8211/J XXV. GP

Eingelangt am 19.02.2016
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Matthias Strolz, Kollegin und Kollegen

an die Bundesministerin für Bildung und Frauen

betreffend „Pädagog_innenbildung Neu“

 

Die „Pädagog_innenbildung Neu“ kommt nun in die entscheidende Umsetzungsphase. Allerdings gibt es noch einige Unklarheiten bezüglich Zuständigkeiten, Umsetzung und der (unterschiedlichen) Curricula.  Auch die Kooperationen zwischen den PHs und Universitäten dürfte nur partiell in vollem Umfang gelingen. Der eigens eingesetzte QSR sieht ebenfalls einiges an Nachbesserungsbedarf. Zudem hat es den Anschein, dass bei den direkt Betroffenen mitunter große Verunsicherung aufgrund fehlender Klarheit herrscht. Der Lehrer_innenberuf ist einer der wichtigsten Berufe Österreichs. Daher muss es oberste Priorität sein, hier für klare Strukturen zu sorgen und den angehenden Lehrer_innen eine umfassende und zeitgemäße Ausbildung zukommen zu lassen.

 

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehende

 

Anfrage

 

1.       Auf Basis eines NR-Beschlusses 2013 wurde die Reform der Lehramtsausbildung unter dem Titel „Pädagog_innenbildung Neu“ grundgelegt. Wurden die dafür erforderlichen Kosten in einem Finanzplan für die Jahre 2015 bis 2020 abgebildet?

a)      Wenn ja, gibt es eine konkrete Kostendarstellung für die Finanzjahre 2015 - 2020, da von einer Kostenneutralität durch die „Streckung des Studiums“ nicht ausgegangen werden kann. Bitte um Übermittelung der Kostendarstellung.

b)      Wenn nein, warum nicht?

 

 

2.       Die Studienarchitektur sieht für alle Studien eine massive Ausweitung der ECTS-Last vor. Wie hoch werden die Mehrkosten für die einzelnen Studiengänge ausfallen? Bitte um eine konkrete Auflistung der Neukosten von der Primarstufe beginnend mit aktuellem Vergleich zu den derzeitigen Kosten in den Ausbildungssystemen alt!

 

3.       Konsekutiv zum BA-Studium ist für alle Studiengänge eine verpflichtende Induktionsphase vorgesehen. Diese soll gemäß gesetzlicher Grundlage an Schulen unter Begleitung von speziell ausgebildeten ‚Mentor_innen‘ realisiert werden.

a)      Gilt für alle Studiengänge dieselbe Dauer der Induktionsphase?

b)      Sind für alle Studiengänge Mentor_innen vorgesehen?

c)       Wo, wann und wie werden diese Mentor_innen qualifiziert?

d)      Wie werden Sie sicherstellen, dass ausreichend viele Mentor_innen zu Verfügung stehen?

e)      Gibt es für diese spezifische Mentor_innentätigkeit eine additive Abgeltung? Wenn ja, wer trägt die Kosten dieser Abgeltung und wie hoch werden diese Kosten angenommen?

f)       Sind zur Erfüllung der gesetzlichen Studienmodelle ausreichend Induktionsplätze vorhanden?

g)      Wie viele Induktionsplätze werden in den kommenden fünf Jahren zu Verfügung stehen?

h)      Wie viele Induktionsplätze werden in den kommenden fünf Jahren nach Ihren Berechnungen benötigt?

i)        Gibt es Fächerkombinationen im Studiengang Sekundarstufe Allgemeinbildung, für die die Zuweisung zu einem Induktionsjahr schwierig sein wird? Wenn ja, welche?

 

4.       Welche Maßnahmen wurden von Seiten des Ministeriums (der Ministerien) ergriffen, um die notwendigen strukturellen bzw. studienrechtlichen Voraussetzungen für das Gelingen der „Pädagog_innenbildung Neu“ zu schaffen?

 

a)      Steht derzeit für jene Studiengänge, die Verbundlösungen vorsehen, eine institutionenübergreifende IT-Lösung zur Verfügung? Gibt es für notwendige Datenübertragungen im Bereich der Studienevidenz die entsprechenden Vorkehrungen?

b)      Gibt es eine Rechtsbasis für die Partizipation von privaten Ausbildungsinstitutionen in gemeinsam eingerichteten Studien?

c)       Können auf Basis der derzeitigen Rechtslage auch private Ausbildungsinstitutionen erstzulassende Anbieter/innen in Verbundstudien sein?

d)      Stellen die unterschiedlichen Rechtsgrundlagen, konkret UG 2002 und HG 2005, nicht unüberwindbare Hürden für die Implementierung gemeinsam eingerichteter Studiengänge dar?

e)      Für die Implementierung gemeinsam eingerichteter Studien sind spezifische Kooperationsverträge vorgesehen. Können die Pädagogischen Hochschulen als nachgeordnete Dienststellen des BMBF eigenständig solche Verträge abschließen?

Wenn nein, werden diese Vertragsabschlüsse zwischen den jeweiligen Universitäten und dem BMBF getätigt? Wäre dann nicht – zumindest atmosphärisch – das Prinzip der Augenhöhe zwischen den Institutionen nicht gegeben?

f)       Im Entwicklungsverbund Süd-Ost gibt es seit 1. Oktober 2015 gemeinsam eingerichtete Studien zwischen Universitäten und Hochschulen. Ist – wie in Frage a) formuliert – ein elektronischer Datentransfer zwischen den Institutionen möglich? Wenn dies nicht der Fall ist, wie erfolgt der Datenaustausch?

 

5.       Der QSR stellt in seinem Bericht[1] fest: „Derzeit ist in wesentlichen Bereichen der Pädagoginnen- und Pädagogenbildung an den Universitäten und Pädagogischen Hochschulen das wissenschaftlich und professionsorientiert qualifizierte Personal nicht ausreichend vorhanden, da entsprechende Stellen fehlen und die Heranbildung des akademischen Nachwuchses nicht genügend gefördert wurde.“

a)      Was hat Ihr Ministerium dahingehend im Bereich der Pädagogischen Hochschulen bereits unternommen? Bitte um konkrete Auflistung der Maßnahmen.

b)      Welche konkreten Schritte plant Ihr Ministerium dahingehend im Bereich der Pädagogischen Hochschulen noch zu unternehmen? Bitte um Auflistung der Maßnahmen.

c)       Durch welche konkreten Maßnahmen wollen Sie sicherstellen, dass die Pädagogischen Hochschulen als nachgeordnete Dienststellen selbst Forschungsmittel lukrieren und verwalten können?

 

 

6.       Der QSR stellt in seinem Bericht zudem fest: „Die Management- und Organisationsstrukturen, die für die Verankerung einer umfassenden Verantwortung für eine qualitätsvoIle Pädagoginnen- und Pädagogenbildung erforderlich sind, genügen den Erfordernissen ebenfalls nicht.“

a)      Wäre vor dem Hintergrund des seitens des QSR festgestellten Defizits nicht eine fundamentale Neuorganisation der Pädagogischen Hochschulen angezeigt?

b)      Ist die derzeitige Führungskonstruktion – Rektor_in plus 2 Vizerektor_innen – unbesehen der Größenstruktur der einzelnen Pädagogischen Hochschulen pädagogisch erforderlich und kaufmännisch sinnvoll?

c)       Ist für das Ministerium eine Führungs- bzw. Managementkonstruktion wie an Fachhochschulen eine Denkvariante? Besonders vor dem Hintergrund einer längst überfälligen Ausweitung autonomer Entscheidungsbefugnisse der Pädagogischen Hochschulen.

d)      Das HG 2005 sieht mit dem Hochschulrat ein Organ vor, das wesentliche Funktionen der Steuerung und der strategischen Kontrolle einer Pädagogischen Hochschule innehat. Ist es nicht systemisch kontraproduktiv und anlassfallbezogen befangenheitsprovozierend, dass operative Mitarbeiter_innen des BMBF Mitglieder dieses Gremiums sind?

 

7.       In der Frage nach der Kooperationsfähigkeit und dem Kooperationswillen des Systems Schule und der darin handelten Personen besteht dringender Handlungsbedarf. Das stellt auch der QSR in seinem Bericht fest. Länder wie Schweden, Finnland und die Niederlande sind uns hier ein deutliches Stück voraus. Welche konkreten Maßnahmen wurden unternommen, um diesen Bereich zu stärken und auf die Kritik des QSR einzugehen? Bitte um konkrete Auflistung.

a)      Welche Maßnahmen werden noch unternommen/sind in Planung? Bitte um konkrete Auflistung.

b)      Wie und wo wird dieses Thema bei bereits bestehenden Fort- und Weiterbildungen, berücksichtigt? Bitte um Auflistung dieser Fortbildungen inkl. Veranstalter und Teilnehmer_innenzahlen für die Jahre 2012, 2013, 2014 und 2015

 

8.       Mit einer Novellierung im HG 2005 wurde der QSR grundgelegt. Dieses qualitätssichernde Gremium hat aber nur “Befugnisse” für PHs und bestenfalls “Beratungskompetenz” für Universitäten. Gibt es eine Kostendarstellung für den QSR beginnend ab Installierung bis 2018?

a)      Werden Kosten verursacht durch die Beauftragung externer Gutachter_innen? Bitte um differenzierte und personenbezogene Darstellung hinsichtlich Höhe und erbrachter Leistung.

b)      Sind die Kosten im Budget 2016 veranschlagt? Falls ja, wo? Falls nein, warum nicht?

c)       Warum wurde nicht auf bestehende Qualitätssicherungsagenturen zurückgegriffen?

 

9.       Digitale Bildung und IKT sind die großen Trends der Zukunft. Um die Chancen für das Lernen zu nutzen und den Risiken angemessen begegnen zu können, muss der Umgang mit digitalen Medien als gemeinsame, integrale Aufgabe der Unterrichts- und Schulentwicklung adressiert werden.[2]  Daher gilt es, auch in der Pädagog_innenausbildung die IKT-Kompetenzen umfassend zu berücksichtigen und zu stärken. Das ist derzeit nicht ausreichend erkennbar. Wie werden Sie sicherstellen, dass die besagten Kompetenzen in der „Pädagog_innenbildung Neu“ umfassend einfließen?

a)      Eine zukunftsreiche Methode ist beispielweise der „Flipped Classroom“. Bitte um Erläuterung ob und wo derartige Methoden auch in die „Pädagog_innebildung Neu“ einfließen.

 

10.   Es gibt bereits Befürchtungen, dass es aufgrund der verlängerten Studienzeiten zu einem Mangel an Interessent_innen für die Lehrer_innenausbildung kommen wird. Angesicht der Altersstruktur des Österreichischen Lehrkörpers und der bevorstehenden Pensionierungswelle könnte das zu einem bedrohlichem Engpass beim Lehrpersonal führen:

a)      Wie haben Sie für diesen Fall vorgesorgt?

b)      Ist angedacht, eine Imagekampagne für den Lehrberuf durchzuführen, um damit das Berufsbild in der öffentlichen Wahrnehmung aufzuwerten und attraktiver zu machen? Wenn ja, wann? Wenn nein, warum nicht?

 

 

11.   Derzeit gibt es kein Angebot für die Unterrichtsfächer Musikerziehung, Bildnerische Erziehung und Werken im gemeinsamen Curriculum der Verbundregion Nord-Ost (beteiligt sind vier Pädagogische Hochschulen in Wien und NÖ sowie die Universität Wien). Da Studierende mangels Rechtsgrundlage keine Studienteile an Bildungseinrichtungen (Universitäten oder Pädagogischen Hochschulen) außerhalb des Verbundes absolvieren können, kann eine Fächerkombination mit einem der genannten Unterrichtsfächer in der Verbundregion Nord-Ost nicht studiert werden. Welche Lösungen sind hier angedacht / werden aktuell verhandelt?

a)      Wie kann dem drohenden Engpass an qualifizierten Lehrer_innen in den künstlerisch-pädagogischen Fächern in Wien und NÖ – insbesondere an Neuen Mittelschulen – entgegengewirkt werden?

 

12.   Wie gedenken Sie sicherzustellen, dass ein Studium in einer Verbundregion unter den Bedingungen dislozierter Lehrveranstaltungen organisatorisch umgesetzt werden kann?

a)      Wie wird der damit drohenden Fortschreibung der (im Vergleich zu den Pädagogischen Hochschulen) hohen universitären Drop-out Raten gegengesteuert?

 

13.   Wird das Modell der „School of Education“ aktuell noch weiterverfolgt?

a)      Wenn ja, in welchem konkreten Kontext und Zusammenhang?

b)      Wenn nein, warum nicht?

 

 



[1] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/III/III_00173/imfname_408053.pdf

[2] http://www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/chancen-und-risiken-digitaler-medien-in-der-schule/