7566/J XXV. GP

Eingelangt am 22.12.2015
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

Der Abgeordneten Nurten Yilmaz und weiterer Abgeordneten an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres

betreffend der Studie "Evaluierung Islamischer Kindergärten/-gruppen in Wien"

Die Tageszeitungen Österreich berichtete am Sonntag den 06.12.2015 über eine Studie betreffend "rund 150 islamischer Kindergärten in Wien". Diese Studie wurde im Auftrag von Bundesminister Sebastian Kurz unter der Leitung von Prof. Ednan Aslan durchgeführt und habe das Ziel, ausgewählte islamische Kindergärten und Kindergruppen in Wien einer inhaltlichen Analyse zu unterziehen. In dieser Ausgabe heißt es dazu von Prof. Aslan, dass nur ein Viertel der Kindergärten "unbedenklich" sei und dass diese zum Teil von "salafistischen und islamistischen Trägervereinen" geführt werden würden. Die Tageszeitung Österreich zitiert in einem Interview zum Thema dazu Bundesminister Kurz mit den Worten: "Ich bin der festen Überzeugung, dass wir zahlreiche Einrichtungen in der Form schließen müssten."

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehende

Anfrage:

1.      Gibt es eine konkrete Liste zu den inkriminierten "150 islamischen Kindergärten" bzw. den 450 islamischen Kindergruppen? Bitte um Angabe der Standorte und der jeweils zuständigen Trägervereinen.

2.      Auf welche wissenschaftliche Kriterien und Erkenntnisse beziehen Sie sich, wenn sie Kindergärten oder Kindergruppen als islamisch, islamistisch oder salafistisch zu unterscheiden gedenken?

3.      Haben Sie die von Ihnen angesprochenen Kindergärten, die man Ihrer Meinung "schließen müsste", unverzüglich der zuständigen Behörde - der Magistratsabteilung 11 der Stadt Wien - gemeldet, damit diese die entsprechenden Untersuchungen einleiten und Beurteilungen tätigen kann?

a.      Wenn ja, wann und von wem wurde diese Meldung getätigt?

b.      Wenn nein, aus welchen Gründen wurde dies unterlassen, zumal eine Weiterführung der Kindergärten/-gruppen doch nicht dem Kindeswohl zuträglich sein kann, wenn Sie doch der Meinung sind, dass man diese Einrichtungen schließen müsste?

4.      Wann und wie haben Sie die Ergebnisse der Studie mit der im Ministerium für Familie und Jugend angesiedelten "Beratungsstelle Extremismus" geteilt, zumal diese in Fällen islamistischer bzw. salafistischer Radikalisierung beratend und präventiv tätig wird bzw. ist?

5.      Was sind die Bruttokosten des Forschungsprojektes, die Prof. Aslan leitet und gemeinsam mit Helena Stockinger am ISS durchführt (vgl. https://iis.univie.ac.at/forschung/laufende-projekte/evaluierung-islamischer-kindergaerten/) bzw. mit welchen Beitrag wird diese "Evaluierung islamischer Kindergärten/-gruppen in Wien” vom BMEIA finanziell unterstützt? Fördern noch andere Einrichtungen dieses Projekt finanziell?

6.      In der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage betreffend Studien, die vom BMEIA in Auftrag gegeben wurden (5043/AB), scheint die bei Prof. Aslan in Auftrag gegebenen Studie nicht auf, d.h. sie wurde weder im Zeitraum vom 29. Oktober 2013 bis zum 22. Mai 2015 in Auftrag gegeben noch war sie zum Zeitpunkt der Beantwortung dieser Anfrage geplant (22.Juli). Wann wurde das Forschungsprojekt in Auftrag gegeben? Wann wurde der Vertrag von Auftragnehmer und -geber unterschrieben? Bis wann wird das Projekt noch finanziert?

7.      Wie lautet der konkrete Forschungsauftrag? Bitte um detaillierte Aufzählung der Forschungsfragen (oder in Kopie).

8.      Aus welchen Gründen beschränkt sich das Forschungsprojekt auf Wiener Kindergärten/-gruppen? Wurde dieser lokale Fokus vom Forschungsteam oder vom Forschungsauftraggeber beschlossen?

9.      Oblag die Auswahl jener Kindergärten und -gruppen, die für die Vor- bzw. Gesamtstudie qualitativ-empirisch untersucht wurden bzw. werden, dem Forschungsauftraggebern oder dem Forschungsteam um Prof. Aslan?

10.    Das Forschungsprojekt evaluiert über einen qualitativ-empirischen Methodenmix islamische Kindergärten/-gruppen in Wien. Welche sozialwissenschaftlichen Erhebungs- und Auswertungsmethoden werden im Vertrag zwischen Forschungsauftraggeber und -nehmer angeführt und welche existierende wissenschaftliche Literatur wird darin zitiert?

11.    Steht es den wissenschaftlichen MitarbeiterInnen der Studie vertraglich frei, die von ihnen produzierten Ergebnisse abseits vom Projektendbericht in wissenschaftlichen Journals oder Sammelbänden zu veröffentlichen, um auch der wissenschaftlichen Community selbst die Erkenntnisse zugänglich zu machen bzw. den Raum für wissenschaftsinterne Kritik daran zu ermöglichen?

12.    Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse erwarten Sie von einer sozialwissenschaftlichen Studie über elementarpädagogischen Einrichtungen, die ihren Feldzugang bzw. ihren Erhebungsschwerpunkt auf genau jene sommerlichen Zeiten (14.07-30.9) legt, die sich gemeinhin durch erhöhte Abwesenheitszeiten der Kinder auszeichnen bzw. in denen die Einrichtungen überhaupt geschlossen sind?

13.     Ist der 33-seitige Projektbericht, die sogenannte "Kurze Darstellung der relevanten Zwischenergebnisse", im ursprünglichen Vertrag zwischen Projektauftraggeber und -nehmer bereits als Zwischenschritt/"Milestone" angeführt bzw. geplant und somit Teil des Vertrages?

a.      Wenn ja, zu welchem Zeitpunkt hätte dieser Zwischenbericht laut Vertrag vorliegen müssen? Welche inhaltlichen und formalen Anforderungen wurden im Vertragstext an diesen Zwischenbericht gestellt?

b.      Wenn nein, mit welcher Begründung wurde abweichend vom ursprünglichen Vertrag ein Zwischenergebnis formuliert? Wurde das Zwischenergebnis vom Forschungsauftraggeber eingefordert oder vom Forschungsteam selbstständig den Auftraggebern unterbreitet? Wann haben die Forschungsauftraggeber diese Zwischenergebnisse erhalten? Zu welchen Zeitpunkt wurde entschieden mit diesem Zwischenergebnis an die mediale Öffentlichkeit zu gehen, insbesondere weil so ein Vorgang in der wissenschaftlichen Community nicht Usus ist und diese Zwischenberichte prinzipiell eher der Feinjustierung des Forschungsauftrags zwischen Auftraggebern und -nehmern dienen? Wurde das Forschungsteam darüber informiert, dass ihre Zwischenergebnisse medial verbreitet werden?

c.      Warum wurde und wird dieser 33-seitige Zwischenbericht nicht veröffentlicht? In welchen Verhältnis zu diesem Zwischenbericht steht die 3-seitige Zusammenfassung ebendieser "Vorstudie”, die auf der Homepage des Institut für Islamische Studien der Uni Wien öffentlich zugänglich ist (https://iis.univie.ac.at/fileadmin/user_upload/p_iis/Kurzfassung Kinderg%C3%A4rten_01.pdf), einige vorläufige Ergebnisse kursorisch andeutet, dabei aber gänzlich auf die Nennung methodischer oder theoretischer Voraussetzungen verzichtet?

14.       Waren während der Verfassung der Studie Bedienstete des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres, insbesondere Mitglieder des Kabinetts des Bundesministers, in Kontakt mit dem Forschungsauftragnehmer im Zusammenhang mit der Erstellung der Studie?

a.      Wenn ja, was war der Grund für diese Kontakte?

b.      Wenn ja, gibt es Aufzeichnungen über die entsprechenden Kontakte?

c.      Kann eine Einflussnahme auf den Inhalt und Ergebnisse der Studie ausgeschlossen werden (abgesehen vom Forschungsauftrag)?

15.       In welcher Art und Weise werden die wissenschaftlichen Erkenntnisse an die teilnehmenden Kindergärten und Kindergruppen zurückgespielt, hat diese Studie doch laut Eigendefinition "Chancen und Herausforderungen dieser Kindergärten aufzuzeigen und somit zu einer Weiterentwicklung der einzelnen Kindergärten und deren Konzepten beitragen” (https://iis.univie.ac.at/fileadmin/user_upload/p_iis/Kurzfassunq Kinderg%C3%A4rten_01.pdf)? Übernimmt diese Vermittlung und Diffusion der Ergebnisse das Forschungsteam, das Ministerium und/oder wird mit den dafür zuständigen Stellen der Stadt Wien eine Kooperation angestrebt? Stellt das BMEIA zusätzliche Gelder für Qualitätssicherung und -hebung zur Verfügung? Wurde diesbezüglich schon mit dem eigentlich dafür zuständigen Ministerium für Familie und Jugend Kontakt aufgenommen?

16.       Wann wird die Studie voraussichtlich abgeschlossen sein? Wann und in welcher Form wird der Endbericht veröffentlicht?

17.       In der öffentlich zugänglichen Zusammenfassung der Zwischenergebnisse erwähnen die StudienautorInnen als einen möglichen Lösungsansatz für die von ihnen erörterten Qualitätsmängel ”[w]eiterführende Forschungsprojekte, in denen Kinder und deren Wünsche für die Kindergärten zur Sprache kommen."

a.      Wird das BMEIA diesem Wunsch nachkommen und auch weiterführende Studien über islamische Kindergärten/- gruppen in Wien/in Österreich (mit- )finanzieren?

b.      Hat das BMEIA bereits Kontakt mit der eigentlich für frühkindliche Pädagogik bzw. Kindergärten zuständigen Bundesministerium für Familien und Jugend aufgenommen, um diesbezügliche Kooperationen bzw. Kofinanzierungen anzustoßen?

18.         Werden Sie auch Studien finanzieren, die Kindergärten und -gruppen anderer religiöser Trägervereine ebenso einer wissenschaftlichen Untersuchung unterziehen?

19.         Welche zusätzlichen Studien gedenkt das BMEIA generell in dieser Legislaturperiode noch in Auftrag zu geben, die sich mit den Themenbereichen Bildung, Integration und Religion auseinandersetzen?

20.         Laut Zusammenfassung der "Vorstudie" bzw. dem vorläufigen Studienergebnis (https://iis.univie.ac.at/fileadmin/user_upload/p_iis/Kurzfassung Kinderg%C3%A 4rten_01.pdf) kommen die AutorInnen zum Schluss, dass jene Eltern, die "ihre erwartete religiöse Erziehung nicht bekommen", ihre Kinder vom Kindergarten abmelden, was wiederum zur Konkurrenz unter den Kindergärten führe, wodurch sich diese wiederum umso mehr bemühten, "auf die Wünsche der Eltern einzugehen und das religiöse Angebot mit einem Sonderprogramm zu erweitern."

a.     Tritt das BMEIA basierend auf diesem Ergebnis nun dafür ein, das marktwirtschaftliche Spiel von Angebot und Nachfrage im Bereich der Kindergärten und -gruppen außer Kraft zu setzen und die Wünsche der Erziehungsberechtigten bzw. deren Kooperation mit den elementarpädagogischen Einrichtungen für nachrangig zu erklären?

b.     Plädieren Sie langfristig für die Etablierung eines inklusiven, öffentlich-finanzierten und staatlich organisierten Systems der Elementarpädagogik, in der die Integration aller Kinder in eine wertplurale und menschenrechtsbasierte Gesellschaft vonstattengehen kann, auch um der Gefahr ethnisch, schichtspezifisch oder theologisch begründeter Isolation begegnen zu können?

21.         Welche pädagogischen und inhaltlichen Kriterien würde das BMEIA formulieren, die zu einem Stopp öffentlicher Finanzierung von sogenannten islamischen Kindergärten/-gruppen oder gar zu deren Schließung führen sollten? Wer sollte diese Kriterien formulieren bzw. deren Implementation begleiten?

22.         Soll religiöse Sinnstiftung aus integrationspolitischer Perspektive Teil von Elementarpädagogik sein? Bräuchte es ein Bundesrahmengesetz zur Qualitätssicherung in elementaren und außerschulischen Bildungseinrichtungen, in dem auch Fragen der religiösen Erziehung geregelt werden sollten? Wurde hier schon Kontakt mit dem eigentlich zuständigen Ministerium für Familien und Jugend aufgenommen?

23.         Welche legislativen Ideen und organisatorischen Vorstellungen ergeben sich für das BMEIA basierend auf der (Vor-)Studie?