8172/J XXV. GP

Eingelangt am 17.02.2016
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Petra Steger

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport

betreffend existentielle Bedrohung der Sportvereine durch den Wartungserlass

 

 

Der Kurier berichtete am 11.12.2015 über den neuen „Wartungserlass“, der sich für viele Sportvereine als große, möglicherweise unüberwindbare finanzielle Hürde erweisen wird:

 

Die Steuerkeule trifft auf dünnes Eis

Verschärfte Regeln. Nach einem Verfahren der EU kommen auf Österreichs Sportvereine hohe Mehrkosten zu

Wenn in diesen Tagen über manchen Vereinsbüros Rauch aufsteigt, dann kommt das nicht von der vorweihnachtlichen Stimmung der Funktionäre. Bei vielen Sportvereinen in Österreich rauchen die Köpfe. Denn was vom Finanzministerium sperrig als "Wartungserlass" formuliert wurde, bringt einige Traditionsklubs an den Rand des Ruins.

Vor allem im Eishockey steht einigen das Wasser bis zum Hals. Weil viele Klubs nicht mehr als "gemeinnützig" eingestuft werden, fallen für Profibetriebe Steuern an, wo es bisher keine gab.

Reinhard Grüner, Finanzreferent beim Villacher SV, erklärt: "Die EU hat ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich eingeleitet. Der Grund war, dass Fußballer nach Deutschland gewechselt sind und bei den Ablösesummen keine Mehrwertsteuer drinnen war." Die deutschen Vereine haben dann nachgefragt, was denn in Österreich los sei.

Das Gesetz hat sich nicht geändert, nur die Betrachtungsweise, was ein gemeinnütziger Verein ist. "Wenn ein Verein im Nachwuchs mehr Spieler und Trainer hat als im Profibereich, dann war der Verein gemeinnützig und von den Steuern mehr oder weniger befreit", sagt Grüner. Im Fußball sind künftig alle 20 Bundesliga-Klubs per Definition Profi-Klubs. In anderen Sportarten sind sie es dann, wenn mehr als 50 Prozent der am Spielbericht stehenden Spieler Profis sind.

Drei Faktoren sind für die Vereine ausschlaggebend:

1.            Umsatzsteuer Auf Umsätze (Sponsoreinnahmen von Firmen wie Banken, die nicht vorsteuerabzugsberechtigt sind) kommt ab 2016 ein Zuschlag von 20 Prozent, auf Tickets 13 Prozent.

Auch die Tickets hätten mit 20 Prozent besteuert werden sollen. Doch da erreichte der Sport die Gleichstellung mit der Kunst. In der Kultur wird mit 1. Jänner von zehn auf 13 Prozent erhöht.

Dieser Punkt trifft alle Sportvereine. Zum Beispiel muss auch Rapid in Zukunft die 13 Prozent abliefern. Rapid-Geschäftsführer Christoph Peschek geht von einem Minus aus: "Es gibt zwar auch steuerliche Vorteile, aber insgesamt muss von einem großen Verlust bei den Ticketeinnahmen ausgegangen werden." Die 13 Prozent werden nicht von den Zuschauern getragen. Zu rechnen ist, dass Rapid in der neuen Saison für alle Bewerbe eine halbe Million Karten verkaufen wird.

Franz Kalla, Manager der Vienna Capitals betont: "In Wien haben wir auch noch die zehn Prozent Sportgroschen. Damit ist fast ein Viertel der Ticketeinnahmen weg." Ob die Mehrkosten auf die Fans übertragen werden, ist noch nicht klar. Villachs Finanzexperte Grüner gibt zu bedenken: "Unser Abo wird um mindestens 13 Prozent teurer. Wir haben jetzt schon das Problem, dass die Menschen kein Geld mehr haben."

2. Körperschaftssteuer Die wird insofern nicht bedeutend sein, weil kein Verein Gewinn macht. Und wenn er Gewinn macht, dann stehen 25 Prozent an.

3. Personalkosten Diese treffen die Vereine unterschiedlich. Bisher galt für jeden Spieler ein Steuerfreibetrag von monatlich 540 Euro. Dieser fällt weg. Bei rund 25 Spielern summiert sich das auf zirka 90.000 Euro. "16.000 netto kosten uns jetzt mehr als 32.000 Euro", sagt Grüner. Und die Schüler, Lehrlinge oder Studenten unter den Spielern haben auch keine Befreiung der Sozialversicherung mehr.

Abseits vom Sportlichen beschäftigt einen Klub wie Villach auch die Entlohnung der Helfer. Grüner: "Bei uns gibt es einige, die ohne Entgelt mitarbeiten, aber dafür ein Abo bekommen. In Zukunft müssen alle angemeldet werden, Steuern und Sozialversicherung zahlen."

Die Auswirkungen

Den Vereinen wurde freigestellt, wann die Umstellung gemacht wird. Spätestens am 1. Jänner 2017 muss diese erfolgt sein. Die meisten Vereine werden Kapitalgesellschaften gründen.

In der Eishockey-Liga wird die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinandergehen. "Wir müssen mit einem Mehraufwand von 500.000 bis 800.000 Euro rechnen", glaubt Grüner.

 

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport nachstehende

 

 

Anfrage

 

1.     Wie ist es zum neuen Wartungserlass gekommen?

2.     Wie viele Sportvereine (absolut und relativ) sind künftig vom Wartungserlass betroffen?

3.     Wie viele Sportvereine, die bisher als gemeinnützig eingestuft waren, werden künftig als Profibetrieb eingestuft und unterliegen damit dem Wartungserlass?

4.     Inwieweit sehen Sie im Wartungserlass eine neue Einnahmequelle für das Bundesbudget?

5.     Wie hoch sind die aufgrund des Wartungserlasses erwarteten (zusätzlichen) Einnahmen, wie gliedern sich diese auf und welcher Anteil davon kommt dem Bundesbudget zugute?

6.     Welche Maßnahmen werden Sie setzen, um allfällige finanzielle Schwierigkeiten von Sportvereinen aufgrund des Wartungserlasses abzufedern?

7.     Inwieweit sehen Sie durch den Wartungserlass die Zukunft vieler Sportvereine bedroht?

8.     Inwieweit sehen Sie durch den Wartungserlass und die damit verbundenen Zahlungen und höheren Abgaben für die Sportvereine als Bedrohung für den österreichischen Breiten- und Spitzensport?

9.     Inwieweit sehen Sie durch den Wartungserlass und die damit verbundenen Zahlungen und höheren Abgaben für die Sportvereine als Bedrohung für den österreichischen Sportnachwuchs?

10.  Wann soll es zu einer Evaluierung des Wartungserlasses kommen?

11.  Sind Ihrem Ministerium Beschwerden bekannt, die mit dem Wartungserlass im Zusammenhang stehen?

12.  Wenn ja, wer ist an Sie herangetreten und um welche konkreten Punkte ging es dabei?

13.  Wenn ja, wie wurde von Ihrem Ministerium mit den jeweiligen Beschwerden umgegangen?

14.  Inwieweit gibt bzw. gab es Gespräche zwischen BMF und BMLVS betreffend des Wartungserlasses?

15.  Zu welchem Ergebnis führten diese Gespräche?

16.  Welche Bedenken gab es betreffend des Wartungserlasses von Seiten des BMF?

17.  Welche Bedenken gab es betreffend des Wartungserlasses von Seiten des BMLVS?

18.  Wie wurden von Seiten Ihres Ministeriums mit den Bedenken des BMF umgegangen?

19.  Welche Unstimmigkeiten gab es betreffend des Wartungserlasses zwischen BMLVS und BMF?

20.  Wie wurde mit diesen umgegangen?

21.  Welche Wünsche hat Ihr Ministerium betreffend des Wartungserlasses gegenüber dem BMF geäußert?