7584/J XXV. GP

Eingelangt am 22.12.2015
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Mag. Gernot Darmann, Erwin Angerer, Walter Rauch

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Vernichtung der Unterlagen der Griss-Untersuchungskommission

 

 

Am 3. Dezember 2015 hat der Hypo-Untersuchungsausschuss beschlossen, die Gesprächs- bzw. Befragungsprotokolle der Hypo-Untersuchungskommission von Hon.-Prof. Dr. Irmgard Griss, LL.M., als ergänzendes Beweismittel nachzufordern. Mit Schreiben vom 9. Dezember 2015 wurde dem Finanzministerium durch die Präsidentin des Nationalrates die ergänzende Beweismittelanforderung übermittelt. Die Antwort des Finanzministeriums kam am 16. Dezember 2015. Laut APA (APA 0086 vom 17. Dezember 2015) hieß es darin, dass man die Gesprächsprotokolle der Untersuchungskommission nicht kenne und es nicht möglich gewesen sei, diese zu beschaffen, weil sie von der Untersuchungskommission vernichtet worden seien. Weites berichtete die APA (APA 0182 vom 17. Dezember 2015), dass Dr. Irmgard Griss in einem der APA vorliegenden Schriftverkehr mit dem Finanzministerium erkläre, man habe gemäß den Vereinbarungen neben anderen Dokumenten auch „sämtliche Protokolle vernichtet“. Laut APA (APA 0333 vom 17. Dezember 2015) betonte das Finanzministerium, dass der Vertrag keine Verpflichtung zur Vernichtung der Unterlagen beinhalte. In der Vereinbarung stehe nicht, dass man Protokolle über die Befragungen zur Verfügung stellen müsse, es wäre völlig unsinnig gewesen, die Protokolle aufzubewahren, erklärte Dr. Irmgard Griss laut APA tags darauf (APA 0214 vom 18. Dezember 2015).

Von der Kommission wurden mit rund 50 Personen Gespräche in Sachen Hypo geführt, unter anderem mit dem Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) Univ.-Prof. Dr. Ewald Nowotny. Dieses Protokoll fand sich in den Akten, welche die OeNB an den Ausschuss geliefert hatte. Dies angeblich deshalb, weil es sich die OeNB zur Durchsicht bzw. Autorisierung der Aussagen hatte schicken lassen und daher auf ein „Backup“ zurückgreifen konnte. Das dem Hypo-U-Ausschuss vorliegende Gesprächsprotokoll Dr. Ewald Nowotnys lieferte über den Griss-Bericht hinausgehende, detailliertere Erkenntnisse. Daher wären die Gesprächs- bzw. Befragungsprotokolle aller Befragten von erheblichem Interesse für den Untersuchungsausschuss. Hätte der Ausschuss diese Unterlagen, könnte noch gezielter gearbeitet werden.

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Finanzen folgende

 

Anfrage

 

1.     Was genau war der vertraglich vereinbarte Leistungsumfang zwischen Griss-Kommission und Finanzministerium?

2.     Aus welchen Gründen wurde – laut Ihren eigenen Angaben – nicht explizit im Vertrag mit bzw. im Auftrag an die Griss-Kommission festgehalten, dass alle Unterlagen, die zur Erstellung des Endberichts dienlich waren, also auch Befragungs- bzw. Gesprächsprotokolle, dem Auftraggeber zu überantworten sind?

3.     Aus welchen Gründen wurde – laut Ihren eigenen Angaben – nicht explizit im Vertrag mit bzw. im Auftrag an die Griss-Kommission festgehalten, dass alle Unterlagen, die zur Erstellung des Endberichts dienlich waren, also auch Befragungs- bzw. Gesprächsprotokolle, nicht vernichtet werden dürfen?

4.     Gab es mündliche Vereinbarungen, wie mit den Befragungs- bzw. Gesprächsprotokollen nach Fertigstellung des Griss-Berichts zu verfahren ist?

5.     Wenn nein, warum nicht?

6.     Wenn ja, welchen Inhalts und von wem wurden diese getroffen?

7.     Wie oft und wann genau hat das BMF Kontakt mit der Griss-Kommission aufgenommen und sich nach Befragungs- bzw. Gesprächsprotokollen erkundigt, die dem Hypo-Untersuchungsausschuss übermittelt werden könnten?

8.     Ist Ihnen bekannt, wann, wo, von wem und wie genau die Befragungs- bzw. Gesprächsprotokolle vernichtet wurden?

9.     Wenn ja, wann, wo, wie und von wem genau?

10.  Wurde irgendwann vor der Vernichtung der Befragungs- bzw. Gesprächsprotokolle seitens der Griss-Kommission mit dem Finanzministerium Rücksprache gehalten, wie mit diesen Unterlagen nach Fertigstellung des Berichts zu verfahren sei?

11.  Wenn ja, wann, mit wem und welche Haltung dazu wurde seitens Ihres Hauses eingenommen?

12.  Hat das BMF jemals von sich aus vor der Vernichtung der Befragungs- bzw. Gesprächsprotokolle mit Dr. Griss Rücksprache gehalten, wie mit diesen Unterlagen nach Fertigstellung des Berichts zu verfahren sei?

13.  Wenn nein, warum nicht?

14.  Wenn ja, wer, wann und mit welchem Ergebnis?

15.  Ist Ihnen bekannt, aus welcher Motivation heraus die Befragungs- bzw. Gesprächsprotokolle der Griss-Untersuchungskommission vernichtet wurden?

16.  Wenn ja, aus welcher Motivation heraus?

17.  Wenn nein, warum nicht?

18.  Hat das Finanzministerium sich mit anderen betroffenen Institutionen wie OeNB, FMA etc. bezüglich der Verträge bzw. Vereinbarungen mit der Griss-Kommission hinsichtlich des Umgangs mit Unterlagen und den Befragungs- bzw. Gesprächsprotokollen abgestimmt oder Rücksprache gehalten?

19.  Wenn nein, warum nicht?

20.  Wenn ja, wer, mit wem und mit welchem Ergebnis?

21.  Hat sich das BMF zumindest über die Vereinbarungen informiert, welche die Griss-Kommission mit anderen Institutionen betreffend den Umgang mit Unterlagen und Befragungs- bzw. Gesprächsprotokollen getroffen hat?

22.  Wenn ja, welche Vereinbarungen wurden von diesen Institutionen bezüglich des Umgangs mit Unterlagen und Befragungs- bzw. Gesprächsprotokollen getroffen?

23.  Wenn nein, warum nicht?

24.  Ist Ihnen bekannt, wie viele Personen von der Griss-Kommission in Zusammenhang mit der Erstellung des Griss-Berichts befragt wurden?

25.  Wenn ja, wie viele und wer waren diese namentlich?

26.  Wenn nein, warum nicht?

27.  Ist Ihnen zumindest bekannt, wie viele (ehemalige) Mitarbeiter bzw. Vertreter des Finanzministeriums von der Griss-Kommission in Zusammenhang mit der Erstellung des Griss-Berichts befragt wurden, da diese Personen ja nicht als „Privatpersonen“ befragt wurden, sondern „kraft“ ihrer Funktionen?

28.  Wenn ja, wie viele und wer waren diese namentlich?

29.  Wenn nein, warum nicht?

30.  Wurden von der Griss-Kommission befragte (ehemalige) Mitarbeiter bzw. Vertreter des BMF vonseiten Ihres Hauses dazu angehalten, sich ihr Befragungs- bzw. Gesprächsprotokoll zur Durchsicht schicken zu lassen?

31.  Wenn nein, warum nicht?

32.  Wenn ja, wie viele, wer genau und werden Sie diese Personen ersuchen, Ihnen die Unterlagen rasch zur Verfügung zu stellen, um der ergänzenden Beweismittelanforderung des Ausschusses entsprechen zu können?

33.  Werden Sie nun – in Kenntnis der ergänzenden Beweismittelanforderung des Hypo-Untersuchungsausschusses und im Sinne des von Ihnen selbst immer wieder hervorgehobenen Willens zu Transparenz und Aufklärung – Schritte setzen, um in Erfahrung zu bringen, ob (ehemalige) Mitarbeiter bzw. Vertreter des BMF im Besitz eines Befragungs- bzw. Gesprächsprotokoll sind und diese ersuchen, Ihnen die betreffenden Unterlagen zwecks Übermittlung an den Untersuchungsausschuss weiterzuleiten?

34.  Wenn ja, wann?

35.  Wenn nein, warum nicht?

36.  Werden Sie den Vertrag mit der damaligen Leiterin der Hypo-Untersuchungskommission Dr. Irmgard Griss dem Ausschuss übermitteln?

37.  Wenn ja, wann?

38.  Wenn nein, warum nicht?

39.   Wurde durch die Vernichtung der Unterlagen inklusive Befragungs- bzw. Gesprächsprotokolle gegen das Archivgesetz verstoßen und verhindert, dass sich die Geschichtsforschung hier entsprechend betätigen kann?

40.  Wenn nein, warum nicht?

41.  Wenn ja, welche Konsequenzen ziehen Sie daraus?

42.  Halten Sie die Vernichtung der Befragungs- und Gesprächsprotokolle im Lichte von größtmöglicher Transparenz und Aufklärung für einen Fehler und für die Arbeit des Hypo-Untersuchungsausschusses nicht zuträglich?

43.  Wenn ja, warum wurden seitens des Finanzministeriums keine entsprechenden Vereinbarungen getroffen?

44.  Wenn nein, warum nicht?