7448/J XXV. GP

Eingelangt am 11.12.2015
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Georg Willi, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend Abgasskandal und Marktüberwachung

 

Im deutschen Printmedium „Wirtschaftswoche“ war in der Ausgabe vom 25.11.2015 folgendes zu lesen:

 

„Die EU-Kommission war nach Informationen der WirtschaftsWoche seit dem Jahr 2012 über illegale Software-Manipulationen von Autokonzernen informiert. Der frühere EU-Kommissar Antonio Tajani traf sich demnach am 4. Juli 2012 in einem Straßburger Büro der EU-Kommission mit dem Manager eines Autozulieferers. Dieser erklärte Tajani, dass eine Software automatisch erkenne, wenn sich ein Auto im Zulassungstest befinde und manipuliere dann die Emissionswerte. Wenn die Kommission gegen diese raffinierten Betrügereien nicht vorginge, so warnte er Tajani, „diskreditiert das die gesamten Bemühungen der EU, den Straßenverkehr weniger umwelt- und gesundheitsschädlich zu machen“. An dem einstündigen Treffen nahmen insgesamt sechs Personen teil, darunter insgesamt vier Vertreter der EU-Kommission.

 

In einem Brief an Tajani, der der WirtschaftsWoche vorliegt, beschrieb der Manager vor dem Treffen exakt jene Betrugsmethode, wie sie bei VW zur Manipulation von Stickoxid-Werten zum Einsatz kam. Darin hieß es: „Moderne Technologie bietet viele Wege, um Zulassungstests zu manipulieren. Etwa durch Verwendung spezieller Software-Routinen, die den Start eines Homologationszyklus erkennen. Nur dann funktionierten die Autos korrekt.“ Später auf der Straße jedoch funktioniere die Technik ganz bewusst nur noch eingeschränkt. Die Kommission müsse der Industrie dringend ein klares Signal geben, dass solche Tricksereien nicht toleriert würden.

 

Tajani schrieb als Reaktion auf das Treffen einen Brief an die Verkehrsminister der EU-Mitgliedsstaaten. Ihm sei klar geworden, dass die Marktüberwachung im Bereich der Autoindustrie verbessert werden müsste, schrieb Tajani in dem Brief, der der WirtschaftsWoche vorliegt. Der Kommissar beließ es bei dieser allgemeinen Darstellung, den möglichen Betrug bei Zulassungsverfahren erwähnte er nicht. Tajani bat die Minister, Maßnahmen zur Marktüberwachung zu ergreifen und ihn über ihre Pläne auf dem Laufenden zu halten.

 

EU-Industriekommissarin Elżbieta Bieńkowska hatte im Oktober 2015 dem Parlament berichtet, dass die Kommission erst 2014 von Abgasmanipulationen erfahren habe. Eine Sprecherin der Kommission teilte der WirtschaftsWoche mit, der Kommission sei die Gefahr von Softwaremanipulationen schon länger bekannt gewesen, allerdings habe sie vor dem Auffliegen des VW-Skandals keine Hinweise auf konkrete Fälle gehabt.“

 

Spätestens mit dieser Enthüllung ist die bisherige Verteidigungslinie der EU-Kommission, dass sie vor dem Auffliegen des VW-Betrugs von nichts gewusst hätte, als Unwahrheit enttarnt, was die auf Betreiben der Grünen laufenden Aktivitäten in Richtung Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im Europaparlament zum Abgasskandal weiter befeuert hat.

Abgesehen davon steht aber damit auch einmal mehr die Frage im Raum, wieso auf Ebene der Mitgliedsstaaten trotz diverser medialer und – siehe das Tajani-Schreiben – förmlicher Hinweise nicht mehr geschehen ist. Denn von zweckdienlichen oder sonstigen Aktivitäten in Reaktion auf das erwähnte Schreiben von EU-Kommissar Tajani an die damalige österreichische Verkehrsministerin und nunmehrige Nationalratspräsidentin Doris Bures ist nichts bekannt.

Schon die Geheimhaltung eventueller Aktivitäten ist aber letztlich als einseitige Dienstleistung im Interesse der Autoindustrie und Autolobby zu bewerten, umso mehr gälte dies für ein womögliches Unterlassen von Aktivitäten.

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Von wann datiert das im zitierten „Wirtschaftswoche“-Artikel vom 25.11.2015 erwähnte Schreiben des damaligen EU-Kommissars Antonio Tajani an Ihre Amtsvorgängerin?

2)    Wann ist dieses Schreiben bei Ihrer Amtsvorgängerin eingelangt?

3)    Wie ist der Wortlaut dieses Schreibens? Wir ersuchen um Beilage des Schreibens in Kopie.

4)    In seinem Schreiben soll EU-Kommissar Tajani - vor dem Hintergrund eines Treffens mit dem Managers eines Autozulieferers, der ihn auf die Machenschaften hinwies, die mittlerweile durch den vom VW-Konzern eingestandenen Abgasbetrug belegt und breit öffentlich bekannt sind – die Minister ersucht haben, Maßnahmen zur Marktüberwachung im Bereich der Autoindustrie zu ergreifen, da diese verbessert werden müsse. Er hat dabei offenkundig nicht explizit auf den ihm zugetragenen Betrug bei Typgenehmigungsverfahren Bezug genommen, sodass es auch nicht zulässig gewesen wäre, von Mitgliedsstaats-Seite die erbetenen „Maßnahmen“ auf diesen Bereich einzuschränken.

a)    Hat Ihre Amtsvorgängerin bzw. Ihr Ressort in Reaktion auf dieses Schreiben von EU-Kommissar Tajani Maßnahmen gesetzt?

b)    Wenn ja, welche Maßnahmen waren dies konkret, wann wurden diese Maßnahmen jeweils im Einzelnen konkret gesetzt und was war jeweils das Ergebnis dieser Maßnahmen?

c)    Wenn nein, warum hat Ihre Amtsvorgängerin bzw. Ihr Ressort in Reaktion auf dieses Schreiben von EU-Kommissar Tajani keine Maßnahmen gesetzt?

5)    In seinem Schreiben soll EU-Kommissar Tajani Ihre Amtsvorgängerin so wie ihre AmtskollegInnen der anderen Mitgliedstaaten weiters darum ersucht haben, ihn über ihre Pläne bzw. Maßnahmen auf dem Laufenden zu halten.

a)    Hat Ihre Amtsvorgängerin bzw Ihr Ressort im Sinne dieses Ersuchen des EU-Kommissars entsprechend an ihn bzw seine AmtsnachfolgerInnen bzw. AmtskollegInnen in der EU-Kommission geantwortet, um ihn „auf dem Laufenden“ zu halten?

b)    Wenn ja, wann, wie oft, und welchen Inhalt hatte(n) die Antwort(en)? Wir ersuchen um Beilage der entsprechenden Schriftstücke Ihres Hauses in Kopie.

c)    Wenn nein – warum nicht?