8023/J XXV. GP

Eingelangt am 09.02.2016
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Anfrage

 

der Abgeordneten Birgit Schatz, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

betreffend unsoziale Förderpraxis durch das Sozialministeriumsservice

BEGRÜNDUNG

 

NEBA steht für das österreichweite Netzwerk Berufliche Assistenz. NEBA-Projekte werden oft als Vorzeigeprojekte für die Inklusion von Menschen mit schwierigen Voraussetzungen am Arbeitsmarkt beschrieben. Dazu zählen Jugendcoaching, Produktionsschulen, Berufsausbildungsassistenz, Arbeitsassistenz und Jobcoaching. Die durch das Sozialministeriumsservice vorgegebenen Rahmenbedingungen für Trägerorganisationen hingegen sprechen in einigen Aspekten gegen diese Vorzeigefunktion, denn es werden Prinzipien des alternsgerechten Arbeitens, des Datenschutzes, der Betriebsratsarbeit und der internen Personalführung in Frage gestellt. Diese Problemlagen sind im Fokus dieser Anfrage.

Unternehmen der Sozialwirtschaft werden durch diese restriktive Förderlogik Hürden in der Gestaltung der alternsgerechten Arbeit und der betrieblichen Mitbestimmung in den Weg gelegt. Die Regenerations- und Arbeitsfähigkeit der MitarbeiterInnen werden dadurch gefährdet und aufs Spiel gesetzt.

Zum einen sind Altersteilzeit und Sabbaticals für MitarbeiterInnen in NEBA-Projekten derzeit nicht möglich. Im Kollektivvertrag der Sozialwirtschaft Österreichs (BAGS-KV, § 36) wären vier Konstellationen des Sabbaticals angeführt, die eine Berufspause von sechs bis zwölf Monaten möglich. Dabei wird ein Zeitguthaben angespart und Gehaltsanteile einbehaltenen und dann später im Sabbatical ausgezahlt. Ähnlich funktioniert die gesetzlich geregelte geblockte Altersteilzeit. Hier bekommen Dienstgeber zudem 50% des Lohnausgleiches (inkl. Dienstgeberbeiträge zur Sozialversicherung) durch die passiven Mittel des AMS ersetzt. In der gleichbleibenden Altersteilzeit bekommt der Dienstgeber 90% des Lohnausgleiches (inkl. der Dienstgeberbeiträge zur Sozialversicherung) durch das AMS ersetzt. Das zentrale Problem liegt in der Abgeltung dieser Mehrkosten der fördernehmenden Trägerorganisationen durch den Fördergeber Sozialministeriumsservice. Gerade in einem Arbeitsbereich der KlientInnen-intensiv und gesundheitlich belastend ist, werden hier durch zu eng gesetzte Rahmenbedingungen seitens des Fördergebers zwei regenerative Möglichkeiten gerade für ältere Belegschaften verunmöglicht. Argumentiert wird im Handbuch zur Projektbearbeitung (Teil II) mit den kurzen Projektlaufzeiten und der nicht möglichen Zusicherung der Projektverlängerung. Dabei wäre eine aliquote Anrechnung durchaus denkbar. Tatsache ist aber, dass Bildungs- und Pflegekarenz sehr wohl über die Einzelprojektförderdauer vom Sozialministeriumsservice gewährt werden.

Zum anderen ist die Einstufung neuer MitarbeiterInnen in die jeweilige Verwendungsgruppe (und Vordienstzeitenanrechnung) problematisch. Hier zeigt die Praxis, dass dies nicht den ArbeitgeberInnen überlassen wird, sondern durch das Sozialministeriumsservice durch die Einforderung des Sozialversicherungsauszugs erfolgt. Diese Vorgehensweise übersteigt die „gelindesten Mittel“ die aus datenschutzrechtlichen Gründen auszuwenden sind (DSG §1 (2)), und stellt eine Grenzüberschreitung des Fördergebers und eine Geste des Misstrauens dar.

Des Weiteren gibt noch zwei Förder-Besonderheiten bei NEBA-Projekten bei der Anrechnung der indirekten Kosten: sowohl die betrieblichen Mitbestimmungsrechte durch die Betriebsratsarbeit als auch internes Reinigungspersonal werden durch zu engbemessene Anrechungsmodularitäten erschwert bis verunmöglicht. Da die Projekte zu 100% von der öffentlichen Hand gefördert sind, können keine Eigenmittel durch andere kommerzielle Schienen lukriert werden (diese würden zudem den Förderanteil wiederum schmälern). Das bedeutet, dass es außerhalb des Förderrahmens keinen finanziellen Spielraum für diese Art der Trägerorganisationen gibt.

Nach dem Arbeitsverfassungsgesetz ist die Einrichtung eines Betriebsrats ein betriebliches Mitbestimmungsrecht. In der Praxis sieht es oft so aus, dass keine Rücksicht auf Betriebsräte, die in ihrer Dienstzeit Betriebsratstätigkeiten nachkommen (bei der Erfüllung ihrer Projektaufgaben) genommen wird. Ebenso werden Teams mit Mehrarbeit belastet, wenn es einen Betriebsrat im Team gibt. Somit haben Trägerorganisationen, in denen BetriebsrätInnen wirken, einen Nachteil.

Die Pauschalierung von Overheadkosten ist in NEBA-Projekten mit 20% gedeckelt. Hierin fallen auch Kosten für das Reinigungspersonal, die unter den Anwendungsbereich der pauschalierten Sachkosten geführt werden. Dies soll auch 2016 so bleiben. In der Praxis ist es für viele Trägerorganisationen dadurch nicht möglich die Reinigungstätigkeiten durch internes Personal zu leisten, sondern es wird als (Personal-)Kostenersparnis an Leiharbeitsfirmen ausgelagert. Dies kann nicht im Interesse der prinzipiellen inklusiven Logik des Sozialministeriumsservices sein.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende


ANFRAGE

 

1)    Warum ist es nicht möglich, dass MitarbeiterInnen in NEBA-Projekten anteilshaft pro Projektlaufzeit Zeiten für eine Altersteilzeit bzw. ein Sabbatical ansparen?

2)    Warum wird an Ein-Jahresprojektlaufzeiten festgehalten, wo doch ersichtlich ist, dass langfristige Projekte sowohl für KlientInnen, wie auch für die Trägerorganisationen und Beschäftigte mehr Planungssicherheit versprechen?

3)    Was ist der Kostenaufwand  von NEBA-Projekten bei einer einjährigen Ausschreibungsperiode (administrativer Aufwand, Personalkosten, weitere Kosten der Ausschreibungsabwicklung, Projektabrechnung), die dem Sozialministeriumsservice entstehen?

a.    Wie lange dauert die Dauer von Bekanntgabe der Ausschreibung bis zur Einreichfrist?

b.    Wie lange dauert die Prüfung der eingereichten Anbote?

c.    Wie lange dauert die durchschnittliche Endabrechnung der NEBA-Projekte?

d.    Wie hoch ist die Verlängerungsquote (Wiederbeauftragung) bei NEBA-Projekten?

4)    Was ist der geschätzte Schaden bzw. die Mehrkosten welche durch Schließung und Neustart von Projekten entstehen?

5)    Ermöglicht eine längere Form der Projektlaufzeit eine bessere Inanspruchnahme für Altersteilzeit bzw. Sabbaticals?

6)    Aus welchen Mitteln sollen Trägerorganisationen zu einem Eigenanteil kommen, um Kostenanteile von Altersteilzeit oder Sabbaticals zu tragen?

7)    Sind Änderungen in der Anerkennung bzw. Abrechnung von Altersteilzeit und Sabbaticals für ProjektmitarbeiterInnen in NEBA-Projekten 2016 und 2017 geplant?

8)    Wieso rechnet der Fördergeber die Einstufung der beim jeweiligen Projektträger neu zu beschäftigenden ProjektmitarbeiterInnen aus?

a.    Auf welchen gesetzlichen Grundlagen basiert diese Vorgehensweise?

9)    Wurde die Einstufung von neuen ProjektmitarbeiterInnen seitens des Sozialministeriumsservices in den letzten zehn Jahren immer so gehandhabt?

10) Können einzustellende Beschäftigte verweigern, dass ihre Unterlagen dem Sozialministeriumsservice ausgehändigt werden? Und welche Konsequenzen hat das für die Fördernehmer?

11) Wie archiviert und sichert das Sozialministeriumsservice diese Unterlagen?

a.    Wie werden diese Daten verwertet, verknüpft und ausgewertet?

b.    Wie sieht es mit dem Datenschutz aus?

c.    Welche datenschutzrechtlichen Bestimmungen werden konkret angewendet?

12) Wie steht das Sozialministeriumsservice zur Tatsache, dass Einstufungen die primäre Aufgabe der jeweiligen ArbeitgeberInnen darstellen?  

a.    Mit welcher Begründung wird der Einstufung der Trägerorganisationen nicht vertraut?


13) Welche alternativen Formen der Überprüfung (z.B. eine Kontrolle der Lohn- und Personalunterlagen vor Ort) wären denkbar um datenschutzrechtliche Bedenken aus dem Weg zu räumen?

14) Warum wird den BetriebsrätInnen nicht der Freiraum zur Erfüllung ihrer Aufgaben gewährt, der ihnen von Gesetz her zusteht?

a.    Wäre eine Senkung der Erfolgsquote für BetriebsrätInnen, die in NEBA-Projekten arbeiten, für das Sozialministeriumsservice denkbar?

b.    Warum wird die Betriebsratsarbeit nicht in der indirekten Kostenabrechnung in der Kategorie Personalstunden abgebildet?

c.    Warum nimmt das Projekthandbuch keinerlei Bezug auf die Anrechenbarkeit bzw. Berücksichtigung der Betriebsratsarbeit?

15) Ist eine Senkung der Erfolgsquote  für MitarbeiterInnen (entspricht Vermittlungsrate KlientInnen in den ersten Arbeitsmarkt/ MitarbeiterIn), die auch Betriebsratsarbeit leisten, vorstellbar?

16) Wie wird die Schlechterstellung von NEBA-ProjektmitarbeiterInnen, die betriebliche Mitbestimmung leben gegenüber Beschäftigten der mitwerbenden Trägerorganisationen, die keine Betriebsräte haben, seitens des Sozialministeriumsservice gerechtfertigt?

17) Ist sich das Sozialministeriumsservice der Problematik von ausgelagertem Reinigungspersonal in NEBA-Trägerorganisationen bewusst?

18) Welche Möglichkeiten für eine Verbesserung der Situation sind seitens des Sozialministeriumsservice vorstellbar?

a.    Ist es denkbar, dass Reinigungskosten höher pauschaliert werden, um internes Reinigungspersonal bei Trägerorganisationen zu erleichtern?

b.    Ist es denkbar Reinigungspersonal als Personalkosten-Pauschale zu kategorisieren?