7619/J XXV. GP

Eingelangt am 20.01.2016
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Georg Willi, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Inneres

betreffend BM.I stiehlt sich aus der Verantwortung bei der Finanzierung der Sicherheitsmaßnahmen für das Jüdische Gemeindezentrum in Innsbruck

 

Der Tiroler Landtag beauftragte am 6. Mai 2015 Herrn Landtagspräsident DDr. Herwig van Staa einstimmig, die geeigneten politischen und rechtlichen Maßnahmen zu ergreifen, um den Finanzbeitrag des Bundes für die Sicherheitsmaßnahmen im Zuge der Erweiterung des Jüdischen Gemeindezentrums in Innsbruck sicherzustellen.

 

Bereits mit Entschließung vom 5. Feber 2015 forderte der Landtag die Landesregierung auf, die Bundesregierung zu veranlassen, alles zu unternehmen, damit die Kosten für die von der Polizei vorgeschriebenen Sicherheitsmaßnahmen im Zuge der Erweiterung des Jüdischen Gemeindezentrums in Innsbruck von Bundesseite übernommen werden. Die Begründung zu dieser Entschließung lautet:

 

Die Ereignisse der letzten Wochen in Frankreich und Belgien, aber auch Demonstrationen und Vorkommnisse in Österreich haben deutlich gemacht, dass das Potenzial für verschiedene Radikalisierungstendenzen auch in unserem Land akut gestiegen ist. Dies trifft insbesondere auch auf gestiegene antisemitische Tendenzen zu.

 

70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges und den furchtbaren Verbrechen der Nationalsozialisten an den Juden werden immer wieder Einrichtungen der Israelitischen Kultusgemeinde attackiert und die Fassaden Opfer von Schmieraktionen. Es ist beschämend, dass sich auch das Israelitische Glaubenszentrum (Synagoge und Gemeindezentrum) in Innsbruck durch Einmauerung und Anbringung einer schusssicheren Metallfassade schützen muss.

 

Vor mehr als 20 Jahren haben die Stadt Innsbruck und das Land Tirol im Parterre einer Eigentumswohnanlage in Innsbruck die Wiedererrichtung der Synagoge der Israelitischen Kultusgemeinde ermöglicht. Bei der Errichtung der Synagoge 1994 wurden die Kosten für die damals bereits notwendigen Sicherheitseinrichtungen von der Republik Österreich getragen.

 

Im Frühjahr 2014 hat die Kultusgemeinde weitere Räumlichkeiten, die sich für eine Erweiterung der Synagoge angeboten haben, erworben. Die nunmehr notwendig gewordenen Umbau- und Adaptierungsarbeiten belaufen sich einschließlich der Kosten für die Sicherheitseinrichtungen, die von Experten, darunter auch jene der Polizei, für unverzichtbar gehalten werden, auf insgesamt € 505.611,-. Diese Kosten (zzgl. Baurechtsablöse in der Höhe von € 140.000,-) wurden - mit Ausnahme jener für die Sicherheitseinrichtungen - vom Land Tirol (€ 70.000,-), von der Stadt Innsbruck (€ 70.000 ,-) und von der Landesgedächtnisstiftung (€ 245.000,-) getragen. Die Differenz zum offenen Gesamtbetrag wurde von der Israelitischen Kultusgemeinde unterstützt von Sponsoren aufgebracht.

 

Ein wesentlicher Teil der Kosten für die Sicherheitseinrichtungen, die sich auf insgesamt ca. € 175.000,- belaufen, entfällt auf die Lüftung. Weder eine Öffnung der Fenster noch das Kippen werden aus Sicherheitsgründen erlaubt. Aufgrund der Tatsache, dass die Sicherheitskosten bei der Errichtung der Synagoge von der Republik Österreich getragen worden sind, ist man bei der Kostenkalkulation für den Erweiterungsbau davon ausgegangen, dass diese von der Polizei vorgeschriebenen zusätzlichen Maßnahmen ebenfalls von der Republik Österreich übernommen werden, zumal dadurch erhebliche Kosten für eine Rund-um-die-Uhr-Bewachung der Synagoge wegfallen.

 

Die Umbauarbeiten für das neue Israelitische Gemeindezentrum einschließlich Sicherheitseinrichtungen konnten im Dezember 2014 abgeschlossen werden, kurz vor Weihnachten 2014 erfolgte die feierliche Eröffnung der neuen Räumlichkeiten.

 

Auf Ersuchen der Israelitischen Kultusgemeinde, die ihre sämtlichen Ersparnisse und Rücklagen für diesen Umbau aufgebracht hat, hat mit Zustimmung des Tiroler Gemeindeverbandspräsidenten Mag. Ernst Schöpf und der Innsbrucker Bürgermeisterin Mag.a Christine Oppitz-Plörer die Landesgedächtnisstiftung die Kosten für die Sicherheitsmaßnahmen vorfinanziert in der Erwartung, dass die Republik Österreich diese Kosten übernehmen wird. Diesbezüglich gibt es seit März 2014 einen umfangreichen Schriftverkehr mit Bundesministerin Mag.a Johanna Mikl-Leitner, mit Bundesminister Dr. Josef Ostermayer und mit Bundeskanzler Werner Faymann.“

 

Mit Schreiben vom 25. März 2015 an Landeshauptmann Günther Platter teilte die Bundesministerin für Inneres, Mag.a Johanna Mikl-Leitner, mit, dass, bezugnehmend auf die gegenständliche Entschließung des Tiroler Landtages, ein diesbezügliches Förderansuchen der Präsidentin der IKG Innsbruck vom 29. Juli 2014 von ihrem Ressort bereits abgelehnt wurde und grundsätzlich keine rückwirkende Förderung möglich sei.

 

Der Tiroler Landtag zeigt sich über diese knappe Antwort mehr als verwundert, zumal die Republik Österreich bei der Errichtung der Synagoge im Jahr 1994 die Kosten für die notwendigen Sicherheitseinrichtungen getragen hat und es seitens des damaligen Bundesministers Franz Löschnak die klare Zusage gab, dass die Republik Österreich auch zukünftig für die nötigen Sicherheitsmaßnahmen der Synagoge in Innsbruck finanziell aufkommen werde. Es stimmt umso mehr bedenklich, dass nach den furchtbaren Verbrechen der Nationalsozialisten, begangen an den jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, auch heute noch jüdische Einrichtungen eines besonderen Schutzes bedürfen und besondere Sicherheitsvorkehrungen zu treffen sind.

 

Erst im Jänner 2015 hat die Bundesregierung ein Sicherheitspaket in der Höhe von knapp € 300 Mio. gegen terroristische Bedrohungen beschlossen, € 16 Mio. davon für Infrastrukturmaßnahmen wie Erhöhung der Gebäudesicherheit der Sicherheitsbehörden, sowie € 126 Mio. u.a. für neues spezialisiertes Personal im Bereich Personen- und Objektschutz, insbesondere auch der jüdischen Einrichtungen. Umso unverständlicher ist es für den Tiroler Landtag, dass sich der Bund nach wie vor beharrlich weigert, den Betrag von € 175.000,- für die von der Polizei ausdrücklich vorgeschriebenen zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen in der Innsbrucker Synagoge zu übernehmen, zumal dank dieser Maßnahmen die Kosten für eine Rund-um-die-Uhr-Bewachung der Synagoge wie bereits in der zitierten Begründung erwähnt weggefallen sind.

 

Die Landesgedächtnisstiftung ist mit der Übernahme dieser Kosten für die Republik Österreich in Vorlage getreten, um die Zahlungsunfähigkeit der Israelitischen Kultusgemeinde für Tirol und Vorarlberg zu vermeiden.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Sehen Sie die Sicherheit des Jüdischen Gemeindezentrums in Innsbruck als Aufgabe der Polizei?

2)    Wenn ja, warum sind sie nicht bereit, die von der Polizei vorgeschriebenen/eingeforderten zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen zu finanzieren, zumal sich die Polizei dadurch viel Arbeit und viele Dienste erspart?

3)    Wenn nein, warum nicht?

4)    Wie begründen Sie die Ungleichbehandlung im Vergleich zu 1994, als die Republik Österreich die damals vorgeschriebenen Sicherheitsmaßnahmen finanziert hat?

5)    Wie erklären Sie die Nichtübernahme der Kosten für die von der Polizei vorgeschriebenen/eingeforderten zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen für das Jüdische Gemeindezentrum, wenn Sie auf der anderen Seite bereit sind, für die Sicherheitskosten des (privaten) Bilderbergtreffens 2015 in Telfs 127.069,5 Einsatzstunden mit Kosten von ca. 3,03 Mio. € zu genehmigen (siehe Anfragebeantwortung an die Grünen)?

6)    Wie erklären Sie, dass im Sicherheitspaket der Bundesregierung vom Jänner 2015 knapp € 300 Mio. enthalten sind - davon € 16 Mio. für Infrastrukturmaßnahmen wie Erhöhung der Gebäudesicherheit der Sicherheitsbehörden, sowie € 126 Mio. u.a. für neues spezialisiertes Personal im Bereich Personen- und Objektschutz, insbesondere auch der jüdischen Einrichtungen -, aber die vergleichsweise geringen anteiligen Kosten des Bundes von 175.000 € für die Sicherheit des Jüdischen Gemeindezentrums in Innsbruck nicht finanzierbar sein sollen?

7)    Wie hoch war der durchschnittliche Bewachungsaufwand für das jüdische Gemeindezentrum vor dem Umbau?

8)    Die baulichen Sicherungsmaßnahmen dürften die Zeiten der Bewachung des Gemeindezentrums reduziert haben. Ist diese Annahme richtig?

9)    Können Sie die Reduktion des monatlichen Bewachungsaufwandes im Verhältnis "vor dem Umbau" zu "nach dem Umbau" in Zahlen ausdrücken und wie sehen diese Zahlen aus?

10) Welche Kosten konnten durch die Reduktion der Überwachungszeiten eingespart werden? - ausgedrückt in Mannstunden samt entsprechenden Stundensätzen.