8317/J XXV. GP

Eingelangt am 24.02.2016
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Anfrage

 

der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres

betreffend Anrechenbarkeit von Flüchtlingskosten als ODA

BEGRÜNDUNG

 

Aufgrund der hohen Anzahl an Flüchtlingen aus Syrien, dem Irak und Afghanistan im Jahr 2015 ist ein starker Anstieg der Flüchtlingskosten vor allem in europäischen Development Assistance Committee-Geberländern (DAC), wie Deutschland, den Niederlanden, Dänemark, Schweden, Italien und Österreich, vorhersehbar. Laut Medienberichten warnte eine Koalition bekannter internationaler entwicklungspolitischer NGOs vor dem High Level Meeting der zuständigen OECD am 18./19. Februar davor, dass europäische Regierungen ihre EZA-Budgets für die Deckung der Kosten zur Versorgung der Flüchtlinge im eigenen Land heranziehen. „Development aid is meant to empower poor people – rich countries shouldn’t be diverting it to fill their budget gaps or advance their security agenda,” said Sara Tesorieri, deputy head of Oxfam’s EU office. (The Guardian, 16.2.2016[1])

Österreich meldet jährlich Ausgaben für AsylwerberInnen auch als Teil der öffentlichen Entwicklungshilfe (ODA) an das DAC (Development Assistance Committee) der OECD. Die Ausgaben für Flüchtlinge in einem definierten Bereich gelten laut den Melderichtlinien des DAC als öffentliche Entwicklungshilfe und dürfen zur ODA dazugerechnet werden. Dies führt laut einer Analyse von ÖFSE (Österreichische Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung; http://www.oefse.at/publikationen/policy-notes/detail-policy-note/publication/show/Publication/Ausgaben-fuer-Fluechtlingshilfe-Aufputz-der-ODA-Statistik-oder-reale-Erhoehung-der-EZA/ ) zu einer knapp über dem Durchschnitt liegenden Gesamtbewertung Österreichs bei der Bewertung des Bekenntnisses zu Entwicklung. Seit langem äußern entwicklungspolitische NGOs Kritik an Österreichs hohen Anteil an Kosten für Flüchtlinge im Rahmen der ODA. Dieser Teil ist zudem unverhältnismäßig hoch im Vergleich zu der entwicklungspolitisch gestaltbaren Hilfe.

Insgesamt rechnet man derzeit für Österreich mit rund 85.000 Asylanträgen im Jahr 2015. Das Geld für die Flüchtlingsbetreuung kommt aus dem Budget des BMI. Erst im Nachhinein wird es bei der ODA-Statistik angerechnet. Obwohl das Geld nicht für das EZA Budget und für die Umsetzung des „Dreijahresprogrammes“ der Austrian Development Agency (ADA) zur Verfügung gestanden wäre, wird es als ODA gemeldet.

Hinzu kommen Befürchtungen, dass die österreichische Regierung neben anderen europäischen Ländern für eine längere Anrechenbarkeit (von bis zu 3 Jahren) der Kosten für Flüchtlinge als Teil der öffentlichen Entwicklungshilfe auf Ebene der Mitgliedsländer des DAC eingetreten ist. Das würde bedeuten, dass die Österreichische ODA-Quote stark ansteigt in Richtung international zugesagtem 0,7%-Ziel (des Bruttonationaleinkommens), doch ohne tatsächlich frisches Geld für Maßnahmen zur Entwicklungszusammenarbeit in die Hand nehmen zu müssen. Diese Vorgehensweise scheint nur Symbolpolitik zu sein. Das dringend benötigte verstärkte Engagement Österreichs für globale Entwicklung und zur Umsetzung der Agenda 2030 (Nachhaltigkeitsziele der UNO) kann darin nicht erkannt werden.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Welche Position brachte die österreichische Regierung bei der Diskussion des High Level Meetings des DAC in Paris am 18. und 19. Februar 2016 ein, konkret bei der Modernisierung der ODA und TOSSD (Total Official Support for Sustainable Development)? Mit der Bitte um Beilegung der Österreichischen Stellungnahme.

 

2)    Hat sich die österreichische Regierung bei dem DAC - High Level Meeting für eine längere Anrechenbarkeit von Kosten für Flüchtlinge als Teil der öffentlichen Entwicklungshilfe eingesetzt? Wenn ja, bitte um detaillierte Begründung. Wenn nein, was sagen Sie zu den kolportierten Berichten, dass dies Österreich neben anderen europäischen Ländern vorangetrieben hat?

 

3)    Bundesminister Sebastian Kurz betont immer wieder die Wichtigkeit, vor Ort in und um Krisengebieten tätig zu werden. Wie können Sie sicherstellen, dass das Budget, das derzeit für die Flüchtlingsbetreuung in Österreich verwendet wird, nach einem möglichen Rückgang der AsylwerberInnen auch tatsächlich für Maßnahmen vor Ort in und um Syrien zur Verfügung gestellt werden kann? Wird sich das BMEIA dafür einsetzen, dass der geplante Stufenplan zur Steigerung der EZA-Ausgaben bis 2030 den oben angesprochenen Aspekt auch berücksichtigt? Wenn ja, mit der Bitte um Beilegung der Details, wie der Stufenplan zur Erreichung des 0,7%-Zieles mit Berücksichtigung dieses Aspektes aussehen soll. Wenn nein, wieso nicht?


4)    Welche konkreten Ausgaben werden aktuell 2016 pro AsylwerberIn, die als ODA angerechnet werden können, prognostiziert?

 

5)    Welche konkreten Ausgaben wurden 2015 pro AsylwerberIn als ODA angerechnet und wie hoch ist der ODA-Anteil dieser Ausgaben im Vergleich zum gesamten ODA-Prozentsatz?

 

6)    Welche konkreten Ausgaben wurden 2014 pro AsylwerberIn als ODA angerechnet und wie hoch ist der ODA-Anteil dieser Ausgaben im Vergleich zum gesamten ODA-Prozentsatz?

 

 



[1] http://www.theguardian.com/global-development/2016/feb/16/european-leaders-aid-poor-people-hosting-refugees-security-poverty?CMP=share_btn_tw