8288/J XXV. GP

Eingelangt am 23.02.2016
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Anfrage

 

der Abgeordneten Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Justiz

betreffend Medienberichterstattung über Gefängnisrazzien

BEGRÜNDUNG

 

Am 8. Februar 2016 fanden in allen 27 österreichischen Justizvollzugsanstalten gleichzeitig Durchsuchungen der Hafträume statt. Rund 3.000 Insassen waren von der Maßnahme betroffen. Insgesamt waren 1.686 Justizwachebeamte im Einsatz. Laut Justizministerium konnten 103 Handys, in 96 Fällen Suchtmittel, 65 Hieb- und Stichwaffen sowie andere verbotene Gegenstände sichergestellt werden.

Für Kritik sorgte die Aktion bei Menschenrechtsexperten, da zu den Razzien auch ausgewählte Medienvertreter eingeladen wurden. Heinz Patzelt, Generalsekretär von Amnesty International Österreich: „Wenn man aus einer Durchsuchung eine Medienshow macht, dann kratzt das an der Menschenwürde der Strafgefangenen. Auch sie haben eine Privatsphäre. Hier wurde aber das Signal gesendet, dass sie Menschen ohne Rechte sind.“ Jeder Eingriff in einem Gefängnis, in dem die Privatsphäre ohnehin schon stark eingeschränkt sei, müsse besonders gut überlegt sein – „und eine Razzia für die Medien ist das sicher nicht“, sagt Patzelt. Er spricht von einem „öffentlich zelebrierten Demütigungsritual“. Insgesamt sollen sechs Journalisten und Fotografen im Auftrag von Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) in den Zellen in Hochsicherheitsgefängnissen wie Stein und Graz-Karlau sowie in Suben und Wien-Simmering ihr Handwerk verrichtet haben.

Alexander Warzilek, Geschäftsführer des Presserats, ortet einen „Grenzfall“, eine „heikle Geschichte“, die möglicherweise noch den Presserat beschäftigen werde. Es seien zwar keine Insassen direkt abgebildet worden, „aber ich gehe davon aus, dass die Fotos von den Zellen für die Insassen erkennbar sind“. Und Warzilek weiter: „Besonders bei Menschen, die in der Obhut des Staates und in besonderer Abhängigkeit sind, muss man darauf achten, dass deren Privatsphäre nicht verletzt wird.“ Die Justizwachebeamten hätten daher überlegen müssen, ob es gerechtfertigt sei, solche Fotos anfertigen zu lassen, erklärt Warzilek.

Gemäß § 102 Abs 2 StVG sind Durchsuchungen möglichst schonend durchzuführen. Laut Drexler im Kommentar zum Strafvollzugsgesetz heißt das, dass sie ohne unnötiges Aufsehen vor sich gehen muss und persönliche Dinge diskret zu behandeln sind. Diese Rechtsauffassung steht im klaren Widerspruch mit der massiven Öffentlichkeitsarbeit des Justizministers in der Sache.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.    Haben Sie die Einladung von Medien bzw. MedienvertreterInnen zu den Durchsuchungen veranlasst?

2.    Wenn nein, wer hat die Einladung von Medien bzw. MedienvertreterInnen zu den Durchsuchungen veranlasst und waren Sie über die Aktion informiert?

3.    Wann wurden die Medien bzw. MedienvertreterInnen zu den Durchsuchungen eingeladen?

4.    Wie viele Medien bzw. MedienvertreterInnen wurden zu den Durchsuchungen eingeladen?

5.    Welche Medien bzw die VertreterInnen welcher Medien wurden zu den Durchsuchungen eingeladen?

6.    Nach welchen Auswahlkriterien wurden die Medien(vertreterInnen) von der Justiz eingeladen?

7.    In welchen Justizanstalten waren MedienvertreterInnen bei den Durchsuchungen anwesend?

8.    Wie viele MedienvertreterInnen waren in den betroffenen Justizanstalten (Frage 7) jeweils anwesend?

9.    Für welches Medium waren die anwesenden MedienvertreterInnen bei der Aktion jeweils tätig?

10. Inwiefern wurden die MedienvertreterInnen im Vorfeld über das Verhalten während der Durchsuchungen unterrichtet?

11. Gab es insbesondere Maßnahmen, die sicherstellen sollten, dass das Recht auf Achtung des Privatlebens der betroffenen InsassInnen hinreichend geschützt ist?

12. Wenn ja, welche?

13. Wenn nein, warum nicht?

14. Gab es insbesondere Beschränkungen hinsichtlich Bild- und Tonaufnahmen?

15. Wenn ja, welche?

16. Wenn nein, warum nicht?

17. Haben die betroffenen InsassInnen ihr Einverständnis zur Herstellung und gegebenenfalls zur Veröffentlichung von Bildaufnahmen ihrer teilweise höchstpersönlichen Lebensbereiche gegeben?

18. Wenn nein, inwiefern war dies aus Sicht des Persönlichkeitsschutzes nicht erforderlich?

19. Wurden im Anschluss der Durchsuchung mit den Medienvertretern abgeklärt, welche konkreten angefertigten Bildaufnahmen für eine Veröffentlichung in Frage kommen?

20. Wenn ja, inwiefern?

21. Wenn nein, warum nicht?

22. Halten Sie die im Beisein von Medien stattgefundenen Durchsuchungen für mit dem § 102 Abs 2 StVG vereinbar, wonach Durchsuchungen möglichst schonend durchzuführen sind?

23. Wenn ja, inwiefern?

24. Welcher Zweck wurde mit der Hinzuziehung von Medienvertretern zu den Durchsuchungen verfolgt?

25. Sind für die Zukunft ähnliche Medienaktionen geplant?

26. Wenn ja, in welchem Zusammenhang?

27. Ist insbesondere wieder geplant, Medienvertreter auch über laufende Hausdurchsuchungen zu informieren, damit sich diese einen unmittelbaren Eindruck vom entschlossenen Einschreiten der Justiz machen können?