7889/J XXV. GP

Eingelangt am 27.01.2016
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag.a Gisela Wurm, Mag.a Christine Muttonen
und GenossInnen

an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres

betreffend die Umsetzung der UN-Resolution 1325 „ Frauen, Frieden und Sicherheit“

In der Auslegung der UN-Resolution 1325 und der darauffolgenden Resolutionen geht es im Wesentlichen um Kriegsverhütung, wobei der Schutz von Frauen vor jeglichen Art der Gewalt im Mittelpunkt steht. Frauen sind in besonderer Art und Weise von bewaffneten Konflikten betroffen. Ihre gleichberechtigte und umfassende Beteiligung an Friedensverhandlungen, Konfliktschlichtungen sowie am Wiederaufbau ist eine unerlässliche Voraussetzung für nachhaltigen Frieden.

UN Women ist eine Einheit der Vereinten Nationen, die im Jahre 2010 gegründet wurde. Sie führt alle UN-Behörden, die sich mit der Gleichstellung und der Stärkung der Rolle der Frau befassten, zusammen und baut auf deren Arbeit auf. Eine Überprüfung der Umsetzung der Resolution 1325 durch UN Women (Global Study 2015) hat ergeben, dass die tatsächliche Wirkung der politischen und finanziellen Maßnahmen vor Ort äußerst unzureichend oder in vielen Fällen überhaupt nicht vorhanden ist. Damit wurde auch ein entsprechender Bericht des UN-Generalsekretärs von 2014 bekräftigt. Außerdem stellen Frauen noch immer einen geringen Anteil der Verhandlungsführerlnnen und in Friedenstruppen.

Besonders ausgeprägte Defizite bei der bisher erfolgten Umsetzung sind:

-                   Es mangelt an zuverlässigen, vergleichbaren und fristgerecht zur Verfügung stehenden Daten, wie z. B. nach Geschlechtern aufgeschlüsselte Governance-, Friedens- und Sicherheitsstatistiken über die Folgen bewaffneter Konflikte. Mittels dieser Daten soll die wirksame Überwachung der Fortschritte beim Erreichen der Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDG) und der Leistung humanitärer Hilfe in Übereinstimmung mit den immer weiter ausgebauten normativen

Rahmenbedingungen, den internationalen Menschenrechtsnormen sowie der Geschlechtergleichstellung erfolgen.

-                    Die Ressourcen für die Durchsetzung der Programme zur Förderung der

Geschlechtergleichstellung und zur Befriedigung der besonderen Bedürfnisse von Frauen, einschließlich der Schaffung, Sicherung und Förderung des Friedens in Postkonflikt-Gesellschaften, sind unzureichend. Zudem werden die Ressourcen mehr für organisatorische und technische Maßnahmen in den hilfeleistenden Ländern als für tatsächliche und umfassende Maßnahmen vor Ort in den Konfliktländern verwendet.

Im letzten Jahrzehnt verdreifachte sich die Anzahl der Personen, die internationalen Schutz benötigen. 80 Prozent dieser Personen sind von bewaffneten Konflikten betroffen. Die Anzahl der Terroropfer ist vom Jahr 2012 zum Jahr 2013 um 61 Prozent gestiegen, mehrheitlich sind Konflikt- oder Kriegsländer davon betroffen. Zurzeit sind mehr als 50 Millionen Menschen entweder Flüchtlinge,

Binnenvertriebene oder Asylbewerber. Das ist die höchste Anzahl seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Für das Jahr 2014 werden die wirtschaftlichen Folgen bewaffneter Konflikte mit ca. 13,4 Prozent des weltweiten BIP bewertet.

Im Zeitraum von 2011 bis 2014 wurden weniger als 2 Prozent der gesamten Mittel zur humanitären Hilfe im Finanzüberwachungssystem des Büros der UN zur Koordinierung der humanitären Hilfe (OCHA) mit dem Hauptziel der Förderung der Geschlechtergleichstellung verwendet. Zahlreiche humanitäre Hilfsprogramme wurden nicht geschlechtsspezifisch ausgelegt. Im Zeitraum von 2012 bis 2013 wurden nur 6 Prozent der gesamten Hilfsmittel, die fragilen Staaten zur Verfügung gestellt wurden, für Maßnahmen zur Förderung der Geschlechtergleichstellung und nur 2 Prozent mit dem Hauptziel der Förderung von Sicherheit und Frieden, verwendet. Seit 2012 beträgt der Anteil der geschlechtsspezifisch gewidmeten humanitären Hilfe, die über UN-Einrichtungen fließt, ca. 40 Prozent. Im Jahr 2014 wurde 23 Prozent der gesamten Hilfe mit dem Code “unspezifisch“ gekennzeichnet. Diese Entwicklungen machen deutlich, dass ein Überwachungsmechanismus zur Verfolgung des Einsatzes der Hilfsmittel und der Wirkung der Initiativen, sowohl auf der jeweiligen nationalen wie auch auf internationaler Ebene, erforderlich ist.

 

Bis heute wurden von 54 Staaten nationale Aktionspläne, basierend auf der UN­Resolution 1325 erstellt, 11 davon weisen ein festgelegtes Budget aus. NGOs empfehlen die Gestaltung nationale Aktionspläne für die vollständige Umsetzung der UN-Resolution 1325 gemäß folgender Vorgaben: kompetente und konsequente Führung, barrierefreie Gestaltung, festgelegtes Budget, Erfassung und Bewertung tatsächlicher Auswirkungen (neben den Indikatoren zur Messung der Umsetzung der UN-Resolution 1325), Flexibilität bei der Anpassung an Notfallsituationen. Bekräftigt durch die UN-Resolution 2122, fordert UN Women in ihrer Global Study 2015 die Mitgliedstaaten auf, die Zweckbindung von 15 Prozent der gesamten Fördermittel für Friedens- und Sicherheitsprogramme, die spezifische Bedürfnisse von Frauen und die Förderung der Geschlechtergleichstellung zum Ziel haben, vorzuziehen. UN Women empfiehlt weiters die Förderung von einschlägigen NGOs, die bislang am meisten durch mangelnde Ressourcen betroffen sind (ca. 39 Prozent).

Die Umsetzung der UN-Resolution 1325 erfordert Maßnahmen, die über die Thematik „Frauen Frieden und Sicherheit“ hinausgehen, und auf eine gerechte soziale und wirtschaftliche Entwicklung bei Anerkennung sämtlicher Menschenrechte abzielen. Die hochrangige Expertenlnnengruppe, zuständig für die Überarbeitung der UN-Friedensförderungsstrukturen 2015 empfiehlt, zu den bereits erfassten Konfliktursachen, auch den Klimawandel, die Umweltzerstörung sowie das Bevölkerungswachstum aufzunehmen (in Verbindung mit der Post-2015 Development Agenda).

Die Unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres nachstehende

Anfrage

1.                           Wieviel Prozent des gesamten Budgets des BMEIA wurden bzw. sind zur Umsetzung der UN-Resolution 1325 seit 2012 bis einschließlich 2015 zugewiesen?

2.                           Hat das BMEIA ein eigenes Budget ab 2016 für die Umsetzung der UN­Resolution 1325 vorgesehen? Wenn nein, warum nicht?

3.                           Wie ist im Zeitraum von 2012 bis 2015 das Verhältnis zwischen den getätigten Ausgaben (Budgetmitteln des BMEIA) für humanitäre Hilfe inklusive der Förderung der Geschlechtergleichstellung vor Ort (in Konfliktländern) und den getätigten Ausgaben für Maßnahmen in Österreich, wie Ausbildung und Management?

4.                           Wurden die Auswirkungen der bisher geleisteten finanziellen und nicht­finanziellen Aufwendungen zur Umsetzung der UN-Resolution 1325 vom BMEIA oder in dessen Auftrag überprüft und bewertet? Wenn ja welche Ergebnisse hat das gebracht? Wenn nein, warum wurde das nicht durchgeführt?

5.                            Hat das BMEIA in Umsetzung der UN-Resolution 1325 Vorkehrungen getroffen, um Daten (Governance-, Friedens- und Sicherheitsstatistiken) geschlechtsspezifisch erfassen und auswerten zu können? Wenn ja, für welche Bereiche, in welchem Umfang und seit wann? Wenn nein, warum nicht?

6.                            Wieviel Prozent beträgt derzeit der Anteil der Projekte und Programme, die unter der Partizipation von Österreich, basierend auf der UN-Resolution 1325, ausgeführt bzw. vorbereitet wurden und geschlechtsspezifisch strukturiert sind? Anmerkung: Gemäß 6. Umsetzungsbericht vom BMEIA, betrug im Jahr 2013 dieser Anteil (die durch die OEZA unterstützt und mit OECD Gendermarker 1 oder 2 bewertet wurden) 65 Prozent.

7.                            Um wieviel Prozent hat sich der Anteil der Frauen, die für internationale Friedensoperationen vom BMEIA, basierend auf der UN-Resolution 1325, entsandt wurden, seit 2012 verändert?

8.                           Um wieviel Prozent hat sich der Anteil der Frauen, die für das BMEIA als Beamtinnen bzw. Vertragsbedienstete in den Verwendungsgruppen A 1/8, A 1/7, A 1/6, A 1/5 tätig waren bzw. sind, seit 2012 verändert?

9.                          Welche Medienarbeit hat das BMEIA zur Bekanntmachung bzw. zur Sensibilisierung der Bevölkerung betreffend die UN-Resolution 1325, insbesondere nach dem internationalen Symposium „Enhancing Women’s Share in Peace and Security“ (Wien, 2015) im Februar 2015, unternommen?

-                                 Hat das BMEIA detaillierte Analysen, Untersuchungsberichten oder Dokumentationen über die Rolle der Frauen in Führungspositionen in Konflikt- und Post-Konfliktländern unterstützt? Wenn ja, auf welche Weise?

10.                   Wird Österreich bei dem World Humanitarian Summit 2016 (Istanbul, Türkei) durch den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres vertreten sein? Welche Bedeutung misst das BMEIA diese Veranstaltung bei?

11.                   Setzt das BMEIA Maßnahmen auf international-politischer Ebene zur Vermeidung von Gewalt gegen Frauen und zur Förderung der Geschlechtergleichstellung unabhängig von Aktivitäten, die auf der UN-Resolution 1325 basieren? Wenn ja, welche?

12.                   Wie viele NGOs, die sich für Frauen in Krisengebieten einsetzen, wurden gefördert?

13.                   Wie viele Beamtinnen und wie viele Beamte des BMEIA wurden zwischen 2012 und heute in Verhandlungen zur Krisenbewältigung / Konflikt Bewältigung delegiert bzw. damit befasst? Wie viele Beamte wurden dafür vom BMEIA freigestellt? Wie viele davon sind weiblich?

14.                  Welche Strategie verfolgt das BMEIA um mehr weibliche Verhandlerinnen bei Konflikt und Friedensverhandlungen zu haben? Gibt es eine Strategie?

15.                    Friedens- und Konfliktverhandlungen erfolgen zumeist im europäischen bzw. im multilateralen Rahmen. Wie viele Frauen waren von 2012 bis heute österreichische Vertreterinnen im Botschaftsrang an den Missionen Genf und New York bzw. in Brüssel und Straßburg?

16.                   Auch für die nachhaltige Befriedung des Krieges in Syrien ist es unerlässlich, dass Frauen maßgeblich an der Konfliktlösung und am friedlichen Wiederaufbau beteiligt werden. Bislang waren Frauen bei den Friedensgesprächen stark unterrepräsentiert und auf höchster Ebene allein durch die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini vertreten. Werden syrische Frauen sowie frauenpolitische Organisationen aus Syrien an den aktuellen Friedensgesprächen in Genf und weiteren Maßnahmen zur Lösung des Syrienkrieges teilnehmen? Wenn ja, in welcher Anzahl, in welcher Funktion und um welche Frauen und frauenpolitische Organisationen handelt es sich? Wenn nein, warum nicht? Inwieweit haben sich Österreich und die EU für eine starke Beteiligung syrischer Frauen an den Friedensgesprächen in Genf und weiteren Maßnahmen zur Lösung des Krieges in Syrien eingesetzt? Werden sich Österreich und die EU auch in Zukunft dafür einsetzen?