7541/J XXV. GP

Eingelangt am 21.12.2015
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Anfrage

 

der Abgeordneten Georg Willi, Matthias Köchl, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Inneres

betreffend Radarstrafe für Blaulicht-Notfalleinsatz eines Arztes in Villach

 

Am 5.12.2015 war in der Kärnten-Ausgabe der Kleinen Zeitung folgender Vorfall und Vorgang dokumentiert:

 

„Arzt wird für Notfalleinsatz bestraft

Ein Villacher Mediziner wurde auf dem Weg zu einem Todkranken in einer 30er-Zone mit 65 km/h geblitzt. Nun soll er 132 Euro bezahlen oder einen Tag und 23 Stunden in Haft gehen.

Den 3. April 2015 hat sich der Villacher Allgemeinmediziner Anton Pruntsch rot im Kalender angestrichen. Kurz nach 20 Uhr bekam der Mediziner per SMS vom Roten Kreuz den Alarm, dringend zu einem Patienten auszurücken. Pfleger des Mannes hatten über die Notrufnummer 141 Hilfe angefordert. Ein Arzt möge kommen und ihrem schwerstkranken Klienten ein Schmerzmittel verabreichen.

Pruntsch hatte Bereitschaftsdienst, stieg in sein Auto und fuhr mit Blaulicht los. In einer 30er-Zone wurde er von einem stationären Radargerät mit 65 Stundenkilometern geblitzt. Der Arzt verabreichte dem Patienten das Mittel. Fünf Stunden später war der Mann tot.

Am 25. November bekam Anton Pruntsch Post von der Polizeiinspektion Villach-Trattengasse. Darin wurde ihm wegen der Geschwindigkeitsüberschreitung eine Straferkenntnis zugestellt. Mit der Aufforderung, 132 Euro zu bezahlen oder einen Tag und 23 Stunden in Haft zu gehen. „In der Begründung heißt es, dass die Verwendung von Blaulicht und Folgetonhorn nur bei ‚lebensrettenden Einsätzen‘ gestattet ist“, schildert Pruntsch. „Wie herzlos müssen Behörden oder deren Mitarbeiter sein, um mich zu strafen, weil der todkranke Patient verstorben ist“, fragt Pruntsch. In der Kärntner Ärztezeitung hat er den Fall publik gemacht.

Rein rechtlich sei die Strafe berechtigt, heißt es aus Polizeikreisen. Und der Arzt könne ja Einspruch erheben. Darauf will Anton Pruntsch verzichten. „Es geht nicht um die 132 Euro. Vielmehr will ich aufzeigen, dass die uneingeschränkte Bereitschaft zur Hilfe oft mit nicht ganz nachvollziehbaren Hürden gepflastert ist.“

 

Die behördliche Vorgangsweise und Argumentation lassen einerseits tief blicken, andererseits lassen sie auch viele Fragen offen.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Auf welcher konkreten rechtlichen Grundlage halten (vgl. den in der Begründung zitierten Medienbericht) „Polizeikreise“ diese Strafe unter diesen Umständen für „rein rechtlich … berechtigt“?

2)    Woher soll ein Arzt am Weg zu einem Notfall bei einem schwerstkranken Patienten im Vorhinein im Einzelnen und abschließend wissen, ob es sich um einen „lebensrettenden“ Einsatz handeln wird oder nicht?

3)    Macht es für die Beurteilung des in Frage 2 angesprochenen Sachverhalts einen Unterschied, ob ein Patient nach einem entsprechend motivierten Einsatz überlebt oder trotzdem stirbt? Wenn ja: Welche Fristen sind in diesem Zusammenhang von wem im Einzelnen festgelegt?

4)    § 26 der StVO spricht unmissverständlich von der „Fahrt zum Ort der dringenden Hilfeleistung“ als Beispiel für „Gefahr im Verzuge“, die zur Verwendung des Blaulichts legitimiere; ebenso spricht § 20 Abs 5 KFG von der „Leistung dringlicher ärztlicher Hilfe“. Aufgrund welcher Tatsachen oder Einschätzungen wird im vorliegenden Fall davon ausgegangen, dass es sich nicht um eine derartige „dringende“ bzw. „dringliche“ ärztliche Hilfeleistung gehandelt habe?

5)    In welcher Hinsicht ist die im gegenständlichen Anlassfall relevante Bewilligung nach § 20 Abs 5 KFG im Sinne von Abs 6 desselben KFG-Paragraphen beschränkt oder mit Auflagen versehen?

6)    Liegt dazu eine Verordnung auf Grundlage von § 20 Abs 6 KFG vor? Wenn ja, welchen Inhalt hat diese? Wenn nein, warum nicht?

7)    Wie erklären Sie den Verweis der bereits in Frage 1 zitierten „Polizeikreise“, dass der betroffene Arzt ja Einspruch gegen das Straferkenntnis erheben könne, im Hinblick auf die von dieser Bundesregierung und vom kleineren Regierungspartner angeblich so hoch gereihte Verwaltungskosteneinsparung und Effizienz im behördlichen Bereich?