7719/J XXV. GP

Eingelangt am 27.01.2016
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein,

und weiterer Abgeordneter 

an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

betreffend Prüfung von Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt in der Sozialversicherung als Anspruchsvoraussetzung ( EH-Bericht Bund 2015/8)

Kurzfassung

Das österreichische Sozialversicherungsrecht knüpfte das Bestehen eines Krankenversicherungsverhältnisses im Regelfall an das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses bzw. einer Pension an. Einige Tatbestände normierten jedoch den Wohnsitz bzw. den gewöhnlichen Aufenthalt als Anspruchsvoraussetzung. Dies galt in der Krankenversicherung etwa für die Selbstversicherung und für die Mitversicherung von Angehörigen, fand sich aber auch in anderen Vollzugsbereichen der Sozialversicherungsträger, z.B. bei der Ausgleichszulage und beim Pflegegeld.

Die Krankenversicherungsträger interpretierten die rechtlichen Grundlagen der Anspruchsvoraussetzungen Wohnsitz bzw. gewöhnlicher Aufenthalt unterschiedlich. Die Prüfung dieser Kriterien war dadurch erschwert, dass die relevanten Definitionen aus einem anderen Rechtsbereich stammten. Die tatsächlich verwendeten Abfragen des Zentralen Melderegisters waren nicht aussagekräftig.

Nicht zuletzt aufgrund der Gebarungsüberprüfung durch den RH diskutierten die Krankenversicherungsträger, die Vorgehensweise zur Prüfung des Wohnsitzes bzw. gewöhnlichen Aufenthalts als Anspruchsvoraussetzung zu verändern.

Daraus ergeben sich folgende Empfehlungen des RH:

(1)  Es wäre eine klare Abgrenzung der Anspruchsberechtigungen der Krankenversicherung im Hinblick auf Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt zu schaffen und die Voraussetzungen für deren Vollziehbarkeit sicherzustellen. (TZ 15)


(2)  Es wäre auf eine Vereinheitlichung der unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen (Wohnsitz, Aufenthalt) hinzuwirken und es wären für gleiche Voraussetzungen die gleichen Begriffe zu verwenden. (TZ 2)

(3)  Vor dem Hintergrund der Probleme in der Vollziehung wäre auf eine Definition der Begriffe Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt hinzuwirken, die sich an den Anforderungen der Vollziehung im Bereich der Krankenversicherung orientiert (z.B. Überprüfbarkeit ex ante). (TZ 3)

(4)  Es wäre gemeinsam mit dem Hauptverband eine einheitliche Vorgehensweise der Krankenversicherungsträger bei der Prüfung von Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt sicherzustellen. (TZ 8)

(5)  Es wäre auf eine Klarstellung der Rechtslage im Hinblick auf das Erfordernis der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts für die Begründung eines Wohnsitzes gemäß § 16 Abs. 1 ASVG hinzuwirken. (TZ 3, 8)

(6)  Es wäre auf eine Harmonisierung der Regelungen über die Rückforderung von zu Unrecht erbrachten Leistungen dahingehend hinzuwirken, dass Sachleistungen uneingeschränkt umfasst sind. (TZ 13)

(7)  Es wäre auf legistische Maßnahmen zur Schärfung der Anspruchsvoraussetzungen bei Pflegekindern und Haushaltsführern hinzuwirken. (TZ 10)

(8)   Es wäre zu prüfen, wie eine im Hinblick auf die Vermeidung von Doppelgleisigkeiten und der Sicherstellung einheitlicher Ergebnisse zweckmäßige Bezugnahme und Prüfung von Aufenthaltskriterien erfolgen sollte und ob dazu Änderungen im Meldegesetz notwendig wären. (TZ 6)

(9)  Es wäre ein Konzept über den Datenaustausch zur Identifizierung und Klärung von Zweifelsfällen zu entwickeln. Dabei wäre insbesondere die Möglichkeit der automatisierten Datenweitergabe von Wohnsitz–Abmeldungen im ZMR an die Krankenversicherungsträger bei Verzug einer Person ins Ausland zu evaluieren. (TZ 12)

(10)       Es wären die Kontaktdaten der Ansprechpartner für eine zeitnahe Behördenzusammenarbeit bei Zweifelsfällen auszutauschen. (TZ 12)

(11)      Bis zur etwaigen Vornahme rechtlicher Änderungen im Meldewesen wären die Prozesse bei der Anmeldung so zu gestalten, dass sichergestellt ist, dass nur Personen, die alle gesetzlichen Voraussetzungen hinsichtlich Wohnsitz bzw. gewöhnlichem Aufenthalt erfüllen, einen Krankenversicherungsschutz erlangen. Bei Antragstellern, bei denen Zweifelsfragen vorliegen (z.B. bei Drittstaatsangehörigen mit Reisevisum), wären die Voraussetzungen zu prüfen. (TZ 6, 9)


(12)      In den Formblättern zur Selbstversicherung und Mitversicherung wären die Antragsteller zur Meldung der relevanten Informationen zu verpflichten. Dabei wären dem Antragsteller die Rechtslage zur Kenntnis zu bringen und gegebenenfalls die notwendigen Unterlagen einzufordern. (TZ 7)

(13)       Es wären Konzepte zur Speicherung jener Daten zu entwickeln, die Grundlage für eine Risikoeinschätzung zur Verhinderung ungerechtfertigter Inanspruchnahme von Leistungen mangels Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt sind. (TZ 11)

(14)      Anhand der vorhandenen Daten wären risikoorientierte Auswertungen durchzuführen und gegebenenfalls auch während des Bestehens eines Versicherungsverhältnisses Erhebungen durchzuführen. (TZ 11)

(15)      In den IT–Programmen wäre die Staatsbürgerschaft durchgängig zu speichern und diese wäre zu aktualisieren, wenn aus den Formblättern bzw. im Zuge von ZMR–Abfragen Änderungen der Staatsbürgerschaft ersichtlich sind. (TZ 11)

(16)      Bei Anträgen auf Mitversicherung von Haushaltsführern und unentgeltlich verpflegten Pflegekindern wären zusätzlich zur Meldebestätigung weitere Informationen des Antragstellers über die individuellen Lebensumstände einzufordern, die das Vorliegen des gewöhnlichen Aufenthalts des Angehörigen und der sonstigen Anspruchsvoraussetzungen belegen. (TZ 10)

(17)      Bei Selbstversicherungen wäre vor Beginn des Leistungsanspruchs neuerlich eine Überprüfung des ZMR–Meldestatus vorzunehmen. (TZ 7)

(18) Die eigenen Vorgaben über die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen  der Selbstversicherung wären einzuhalten bzw. ein begründetes Abweichen nachvollziehbar zu dokumentieren. (TZ 7)

(19) In der Wissensdatenbank wären die Begriffe Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt zu definieren und die Kriterien für deren Prüfung klarzustellen. (TZ 7)

(20) Der Bereich „Missbrauchsbekämpfung in der sozialen Sicherheit“ wäre in Abstimmung mit den Krankenversicherungsträgern weiterzuführen und zu stärken. (TZ 14)

 

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz folgende 

 


Anfrage 

1.    Wie stehen Sie als Sozialminister mit Stand 1.Jänner 2016 zu den im RH-Bericht vorgebrachten Kritikpunkten?

2.    Welche der vom Rechnungshof formulierten Empfehlungen wurden aus Sicht des Sozialministeriums bereits umgesetzt?

3.    Welche Empfehlungen werden bis Ende 2016 umgesetzt werden?

4.    Für die Umsetzung welcher Empfehlungen werden bundesgesetzliche Adaptierungen notwendig sein?

5.    Für die Umsetzung welcher Empfehlungen werden Beschlussfassungen der Organe der Sozialversicherungsträger notwendig sein?