7859/J XXV. GP

Eingelangt am 27.01.2016
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Anfrage

 

der Abgeordneten Petra Bayr, Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft

betreffend

die österreichische Position zum europäischen Gesetzgebungsprozess zu „Konkfliktmineralien“

Das Geschäft mit Mineralien und Metallen ist nachweislich eine Finanzierungsquelle für bewaffnete Gruppen und Sicherheitskräfte in verschiedenen Konfliktregionen weltweit. Rohstoffabbau und -handel tragen dadurch zu schweren Menschenrechtsverletzungen bei. Auch die Nachfrage aus Europa leistet einen „Finanzbeitrag“ dazu, dass Menschen vertrieben, Frauen vergewaltigt, Kinder als Arbeitssklaven ausgebeutet werden.

Aus diesem Grund hat die Europäische Kommission dem EU-Parlament und dem Rat am 5. März 2014 eine Verordnung COM(2014) 111 zur Schaffung eines Unionssystems zur Selbstzertifizierung der Sorgfaltspflicht in der Lieferkette von Zinn, Tantal, Wolfram, deren Erzen und Gold aus fraglichen Regionen vorgeschlagen. Der Vorschlag, der die Importeure dieser Mineralien zur freiwilligen Selbstzertifizierung bewegen will, zielte darauf ab, die Finanzierung bewaffneter Gruppen und Sicherheitskräfte durch Erträge aus dem Mineraliengeschäft einzudämmen.

Das Europäische Parlament (EP) schlug durch sein Votum vom 20.Mai 2015 vor, den Kommissionsvorschlag abzuändern und die Maßnahmen für die beteiligten Firmen verpflichtend und nicht nur freiwillig einzuführen. Die EP-Position besagt klar, dass für die EU eine verpflichtende Regelung der Sorgfaltspflicht in der gesamten Lieferkette von Konfliktmineralien ökonomisch problemlos bewältigbar ist. Nur so könne man dazu beitragen, die Finanzierung von bewaffneten Gruppen und Menschenrechtsverletzungen aus Einkünften der Bergbau-Industrie zu verringern.

Am 17.12.2015 hat der Rat der Europäischen Union einen Kompromissvorschlag der Ratspräsidentschaft verabschiedet, der wiederum weitgehende Freiwilligkeit vorsieht. Die EU-Institutionen werden nun in informellen Trialog-Verhandlungen nach einem Kompromiss suchen.

Anfrage

1.  Bekennt sich das BMWFW dazu, die OECD Due Diligence Guidance for Responsible Supply Chains of Minerals from Conflict-Affected and High-Risk Areas in der geplanten EU-Verordnung vollständig und ohne inhaltliche Abstriche umzusetzen?


2.  Welche Position vertritt das BMWFW als zuständiges Ministerium im Verhandlungsprozess bzgl. verpflichtender Sorgfaltspflichten für europäische Unternehmen (gemäß OECD Due Diligence Guidance for Responsible Supply Chains of Minerals from Conflict-Affected and High-Risk Areas)?

3.  Falls eine gesetzliche Verbindlichkeit abgelehnt wird: Welcher Mehrwert wird It. Sicht des BMWFW, durch eine auf Freiwilligkeit basierende gesetzliche Norm, welche die bereits jetzt auf OECD Ebene bestehenden unverbindlichen Maßnahmen dupliziert, geschaffen?

4.  Welche Position vertritt das BMWFW als zuständiges Ministerium im Verhandlungsprozess bzgl. der verpflichtenden Wahrnehmung der Verantwortung von Unternehmen entlang der gesamten Produktions- und Lieferkette (upstream und downstream): von Bergbauunternehmen über Rohstoffhändler und - importeure, Raffinerien und Verhüttungsbetriebe, verarbeitende Betriebe bis hin zum Handel mit Konsum-Endprodukten?

5.  Welche Position vertritt das BMWFW bzgl. der Frage, der europäischen Gesetzgebung - wie in der entsprechenden OECD Due Diligence Guidance vorgesehen - einen risikobasierten Ansatz zugrunde zu legen, d. h. Managementsysteme einzuführen, um im Einzelfall angemessen auf Risiken zu reagieren und diese Systeme angemessen, proaktiv und kontinuierlich zu verbessern?

6.  Wie steht das BMWFW zur Erstellung von white lists von „verantwortlich handelnden“ Verhüttungsbetrieben/Raffinerien/Scheideanstalten sowie der Anerkennung von sogenannten industry schemes, um Unternehmen die Wahrnehmung ihr Sorgfaltspflichten zu erleichtern?

a. Wie kann sichergestellt werden, dass diese Erleichterungen nicht die Wahrnehmung der individuellen Verantwortung von Unternehmen untergraben?

7.  Liegen dem BMWFW Erkenntnisse vor, dass österreichische Unternehmen die betreffenden OECD-Standards schon freiwillig und in vollem Umfang umsetzen? Wenn ja, welche?

8.  Bekennt sich das BMWFW dazu, mit der österreichischen und europäischen Rohstoffpolitik nicht nur die eigene Rohstoffversorgung abzusichern, sondern bei Importen (Säule 2 der Österreichischen Rohstoffstrategie) auch entwicklungspolitische Kohärenz, Menschenrechte, Rechtstaatlichkeit, Korruptionsbekämpfung, Frieden, Steuergerechtigkeit, Nachhaltigkeit und Umweltschutz in den jeweiligen Abbauländern zu fördern bzw. positiv dazu beizutragen?

a.  Wenn ja, mit welchen Instrumenten wird die Umsetzung dieses Bekenntnisses angestrebt?

b.  Wenn nein, warum nicht?