7707/J XXV. GP

Eingelangt am 27.01.2016
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein,

und weiterer Abgeordneter 

an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

betreffend Altenbetreuung in Kärnten und Tirol; Entwicklungen unter Berücksichtigung der Pflegereform 2011/2012 (Bund 2014/7)

 

Kurzfassung

Die stationäre Langzeitpflege in Österreich war trotz der Schaffung eines Pflegefonds und dessen Dotierung mit rd. 1,3 Mrd. EUR auf die demographische Entwicklung nicht ausreichend vorbereitet; wichtige Empfehlungen des RH wurden nicht vollständig umgesetzt.

Weder die Planung der nötigen Heimplätze, noch die rechtlichen, noch die wirtschaft­lichen Grundlagen der Tarife, die Qualitätsvorgaben oder die Transparenz über Leistungen und deren Kosten waren im notwendigen Ausmaß sichergestellt. Aus dieser mangelnden Abstimmung resultierten Effizienzverluste der Gebietskörperschaften.

Das Risiko für die Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen ist daher höher als bisher prognostiziert. Zusätzlich tragen die Betroffenen weiterhin das Risiko, zu Sozialhilfe­empfängern zu werden und ihr Vermögen zu verlieren, wenn sie einen Heimplatz benötigen.

Positiv war zu vermerken, dass die Betreuung der Heimbewohner in den Ländern Kärnten und Tirol auf hohem Niveau erfolgte und — auch durch die Umsetzung
einiger Empfehlungen des RH — operative Verbesserungen erreicht werden konnten.

 

Daraus ergeben sich folgende Empfehlungen des RH:

(1) Angesichts der Bedeutung der Pflegefinanzierung für die Nachhaltigkeit der öffentlichen Gebarung wären verbesserte Planungs– und Steuerungsmechanismen für die Kosten der stationären Pflege zu entwickeln. Dazu wäre(n) – so rasch wie möglich ein System zur effektiven Nutzung der Steuerungsmöglichkeiten hinsichtlich der Kosten je Heimplatz und der Anzahl der Heimplätze zu entwickeln und mit den Ländern abzustimmen, (TZ 2) dieses System in die im nächsten Finanzausgleich notwendigen finanziellen Anpassungen zu integrieren, eine dauerhafte Lösung im Sinne eines aufgabenorientierten Finanzausgleichs darzustellen und es hätte auch Regelungen zu Tarifhöhe, Personalschlüssel und eine von der Sozialhilfe unabhängige Finanzierung zu enthalten, (TZ 3) – die vorliegenden Kostenprognosen zu überprüfen und die über die demographische Entwicklung und die Inflation hinausgehenden kostensteigernden Faktoren zu berücksichtigen, (TZ 4) – angesichts der hohen Kostensteigerungen in der Vergangenheit und der intransparenten Mittelverwendung auch wirksame Steuerungsmodelle zur Sicherstellung einer zweckentsprechenden und effizienten Mittelverwendung zu berücksichtigen. (TZ 4)

 (2) Kostenentwicklung Die Transparenz über die tatsächliche Kostenentwicklung wäre wesentlich zu verbessern. (TZ 4) – Zunächst wäre festzulegen, wofür die erhobenen Daten genutzt werden sollten. Dabei sollte insbesondere eine Erhebung der Gesamtausgaben für Pflege und ein Vergleich der Kosten je Heimplatz ermöglicht werden. (TZ 4) – Auch Investitionskosten und Abgangsdeckungen wären systematisch zu erfassen. (TZ 4) – Auf eine konsistente Darstellung in der zeitlichen Entwicklung wäre zu achten. (TZ 4) – Die Datenmeldungen wären auf Plausibilität zu überprüfen. (TZ 4) – Es wäre auf eine einheitliche und verbesserte Untergliederung der Landesrechnungsabschlüsse im Sozialbereich im Rahmen der laufenden Reformbemühungen hinsichtlich der Voranschlags– und Rechnungsabschlussverordnung hinzuwirken. (TZ 4)

(3) Planung der Heimplätze Es wäre eine mittelfristige, abgestimmte und regional differenzierte Versorgungsplanung zu entwickeln und mit den Ländern umzusetzen. (TZ 7) Dazu wäre(n) – eine Gesamtstrategie für die Pflege mit allen Angeboten (24– Stunden–Pflege, mobile Leistungen, stationäre Leistungen) als Planungsvorgabe zu entwickeln, (TZ 7, 10) – als Ergebnis eine klare Planung des finanziell wichtigsten Parameters (der stationären Heimplätze) zu erarbeiten, (TZ 7, 10) – Vorgaben zum Planungsprozess, wie den Zeithorizont, die berücksichtigten Parameter und den Zeitpunkt der Planung, zu erarbeiten, (TZ 7, 10) – weitere Schritte zur Verbesserung der zur Planung verwendeten Daten vorzunehmen, insbesondere Fehler in den gemeldeten Daten frühzeitig zu korrigieren, die angestrebte Verwendung der Daten zu definieren und die resultierenden Anpassungen in der Pflegedienstleistungsverordnung vorzunehmen, (TZ 6) – eine ursachenorientierte, regionale Analyse der Nutzung vorzunehmen sowie die finanziellen Vorgaben und Ziele zur angestrebten Angebotsstruktur zu berücksichtigen. (TZ 8)

(4) Finanzierung Es wäre ein Konzept zur zweckmäßigeren Gestaltung der Pflegefi- nanzierung bzw. der Heimtarife zu entwickeln und gemeinsam mit den Ländern umzusetzen. (TZ 19, 27) Dabei sollten insbesondere folgende Elemente umgesetzt werden: – Es wären klare rechtliche und wirtschaftliche Grundlagen für die Tarife zu schaffen, denen einheitliche wirtschaftliche Grundlagen (Normkosten) zugrunde liegen. (TZ 14) – Im Einvernehmen mit den Ländern wären die Unterschiede in den Tarifen auf ihre sachliche Rechtfertigung zu prüfen und nach Möglichkeit zu reduzieren. (TZ 16) – Es wäre eine leistungsorientierte Vergütung von Pflege– und Unterbringungsleistungen (gegebenenfalls unter Lösung von der Pflegegeldeinstufung) zu berücksichtigen. (TZ 19) Es wäre eine transparente, einfache Aufteilung der öffentlichen Finanzierung zwischen den Gebietskörperschaften zu berücksichtigen. (TZ 19)

 (5) Es wäre ein Konzept zur Definition und Sicherstellung der angestrebten Pflegequalität zu erstellen und gemeinsam mit den Ländern umzusetzen. (TZ 31) Dazu wäre(n) – die geforderte Ergebnisqualität der Pflege zu definieren, gemeinsam mit den Ländern umzusetzen und durch Kennzahlen zu überprüfen, (TZ 28) – für die geforderte Ergebnisqualität notwendige Strukturqualitätskriterien (z.B. Personalschlüssel) zu entwickeln und gemeinsam mit den Ländern umzusetzen, (TZ 29) – bundesweite (Mindest–)Regelungen für die Qualitätssicherung, wie z.B. die Häufigkeit von Überprüfungen vor Ort, der Rechtszug bezüglich erteilter Auflagen und die vorzusehenden Bewohner–Vertretungen (z.B. Heimanwälte) zu erstellen. (TZ 31)

(6) Die Entwicklung zur Annäherung der Tarife in denselben Betreuungsstufen wäre weiter voranzutreiben. (TZ 15)

 (7) Es wären ausreichende Maßnahmen zu setzen, um rückwirkende Tarifveränderungen in Zukunft vermeiden zu können. (TZ 22)

(8) Rechtlich verbindliche, klar quantifizierte und überprüfbare Personalvorgaben wären festzulegen. (TZ 29)

(9) Es wären Vorgaben für die bauliche Ausgestaltung von Pflegeheimen (z.B. Zimmergröße, Gesamtfläche) in Verordnungsform zu erlassen. (TZ 30)

(10) Es wäre zu prüfen, ob die Aufgabe der Heimaufsicht nicht zweckmäßiger (wie im Land Kärnten) beim Amt der Landesregierung angesiedelt werden könnte. (TZ 31)

(11) Neue Heime wären nur zu errichten, wenn ein entsprechender Bedarf nachgewiesen wurde. (TZ 9)

(12) Hinsichtlich der Strafgelder wäre auch für den Sozialhilfeverband Villach Land eine systemkonforme Lösung zu finden. (TZ 23)

(13) Im Zuge der Einführung der Verwaltungsgerichte wäre ein Instanzenzug gegen Bescheide der Aufsichtsbehörde vorzusehen. (TZ 31)

(14) Die gesetzlich vorgesehene Pflegeanwaltschaft wäre tatsächlich zu besetzen. (TZ 31)

(15) Die Genehmigung der SHV Völkermarkt Verwaltungs– und Besitzgesellschaft m.b.H. wäre rechtlich eindeutig zu klären. (TZ 33)

(16) Es wäre die Regelung des Aufsichtsrechts über die SHV Völkermarkt Verwaltungs– und Besitzgesellschaft m.b.H. nachzuholen und das Aufsichtsrecht auch tatsächlich wahrzunehmen. (TZ 33)

(17) Es wäre ein Sanierungskonzept zu erstellen und mit dem Land Kärnten abzustimmen. (TZ 32) In diesem wären folgende Punkte zu klären: – eine ausreichende Liquiditätssicherung im Verband und in der GmbH, (TZ 32) – eine sparsame Führung und ausreichende Dotierung des Verbands, um die Erfüllung dessen öffentlicher Aufgaben zu sichern, (TZ 32) – eine Führung — oder Einstellung — der GmbH nach streng betriebswirtschaftlichen Kriterien sowohl ertragsseitig als auch kostenseitig, (TZ 32) – Meilensteine zur Sanierung und ein Szenario zum Ausstieg aus marktorientierten Tätigkeiten, falls diese dauerhaft Insbesondere sollte(n) – der Personalaufwand nach dem Bruttoprinzip ausgewiesen werden, (TZ 34) – Verrechnungen zwischen den beiden Trägern nach fremdüblichen Konditionen erfolgen, (TZ 34) – das Berichtswesen am Informationsbedürfnis der Nutzer orientiert werden (insbesondere ein Gesamtschuldenstand erkennbar sein). (TZ 34)unwirtschaftlich bleiben. (TZ 32)

 (18) Die GmbH wäre vom Verband transparent abzugrenzen. (TZ 34)

 

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz folgende 

 

Anfrage

 

1.    Wie stehen Sie als Sozialminister mit Stand 1.Jänner 2016 zu den im RH-Bericht vorgebrachten Kritikpunkten?

2.    Welche der vom Rechnungshof formulierten Empfehlungen wurden aus Sicht des Sozialministeriums bereits umgesetzt?

3.    Welche Empfehlungen werden bis Ende 2016 umgesetzt werden?

4.    Für die Umsetzung welcher Empfehlungen werden bundesgesetzliche Adaptierungen notwendig sein?

5.    Für die Umsetzung welcher Empfehlungen werden 15a Verträge mit den Ländern notwendig sein?