7561/J XXV. GP
Eingelangt am 21.12.2015
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möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres
betreffend Aufträge an Pfeiffer Medien
Das Zentrum für Angewandte Spieleforschung an der Donau-Universität Krems hat die Website www.unsere-werte.at und ein Informationsheft[1] erstellt. Als Ziel der Website wird definiert, sie (die Website) „will wissen, wie wir unser Zusammenleben am besten gestalten können“. Wie nun eine Website (!) etwas „wissen will“, sei dahingestellt.
Zusätzlich findet sich der Hinweis: „Dieses Projekt wird vom Staatssekretariat für Integration gefördert.“ Auf der Website des Zentrums für Angewandte Spieleforschung wird als Projektziel genannt, „mit dem Staatssekretariat für Integration [werden] Überlegungen angestellt wie medienpädagogische und spielerische Ansätze zu einem schöneren Miteinander führen können (www.unsere-werte.at)“[2].
Die auf
www.unsere-werte.at präsentierten „Lehrmaterialien“ umfassen
insgesamt sechs PDF-Files, die wohl von Schulen entwickelte, knapp gehaltene
Projektbeschreibungen beinhalten. Die Materialien können aus fachlicher
Sicht weder als innovativ bezeichnet werden noch als tatsächlich
brauchbare Unterlagen, die anderen Lehrenden als Unterrichtsvorbereitung dienen
könnten. Teile davon, wie jene, die ausschließlich auf einem Belohnungs-/Bestrafungs-
und Wettbewerbssystem zur Disziplinierung von SchülerInnen fußen,
sind aus pädagogischer Sicht zumindest umstritten, was deren nachhaltig
positive Wirkung betrifft.
Die Website ist einige Jahre alt und scheint seit geraumer Zeit nicht mehr
aktualisiert worden zu sein. Der dort ausgeschriebene SchülerInnenwettbewerb[3] ist 2013 abgelaufen. Es gibt keinerlei
Hinweise auf eine Fortführung oder nachhaltige Auswertung. Zudem sind die
Texte auf der Site sehr fehlerhaft, was im Zusammenhang einer für
SchülerInnen geplanten Unterlage doch problematisch erscheint.
Die sehr knapp gehaltene Arbeitsaufgabe lautete: „Schreibe einen kreativen Beitrag zu unseren Werten und gewinne tolle Sach- und Erlebnispreise.“ Außer einer Auflistung von verschiedenen Medien, die zur Verwendung kommen können, sind keinerlei weitere didaktische Hinweise zu finden. Die eingereichten Beiträge stammen insgesamt von sieben Schulen, von denen sechs den ersten Preis in diversen Kategorien erhielten. Es ist anzunehmen, dass dies die Gesamtzahl aller Einreichungen darstellt, was für einen bundesweit ausgeschriebenen Wettbewerb ein äußerst mäßiger Rücklauf ist.
Als Projektpartner werden angegeben[4]:
Mag. Alexander Pfeiffer, MA (Projektleitung)
Dr. Nikolaus König (Workshopleitung)
Mag. Thomas Wernbacher, MA (Schulbegleitung)
zusätzlich wurde mit folgenden Subvertragsnehmern zusammengearbeitet:
Mag. Julia Wolkerstorfer (Text)
Manuel Ihl (Web)
Martin Reitschmied, BSc (Grafik, Print)
Auf dem ebenfalls vom Integrationsministerium initiierten webbasierten Projekt „Mein Sprachportal“ werden „Doodle-Clips“ („Lerngeschichten“) zum Erlernen der deutschen Sprache angeboten[5]. Eine Testversion läuft auf dem Server der Firma Picapipe GMbH[6], die 2015 gegründet wurde und an der ebenfalls Alexander Pfeiffer beteiligt ist. Als Geschäftsführer fungieren Manuel Ihl, Thomas Wernbacher und Alexander Pfeiffer. Zusammen mit Martin Reitschmied bilden diese auch das Team vom „Verein der Freunde des multimedialen Lernens“[7], die – siehe oben! – auch am Projekt „unserewerte.at“ beteiligt waren.
Derzeit[8] sind am Sprachportal fünf Kapitel zum Thema „Mobilität“ zu finden, weitere drei Module werden angekündigt. ExpertInnen für Methodik/Didaktik des Unterrichts aus Deutsch als Zweitsprache beurteilen auf Nachfrage die Qualität der Tools als Etikettenschwindel:
Die Übungen werden als „Spielendes Lernen mit interaktiven Videos“ bezeichnet. Zumindest im ersten Modul „Verkehr“ ist kein Spiel zu erkennen, und die Videos sind auch nicht interaktiv. Es ist ausschließlich möglich, die Clips anzusehen und auf „Pause“ zu klicken. Wäre dies alleine schon „interaktiv“, könnten mit gleichem Recht alte Kassettenabspielgeräte als „interaktiv“ bezeichnet werden. Multiple Choice-Aufgaben oder Einsetzübungen sind simple, einfach zu programmierende Grammatik-Übungen, aber sicher kein Spiel. Die einzigen spieletheoretischen Elemente sind die Anzeige, wie viele Prozent des Kapitels bereits bearbeitet wurden und die zehn Sterne, die man zu Beginn bekommt. Aus motivationspsychologischer Sicht ist allerdings auch das schlecht gelöst, da man Punkte verliert, wenn man etwas falsch macht, aber nichts bekommt, wenn die Aufgabe richtig gelöst wird. Das hier zur Anwendung gebrachte Konzept entspricht dem in den 1950er-Jahren von Burrhus Frederic Skinner entwickelten Ansatz des „programmierten Lernens“ mithilfe der so genannten „Lernmaschine“, die freilich ganz ohne Computer funktionierte. Methodisch gesehen, sind es langweilige Grammatik- und Wortschatzübungen, die sehr unstrukturiert und willkürlich ohne eine auch nur irgendwie erkennbare Progression aufeinander folgen. Hier scheinen Personen am Werk gewesen zu sein, die über keinerlei Expertise zum Fremdsprachenlernen verfügen und auch ihr Wissen über Spiele nicht umsetzen konnten. Eine völlig kostenlose und in mancher Hinsicht praktikablere Alternative wäre das Einstellen derselben Übungen auf dem Portal „Learning Apps“[9] gewesen, das auch die Möglichkeit des Einbindens der Übungen auf einer anderen Website bietet.
Die beiden hier erwähnten Projekte „unsere-Werte.at“ und die „Doodle Clips“ weisen somit ein gemeinsames Merkmal auf, nämlich das der Unprofessionalität. Bedenklich erscheint, dass bei keinem der hier angeführten Projekte klar ist, wer hier nun tatsächlich Auftragnehmer/in war, denn aus den zur Verfügung stehenden Informationen ist keine Trennlinie zwischen der privaten Firma „Pfeiffer Medien, Image- und Wissenstransfer“, der Firma Picapipe und dem Zentrum für Angewandte Spieleforschung der Donau-Universität Krems zu erkennen.
Der Projektleiter führt auf seiner persönlichen Website www.alexpfeiffer.at weitere Projekte an, die „Pfeiffer und sein Team“ für den Integrationsbereich durchgeführt haben:
„Integration-macht-schule.at (ÖIF): Interaktive Unterrichtszenarien zum Thema Migration und Integration werden ab 15. Mai für alle Schultypen als auch für den Kindergarten freigeschalten [sic!].“
„Gigi und Buba (Integrationsscheck): Forschung im Bereich der Medienwahrnehmung von Vorschulkindern. Erstellung der 3D Animationen und Forschungsdurchführung: http://youtu.be/JBB0nYLy9OY“
Weiters sind von Pfeiffer bereits vorangegangene Projekte angegeben, die in einem Zusammenhang mit der ÖVP Wien bzw. der JVP Wien durchgeführt wurden: „Ideen für Wien“[10] oder „Agenda Wien – Open Space am Strand“[11]. Als dafür verantwortlich zeichnet die Firma „Pfeiffer Medien, Image- und Wissenstransfer“.
Auf einer Archiv-Seite führt Pfeiffer Medien zahlreiche weitere für die ÖVP oder Teilorganisationen der ÖVP durchgeführte Projekte an:
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
1) Nach welchen Kriterien wurde das Projekt unsere-werte.at an „Alexander Pfeiffer und sein Team“ vergeben?
2)
Wurde das Projekt
ausgeschrieben?
Falls nein: warum nicht?
Falls ja: Gab es Angebote von anderen Firmen? Falls ja: von welchen Firmen?
3) Wie hoch sind die Gesamtkosten, die für dieses Projekt angefallen sind?
4)
Wer fungierte für
dieses Projekt konkret als AuftraggeberIn, wer als AuftragnehmerIn?
5)
Wie hoch sind die Kosten,
die seitens des Auftragsnehmers/der AuftragnehmerInnen in Rechnung gestellt
wurden? (Bitte im Falle von mehreren AuftragnehmerInnen um eine Auflistung!)
6)
Wie viele Einreichungen
von wie vielen Schulen gab es für den Wettbewerb?
7)
Für die
Workshopleitung wird Dr. Nikolaus König angegeben. Aufgrund welcher
Qualifikation wurde Dr. König als Workshopleiter bestellt?
8)
Welche Schulworkshops
wurden in welchem Zeitraum durchgeführt? (Bitte um Angabe aller Schulen.)
9)
Wie hoch waren die Kosten
für die Workshops?
10)
Für die
„Schulbegleitung“ wird Herr Mag. Thomas Wernbacher angegeben. Was
waren seine konkreten Aufgaben und Tätigkeiten?
11)
Nach welchen Kriterien
erfolgte die Auswahl des „Lehrmaterials“
(http://www.unsere-werte.at/lehrmaterial.html)?
12)
Welche
Qualitätsmerkmale weisen diese Materialien auf, um als
„Lehrmaterial“ (und nicht als Wettbewerbsergebnisse) qualifiziert
werden zu können?
13)
Worin genau liegt etwa der
Wert der als Lehrmaterial gekennzeichneten „Stundentafel
NMS_Deutsch“
(http://www.unsere-werte.at/lehrmaterial.html?file=files/upload/lehrmaterial/Stundentafel_NMS_Deutsch.pdf),
der eine Platzierung auf dieser Seite rechtfertigen würde?
14)
Wurden die zur
Verfügung gestellten „Lehrmaterialien“ irgendeiner
inhaltlichen/pädagogischen Prüfung unterzogen?
Falls ja: Wer hat geprüft?
Falls nein: Warum nicht?
15) Gab es vor dem Launch der Seite eine Kontrolle im
Hinblick auf Tipp-, Rechtschreib- und Grammatikfehler?
Falls ja: Wie ist es möglich, dass die Textteile der Site voll mit Fehlern
sind?
Falls nein: warum nicht?
16) Wie viele unique visits (Zugriffe verschiedener
IP-Adressen) weist die Website www.unsere-werte.at seit Bestehen auf?
17) Wie viele hits (Seitenaufrufe) weist die Website
www.unsere-werte.at seit Bestehen auf?
18) Wie hoch ist die Absprungrate der Website
www.unsere-werte.at?
19)
Nach welchen Kriterien
wurde das Projekt „Doodle Clips“ an „Alexander Pfeiffer und
sein Team“ vergeben?
20)
Wurde das Projekt
ausgeschrieben?
Falls nein: warum nicht?
Falls ja: Gab es Angebote von anderen Firmen? Falls ja: von welchen Firmen?
21)
Wie hoch sind die Gesamtkosten,
die bisher für dieses Projekt angefallen sind? Wie hoch sind die Kosten,
die für die noch verbleibenden Module anfallen werden?
22)
Wer fungierte für
dieses Projekt konkret als AuftraggeberIn, wer als AuftragnehmerIn?
23)
Wie hoch sind die Kosten, die
seitens des Auftragsnehmers/der AuftragnehmerInnen in Rechnung gestellt wurden?
(Bitte im Falle von mehreren AuftragnehmerInnen um eine Auflistung!)
24)
Gab es eine
fachspezifische Begleitung (aus dem Bereich Deutsch als Zweitsprache) für
dieses Projekt?
Falls ja: Wer konkret hat diese gemacht?
Falls nein: warum nicht?
Falls nein: Welche fachliche Expertise weisen „Pfeiffer und sein
Team“ auf, um ein Sprachlerntool zu erstellen?
25)
Gab/gibt es irgendeine
Form der Evaluierung dieses Projekts?
26) Wie viele unique visits (Zugriffe verschiedener
IP-Adressen) weisen die „Doodle Clips“ seit Bestehen auf?
27) Wie viele hits (Seitenaufrufe) weist die Website
„Doodle Clips“ seit Bestehen auf?
28) Wie hoch ist die Absprungrate der Website
„Doodle Clips“?
29)
Ist es richtig, dass auch
die Website www.wirsinddabei.at unter Mitwirkung von Alexander Pfeiffer
entstanden ist?
Falls ja: Wie hoch war das Auftragsvolumen?
30)
Das auf Pfeiffers Website
angeführte Projekt „Integration-macht-schule.at“
wurde für den 15. Mai angekündigt. Als Domaininhaber scheint der
Österreichische Integrationsfonds auf. Noch ist die Website nicht online
gegangen. Für wann ist der Launch dieser Website geplant?
31)
Nach welchen Kriterien
wurde das Projekt „Integration-macht-schule.at“ an „Alexander Pfeiffer und sein
Team“ vergeben?
32)
Wurde das Projekt
ausgeschrieben?
Falls nein: warum nicht?
Falls ja: Gab es Angebote von anderen Firmen? Falls ja: von welchen Firmen?
33)
Wie hoch sind die
Gesamtkosten, die bisher für dieses Projekt angefallen sind bzw. noch
anfallen werden?
34)
Wer fungiert(e) für
dieses Projekt konkret als AuftraggeberIn, wer als AuftragnehmerIn?
35)
Als Ziel wird das Angebot
von interaktiven
Unterrichtszenarien zum Thema „Migration und Integration“ für
alle Schultypen als auch für den Kindergarten genannt. Gibt es eine fachspezifische Begleitung (etwa
aus dem Bereich der Migrationspädagogik, des interkulturelles Lernens
etc.) für dieses Projekt?
Falls ja: Wer konkret macht diese?
Falls nein: warum nicht?
Falls nein: Welche fachliche Expertise weisen „Pfeiffer und sein
Team“ auf, um Unterrichtsszenarien mit dem oben angeführten Thema zu
erstellen?
36)
Handelt es sich bei dem
auf Pfeiffers Website angeführten Forschungsprojekt „Gigi und Buba
(Integrationsscheck)“ ebenfalls um einen Auftrag des
Integrationsministeriums (vormals Staatssekretariat) oder des
Integrationsfonds?
37)
Sind weiteren Projekte im
Auftrag des Integrationsministeriums und/oder des Integrationsfonds mit
Pfeiffer Medien bzw. dem Zentrum
für Angewandte Spieleforschung an der Donau-Universität Krems bzw.
weiterer Firmen, die in einem Zusammenhang mit Alexander Pfeiffer bzw. den in
der Begründung angeführten Personen stehen, geplant?
Falls ja: welche Projekte und mit welchem Auftragsvolumen? (Bitte um eine
genaue Auflistung!)
[1] http://www.unsere-werte.at/mehr/unsere-partner.html (1.12.2015)
[2] http://www.donau-uni.ac.at/de/department/artsmanagement/zentrum/angewandte_spieleforschung/index.php (1.12.2015)
[3] http://www.unsere-werte.at/wettbewerb-und-preise.html (1.12.2015)
[4] http://www.unsere-werte.at/mehr/unsere-partner.html (1.12.2015)
[5] http://uebungen.sprachportal.at/lerngeschichten.html (1.12.2015)
[6] http://showcase.picapipe.com/sprachportal/index.php/lerngeschichten.html (1.12.2015)
[7] http://www.vfml.at/ (1.12.2015)
[8] http://uebungen.sprachportal.at/lerngeschichten.html (1.12.2015)
[9] https://learningapps.org/about.php (1.12.2015)
[10] http://www.ideen-fuer-wien.at/de/news/jugend/items/idee-fuer-wien-von-sebastian-kurz-jugendpensionen.html (1.12.2015)
[11] http://www.alexpfeiffer.at/2012/12/09/agenda-wien-open-space-am-strand/ (1.12.2015)
[12] http://archive-at.com/at/p/pfeiffer-medien.at/2013-01-17_1171323_2/Team_Pfeiffer_Medien/ (1.12.2015)