall: http://www.rklambda.at/archiv/news safersex.htm). Dennoch hat das OLG-Wien dieses Jahr mit der eingangs angeführten Entscheidung Anklagen trotz Befolgung der Safer Sex Regeln für vertretbar erachtet.

Bereits 2001 hat der damalige Sozialminister Herbert Haupt festgestellt, dass „die strafrechtliche Verfolgung und Verurteilung HIV-positiver Menschen für sexuelle Kontakte mit HIV-negativen Menschen trotz Befolgung der Verhaltensempfehlungen der Gesundheitsbehörden und der Aids-Hilfen dem Anliegen einer effektiven HIV- und Aids Prävention zuwiderlaufen“ (2313/AB XXI.GP, 05.06.2001).

Dennoch werden HIV-positive Menschen immer wieder von den Staatsanwaltschaften trotz der Befolgung der Safer-Sex-Regeln angeklagt.

 

 

Die Unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Justiz folgende

Anfrage:

1.    Teilen Sie die Ansicht, dass die strafrechtliche Verfolgung und Verurteilung HIV- positiver Menschen für sexuelle Kontakte mit HIV-negativen Menschen trotz Befolgung der Verhaltensempfehlungen der Gesundheitsbehörden und der Aids- Hilfen dem Anliegen einer effektiven HIV- und Aids Prävention zuwiderlaufen?

a. Wenn nein: warum nicht?

2.    Wie werden Sie sicherstellen, dass solche Anklagen ab sofort hintangehalten werden? Welche konkreten Maßnahmen werden Sie wann setzen?

3.    Werden Sie zeitnah eine gesetzliche Klarstellung vorschlagen, dass die Einhaltung der Verhaltensvorgaben der Gesundheitsbehörden und der Aids-Hilfen nicht strafbar ist?

a. Wenn nein: warum nicht?