8292/J XXV. GP

Eingelangt am 23.02.2016
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Anfrage

 

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kollegin und Kollegen

an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

betreffend Dauer von Leistungsbezügen aus der Arbeitslosenversicherung

 

Die seit Jahren schlechte Entwicklungen am Arbeitsmarkt hat enorme budgetäre Auswirkungen. Nicht nur die allgemein steigende Arbeitslosigkeit ist dafür verantwortlich, sondern vor allem die stark steigende Zahl an Langzeitarbeitslosen die im Jänner im Vergleich zum Vorjahr um 18,1 % gestiegen ist. Diese Entwicklungen zeigen sich in den Bezugszahlen für Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung: im Oktober 2015 bezogen 139.611 Personen Arbeitslosengeld und 161.756 Personen Notstandshilfe, womit inzwischen mehr Personen Notstandshilfe als Arbeitslosengeld empfangen, was die Problematik der Langzeitarbeitslosigkeit unterstreicht. Budgetär zeigt sich diese Entwicklung bei den veranschlagten Summen für Arbeitslosengeld und Notstandshilfe - zwei extrem stark wachsende Ausgabenposten des Bundes, wobei die veranschlagten Mittel für die Notstandshilfe außerordentlich anwachsen, wie folgende Tabelle zeigt, die sich aus den Verzeichnis der veranschlagten Konten ergibt:

 

BVA 2016

BVA 2015

%-Veränderung

Arbeitslosengeld

2.010.099.000 €

1.855.500.000 €

+ 8,3%

Notstandshilfe

1.514.842.000 €

1.280.900.000 €

+ 18,3%

Gerade im Hinblick auf Diskussionen über Reformen bzw. Weiterentwicklung im Bereich der Bedarfsorientierten Mindestsicherung, muss auch die Wechselbeziehung von Mindestsicherung und Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, insbesondere die Notstandshilfe genauer betrachtet werden. Der Rechnungshof untersucht dies in seinem Bericht "Bedarfsorientierte Mindestsicherung" (Reihe Bund 2014/9) , zeigt Ähnlichkeiten dieser Leistungen auf und hält diesbezüglich fest:

"Der RH verkannte nicht die systembedingt unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen und Ziele und die sich daraus ergebenden Leistungsunterschiede der Mindestsicherung und der Notstandshilfe. Dessen ungeachtet hielt er es für zweckmäßig, insbesondere im Falle längerer Bezugszeiträume eine Harmonisierung beider Systeme zu erwägen. Der RH empfahl daher ... auf eine Harmonisierung bzw. Überführung in ein einziges Versorgungssystem für jene Fälle, in denen längere Notstandshilfe– bzw. Mindestsicherungsbezugsdauern vorlagen, hinzuwirken."

Die Umsetzung dieser Forderung würde auch den Abbau einer wesentlichen Doppelstruktur führen. Denn wie der Bericht des Rechnungshofes auch deutlich aufzeigt, erhält ein großer Teil der Mindestsicherungsbezieher_innen die Mindestsicherung als eine Teilleistung und nicht als Vollleistung, d.h. die Mindestsicherung wird nur teilweise ausbezahlt, wenn ein anderer Sozialtransfer (Arbeitslosengeld, Notstandshilfe) unter dem Niveau der Mindestsicherung liegt. Eine vom Rechnungshof geforderte Zusammenführung der Notstandshilfe mit der Mindestsicherung bei langer Bezugsdauer könnte diese Problematik aufheben.

Gleichzeitig darf auch die finanzielle Belastung der Arbeitslosenversicherung nicht außer Acht gelassen werden. Das Versicherungsprinzip wird überspannt, wenn die Arbeitslosenversicherung Leistungen der Notstandshilfe zeitlich unbegrenzt ausbezahlt. Das überfordert die Solidarität der versicherten Gemeinschaft, denn das Arbeitslosengeld und die ihr folgende Notstandshilfe stellen eine Geldleistung zur Kompensation des vorübergehenden Einkommensentfalls aufgrund eines Jobverlustes dar. Gerade deshalb ist eine Überführung von Notstandshilfebezieher_innen in die Mindestsicherung nach einem länger andauernden Bezug logisch und zweckmäßig.

Auch ein internationaler Vergleich zeigt, dass die österreichische Ausgestaltung der Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung nicht den internationalen Standards entspricht. Es entspricht internationalen Standards, mit einer langsamen Variation bzw. Reduktion der Nettoersatzrate Arbeitsanreize zu setzen und im Zeitverlauf zu erhöhen. In Österreich geschieht das nicht. So verändert sich die Nettoersatzrate im zeitlichen Verlauf kaum. Wie folgende Tabelle (Nettoersatzraten von Geldleistungen der Arbeitslosenversicherung im zeitlichen Verlauf ausgewählter Staaten) zeigt, ist das allerdings die Ausnahme und nicht die Regel.

 

1. Jahr

2. Jahr

3. Jahr

4. Jahr

5. Jahr

Österreich

61

58

58

58

58

Dänemark

68

68

68

68

9

Deutschland

64

48

42

36

36

Frankreich

67

64

31

31

31

Finnland

60

58

33

33

33

Schweden

66

63

41

8

8

Niederlande

71

59

3

3

3

Schweiz

80

40

0

0

0

Aufgrund dieser Zahlen der OECD wird ersichtlich, dass Österreich zwar am Beginn einer Phase der Arbeitslosigkeit vergleichsweise niedrige Ersatzraten hat, allerdings im zeitlichen Verlauf und damit im 5-Jahresdurchschnitt, was die Nettoersatzrate angeht, im OECD-Spitzenfeld liegt. Angezeigt sind also die Zusammenführung verschiedener Geldtransfers und die Neugestaltung der Ersatzraten, um angemessene Arbeitsanreize zu setzen, aber auch um arbeitsmarkt- und sozialpolitische Maßnahmen zielgerichteter zu gestalten.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehende

Anfrage:

 

1.    Wie viele Personen bezogen mit Stichtag 31.12.2015 Arbeitslosengeld aus der Arbeitslosenversicherung? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

2.    Wie lange war mit Stichtag 31.12.2015 die durchschnittliche Bezugsdauer von Bezieher_innen von Arbeitslosengeld? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

3.    Wie viele Personen bezogen mit Stichtag 31.12.2015 Notstandshilfe aus der Arbeitslosenversicherung? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

4.    Wie lange war mit Stichtag 31.12.2015 die durchschnittliche Bezugsdauer von Bezieher_innen von Notstandshilfe? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

5.    Wie hoch war mit Stichtag 31.12.2015 die durchschnittliche Höhe des Arbeitslosengeldes? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

6.    Wie hoch war mit Stichtag 31.12.2015 die durchschnittliche Höhe der Notstandshilfe? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

7.    Wie viele Personen bezogen mit Stichtag 31.12.2015 bereits ein Jahr oder länger Notstandshilfe? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

8.    Wie hoch war für diese Personen die durchschnittliche Höhe der Notstandshilfe? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

9.    Wie viele Personen bezogen mit Stichtag 31.12.2015 bereits zwei Jahre oder länger Notstandshilfe? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

10. Wie hoch war für diese Personen die durchschnittliche Höhe der Notstandshilfe? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

11. Wie viele Personen bezogen mit Stichtag 31.12.2015 bereits drei Jahre oder länger Notstandshilfe? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

12. Wie hoch war für diese Personen die durchschnittliche Höhe der Notstandshilfe? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

13. Wie viele Personen bezogen mit Stichtag 31.12.2015 bereits fünf Jahre oder länger Notstandshilfe? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

14. Wie hoch war für diese Personen die durchschnittliche Höhe der Notstandshilfe? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

15. Wie viele Personen bezogen mit Stichtag 31.12.2015 bereits sieben Jahre oder länger Notstandshilfe? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

16. Wie hoch war für diese Personen die durchschnittliche Höhe der Notstandshilfe? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

17. Wie viele Personen bezogen mit Stichtag 31.12.2015 bereits zehn Jahre oder länger Notstandshilfe? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

18. Wie hoch war für diese Personen die durchschnittliche Höhe der Notstandshilfe? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

19. Wie viele Personen bezogen mit Stichtag 31.12.2015 bereits fünfzehn Jahre oder länger Notstandshilfe? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

20. Wie hoch war für diese Personen die durchschnittliche Höhe der Notstandshilfe? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

21. Wie viele Personen bezogen mit Stichtag 31.12.2015 bereits zwanzig Jahre oder länger Notstandshilfe? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

22. Wie hoch war für diese Personen die durchschnittliche Höhe der Notstandshilfe? (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern)

23. Sind in den oben abgefragten Bezugsdauern nur einzelne Bezugszeiträume berücksichtigt, die nicht durch Krankheit, Auslandsaufenthalten bzw. kurzfristiger Erwerbstätigkeit unterbrochen wurden?

24. Wenn ja, ist es möglich die Fragen 1 bis 21 ungeachtet dieser Unterbrechungen anzugeben, um die tatsächliche Länge von Notstandshilfebezügen im langfristigen Erwerbsverlauf zu erkennen?

25. Wenn nein, ist es zumindest möglich anzugeben wie viele Personen (getrennt nach Geschlechtern und Bundesländern) nach einer Unterbrechung des Notstandshilfebezuges (aufgrund von Krankheit, Auslandsaufenthalten oder kurzfristiger Erwerbstätigkeit) wieder Notstandshilfe mit Stichtag 31.12.2015 bezogen?